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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 27.1915/​1916

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Elster, Alexander: Vom Velagsrecht an künstlerischen Bildwerken
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https://doi.org/10.11588/diglit.4828#0044
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Besonders nahe liegt eine solche Gefahr wohl bei der
Wiedergabe von Photographien. Sie gehören ganz beson-
ders zu den vervielfältigungsfähigen Erzeugnissen des Kunst-
gewerbes. Ein schwunghafter Handel wird damit getrieben
und die Grenzen zwischen dem Erlaubten und dem Un-
berechtigten sind hier recht flüssig. Wir müssen dabei
bedenken, daß der Verfertiger einer Photographie für diese
Photographie ein Urheberrecht genießt, selbst wenn er
seinerseits durch das Photographieren ein Recht des Ur-
hebers an dem Originalwerke verletzt hätte. Diese Ver-
letzung entschuldigt einen zweiten Verbreiter nicht, wenn
dieser etwa die erste Photographie widerrechtlich verwertet.
Wenn nun auch alle an öffentlichen Straßen und Plätzen
stehenden Bauwerke nach dem Gesetze keinen Schutz ge-
nießen, so ist doch eine photographiscbe Aufnahme davon
schutzberechtigt. Freilich genießt sie entgegen dem eigent-
lichen Kunstschutz nur den Schutz für 10 Jahre. Damit ist
mit Recht ausgedrückt, daß die photographische Wieder-
gabe gegenüber einem Verfahren der bildenden Kunst ge-
ringere Schutzrechte genießen soll, und es ist schon ein
recht weitgehendes Recht, daß jede auch ohne besondere
Kunstqualität hergestellte Photographie 10 Jahre lang ge-
schützt ist. Es fragt sich gegenüber dieser positiven Ge-
setzesbestimmung sehr, ob es richtig ist, wenn Dernburg
(Urheberrecht Seite 208) für künstlerische Photographien den
vollen Kunstschutz, also bis 30 Jahre nach dem Tode des Her-
stellers eintreten lassen will. Vielmehr dürfte die 10jährige
Schutzfrist nach beiden Seiten, nach dem Vorteil wie dem
Nachteil, eine feste Grenze bedeuten. Den Schutz genießen
die Photographien übrigens nicht, nur wenn sie mit dem
Namen des Verfertigers bezeichnet sind, sondern auch wenn
Name oder Firma fehlen. Indessen dürfte es für solche
Fälle wohl in der Praxis darauf hinauslaufen, daß bei Über-
nahme solcher Photographien es dem Wiedergebenden an
dem subjektiven Erfordernis der Rechtsverletzung fehlt,
da man ihm (insbesondere auch nach der oben mitgeteil-
ten Reichsgerichts-Entscheidung) keine allgemeine Erkun-
digungspflicht auferlegen kann. Auch dürfte anzunehmen
sein, daß Urheber für künstlerische Aufnahmen, die ihren
Namen nirgends vermerken, von vornherein auf nachdrück-
liche Wahrung ihrer Rechte verzichten. Immerhin sind
dies recht schwierige Fragen, die sich wohl meist nur unter
Würdigung aller Einzelheiten eines besonderen Falles zu-
treffend lösen lassen.

Besondere Erwähnung aber verdient noch der häufig
vorkommende Fall, daß ein Künstler das Reproduktions-
iecht seines Bildwerkes einem Verleger übergibt und zwar
in der Weise, daß das photographische Reproduktionsrecht
verkauft wird. Der Verleger nun sucht das so erworbene
Recht nicht nur durch den Vertrieb von photographischen
Wiedergaben, sondern auch von Autotypien oder anderen
ähnlichen Reproduktionen, namentlich auf Ansichtskarten,
zu verwerten. Der Verleger hält sich dazu für berechtigt,
der Künstler hingegen sieht darin meist eine Überschreitung
des dem Verleger eingeräumten Rechts. Voigtländer, Kom-
mentar zum Verlagsrecht § 1, sagt über den Kunstverlag:
»In allen Fällen, in denen das Rechtsverhältnis zum
Urheber nicht ganz klar sein sollte, ist stets zu beachten,
daß Verlagsverträge im Zweifel im engsten Sinn auszu-
legen sind, mit anderen Worten: daß alle Rechte, die
der Urheber dem Verleger nicht ausdrücklich oder nach
klarem Sinn des Vertrages übertragen hat, als dem Ur-
heber verblieben anzusehen sind .
Auch Riezler (Urheber- und Erfinderrecht Seite 443)
äußert sich ähnlich:

»Im Zweifel ist von der Regel abzugehen, daß für
die Übertragung von Befugnissen keinerlei Vermutung
spricht, daher auch bezüglich des Umfanges der Über-

tragung, soweit nicht durch eine feste Verkehrssitte das
Gegenteil nachweisbar ist, zugunsten des Künstlers zu
entscheiden; namentlich daß daraus, daß dem Verleger
eine bestimmte Reproduktionsart gestattet wird, nicht
ohne weitere Anhaltspunkte auf die Gestattung aller
Reproduktionsarten geschlossen wird«.
Mit Recht betont auch Kohler (Kunstwerkrecht S. 100),
daß der Verleger beschränkt ist auf die Art der Verviel-
fältigung, welche dem Sinne des Geschäftes entspricht.
Das will wohl soviel sagen, daß der wirtschaftliche Zweck
ausschlaggebend ist, und auf diesen Gesichtspunkt ist be-
sonderer Wert zu legen. Auch beim literarischen Verlag
ist der Verleger auf bestimmte Art und bestimmten wirt-
schaftlichen Zweck der Veröffentlichung und Verbreitung
beschränkt. Ein ihm als Buch überlassenes Werk darf er
nicht als Zeitschriftenaufsatz herausgeben. Dieses Prinzip
hat beim Kunstverlag erhöhte Bedeutung. Wohl weniger
in dem Sinne, daß ein für photographische Wiedergabe
überlassenes Blatt nicht vielleicht auch in Lichtdruck wieder-
gegeben werden darf, wohl aber sicherlich in dem Sinne, daß
das Recht auf Verbreitung einer größeren Radierung, einer
größeren photographischen Wiedergabe nicht auch die
Wiedergabe in Postkartenform in sich schließt. Denn der
wirtschaftliche Zweck ist da, wie ich mich gegenüber meiner
früheren Ansicht überzeugen mußte, doch ein ganz ver-
schiedener, und eben darauf kommt es an. Ebensowenig
darf der Verleger von der Photographie eine Autotypie in
einer Zeitschrift erscheinen lassen. Denn auch da wäre
der wirtschaftliche Zweck ein ganz anderer. Die im § 3
des Kunstschutzgesetzes stehende Bestimmung »als Werke
der Photographie gelten auch solche Werke, welche durch
ein der Photographie ähnliches Verfahren hergestellt worden
sind« hat ja nur die Bedeutung, den Schutz für Photo-
graphien auch auf ähnlich hergestellte Wiedergaben aus-
zudehnen, sagt aber natürlich gar nichts darüber, daß etwa
eine geschützte Photographie auch ohne weiteres in einem
ähnlichen Verfahren wiedergegeben werden darf. Bei der
Auslegung eines solchen Vertrags zwischen einem Künstler
und einem Verleger kommt es also weniger auf das Re-
produktionsverfahren als auf den wirtschaftlichen Sinn des
Vertrages an.

III.

Wir haben nun noch einiges über die Aufnahme von
Bildwerken in literarischen Werken zu sagen. Hierfür gilt
das, was wir bisher betonten, im wesentlichen auch. Nur
kommt ein wichtiger Gesichtspunkt hinzu, der unter Umstän-
den die Rechte des zuerst Berechtigten in weitgehendem Maße
durchkreuzen kann. Denn es gilt auch für diese Abbil-
dungen und Bildwerke die Gesetzesbestimmung der er-
laubten Benutzung in der Art eines Zitats, und zwar ist
nach dem Kunstschutzgesetz § 19 zulässig die Verviel-
fältigung und Verbreitung, wenn einzelne Bildwerke in
einer wissenschaftlichen Arbeit ausschließlich zur Erläute-
rung des Inhalts aufgenommen werden, und nach dem
literarischen Urhebergesetz § 23, wenn einem Schriftwerke
ausschließlich zur Erläuterung des Inhalts einzelne Ab-
bildungen aus einem erschienenen Werke beigefügt werden.
Danach fallen aus diesem Entlehnungsrecht heraus: nicht
künstlerische Abbildungen (technische, wissenschaftliche), die
in keinem Werke bisher erschienen sind. Denn Aas literarische
Urheberrecht bezieht sich nur auf Abbildungen aus einem
erschienenen Werke. Das Kunstschutzgesetz, welches aber
ein solches Erscheinen in einem Werke nicht verlangt, kann
sich nur auf künstlerische Vorlagen beziehen, hier aber
natürlich auch auf solche, die schon in literarischen Werken
erschienen sind. Handelt es sich um künstlerische Ab-
bildungen, so ist auch die Wiedergabe einzelner Blätter

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