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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 24.1913

DOI Artikel:
Mahlberg, Paul: Das künstlerische Inserat
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https://doi.org/10.11588/diglit.4432#0034

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zu sein. Wenigstens lassen die Versuche auch unserer
besten Inseratkünstler erkennen, daß das Formale dem
nicht mehr standhält. Die Spannung innerhalb der
Fläche wird zu dünn, die eingeführte Bildform scheint
an Aktivität zu verlieren. Ich nehme hier schon den
besten, den künstlerischen Fall der Erfüllung der Fläche
mit Form, nicht den natürlich weit häufigeren der
bloßen Füllung. Keines der wirklich guten Bildinserate,
wie sie von Klinger, Bernhard, Deutsch, in unseren
Zeitungen zu sehen sind, geht in der längsten Er-
streckung über 15 cm hinaus. In dieser knappen,
geschlossenen Form, die nichts enthält als den schlagen-
den bildlichen Hinweis und ein paar Worte Text (Firma
und Geschäftsadresse vielleicht) kann auch dieForderung
der stilistischen Einheit von Bild und Schrift am besten
erledigt werden. Der Künstler zeichnet die Schrift
gleich ins Klischee, sie wird dadurch ein integrierendes
Moment in der Komposition, wenn sie nicht gar, wie
in dem vorzüglichen Inserat für die Zigarrenfabrik
Palm, die Szene zur Handlung im Inseratbilde stellt.
□ Im vorliegenden Falle gehört noch die ganze Bild-
tafel mit den Zigarren und dem Text zum Klischee.
Die Firma inseriert ja morgen dasselbe wie übermorgen
und später auch noch. Anders ist es z. B. bei Kauf-
häusern. Die Mannigfaltigkeit ihrer Offerte verlangt
eine ganze Seite, deren Bild inhaltlich und formal jeden
Tag anders ausfällt. Ein Berliner Kaufhaus und ein
paar große Häuser im Reich lassen nun entsprechend
wechselnde klischierte Inseratbilder über die Offerten-
tafel setzen. Solch eine Seite kann natürlich, und
wenn die Zeichnungen an sich noch so gut sind,
niemals einen geschlossenen, künstlerischen Eindruck
machen. Unterhalb des Klischees tritt die gewöhnliche
Drucktype in ihr Recht, und da im Bilde nicht alles
an einem Stilwillen orientiert ist, ist es auch nicht
möglich das Ganze mit einem Blick zu erfassen.
Dadurch wird aber die Gemeinsamkeit der Aktion

im künstlerischen und propagandistischen Ressort mit
dem Erfolg der höheren Inseratwirkung verpaßt. Der
Weg, den andere Kaufhäuser einschlagen, ist darum
schon der richtigere, da er die täglichen Illustrations-
anstrengungen erspart, und besten Endes zu einer
(inserat-)ästhetischen Einheit von propagandistischer
Schlagkraft und künstlerischer Gesamtwirkung gelangt.
Man geht zur Anwendung des zu bildhaft-plakatistischer
Form gesteigerten Initials oder Anfangsbuchstabens
der Firma über. Das ist ein Symbol, das den ganzen
inhaltlichen Begriff deckt und formal so gestaltet werden
kann, daß es in ein gebräuchliches Typenbild hinein-
paßt, aber auch ein Schlager im Inseratenfelde ist.
Die bisherigen Versuche in dieser Art waren meist
zu preziös, um jene Forderung zu erfüllen, zugleich
zu trocken, um der letzten zu genügen. — Mit einer
Ausnahme. □
□ Ich sagte, die Ästhetik des Inserats sei gleich der-
jenigen des Plakats die des Schlagers. Der Vorzug
beider ist der im Wesen gleiche Plakat- oder Inserat-
witz. Er hat mit dem gang und gäben Witz nichts
zu tun, ist also nicht mit der Illustration eines solchen
zu verwechseln, auch gänzlich unliterarisch, besteht
ohne Unterschrift oder Textbeigabe lediglich in der
bildlichen Darstellung. Er kann demgemäß inhaltlich
oder formal sein. Zwei Inserate von Deutsch für eine
Schuhfabrik können das erklären: einmal stellte er eine
Dame dar, die eine Krone ausschlägt, um aus der
Hand eines Andern einen Schuh entgegenzunehmen;
ein anderes Mal sieht man einen Klubsessel vom Rücken
und ein Paar Füße in tadellosen Schuhen, die etwas
höher behaglich auf einer Leiste wie auf einem eng-
lischen Kaminrand liegen. — Der englische Witz im
Inserat ist etwas ganz anderes. Er besteht im Text
und ist darum schon zu kompliziert, wenn er auchmanch-
mal an sich ausgezeichnet ist. Er wurzelt außerhalb
der Darstellung, ist ohne das Wort fruchtlos; mit seiner
 
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