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DER KUNSTMARKT

135

Antikenerwerbungen des Metropolitan Museum
of Arts. Die Bulletins des großen New Yorker Museums
von igog brachten zwei Berichte über die Zugänge in dem
Departement für klassische Kunst. Es sind im ganzen
10 Marmorwerke, 17 Bronzen, 15 Vasen, g Statuetten und
andere Gegenstände in Terrakotta und 7 Gegenstände in
Gold und Silber in den Besitz des Metropolitan Museums
im Jahre igo8 übergegangen. Unter den Marmorwerken
ist das hervorragendste Stück das Fragment eines kämpfenden
Galliers aus der Pergamenischen Schule. Das Fragment
gehörte in eine Gedächtnisgruppe, die zu Zeiten eines der
Siege über gallische Barbaren von einem der Attaliden
aufgestellt wurde. Es handelt sich unbedingt um einen
gallischen Krieger, den die engansitzenden Hosen, ein
Metallgürtel und Schuhe charakterisieren. Die unter den
anliegenden Hosen sichtbaren Muskeln sind in einer äußersten
Anspannung gebildet. Leider fehlt der ganze obere Teil
des Körpers oberhalb des Gürtels, das ganze linke Bein
und der linke Fuß und ein Teil des rechten Beines. Dieses
Prachtstück läßt sich ganz in eine Linie mit dem Krieger
von Delos, der jetzt im Zentralmuseum in Athen sich be-
findet, stellen; und da dieser allgemein als ein Teil der
von Nikeratos von Athen geschaffenen Gruppe, die zu Ehren
des Philetairos, des Bruders des Eumenes II., aufgestellt
worden ist, angesehen wird, so ist der neue Besitz des
New Yorker Museums wohl auch diesem großen, von Plinius
sehr gerühmten Künstler zuzuschreiben; und das Werk ist
in die nächste Zeit zu der Entstehung des großen Altars
von Pergamon zu setzen.
Des weiteren ist der Grabstein einer Frau zu erwähnen
und als ein Stück von höchstem künstlerischem Wert ein
3g cm großes Fragment einer sitzenden Mannesfigur, wohl
eines Idealtypus des Zeus, aus dem späten 5. Jahrhundert.
Dazu tritt die Grabstele eines jungen Athleten, der seinen
Körper mit dem Striegel reinigt und in dem Haar einen
Kranz trägt; ein kleiner Sklave neben ihm hält Gewand-
stück und Ölplatte. Die Inschrift nennt Sostratos, den Sohn
des Teisandros, als den Verstorbenen. Der obere Abschluß
der Stelenädicula trägt auf jeder Seite eine Sphinx, in der
Mitte eine trauernde Sirene. Auf ein Praxitelisches Original
geht Kopf und Rückenteil eines Satyrs vom Typus des
Dresdner Satyrs im Albertinum zurück. Diese römische Kopie
zeigt in dem Kopf noch feinere Arbeit als die des Dresdner
Satyrs aufweist. Ebenso gehört ein kleiner jugendlicher
Kopf aus Tarent ins 4. Jahrhundert, der die Frische und
Spontaneität eines Originalwerkes hat. Aus viel späterer
Zeit ist ein realistischer Manneskopf mit Bart, der alle
Charakteristika der späthellenistischen übertrieben model-
lierenden Periode trägt. Von Marmorwerken sind dann
weiter drei ganz vorzügliche römische Köpfe zu nennen:
ein Augustus im mittleren Alter, ein spätrepublikanischer
Kopf und eine ganz vortreffliche Arbeit aus dem 2. nach-
christlichen Jahrhundert, die einen bärtigen Mann mit Pa-
ludamentum darstellt und die so vortrefflich erhalten ist,
daß sogar die kleine Plinthe, die die Büste trägt, ganz
vollständig geblieben ist.
Unter den Bronzen ragen zwei ganz hervorragend feine
Statuetten in vortrefflichster Erhaltung aus der Mitte des
5.Jahrhunderts v. Chr. hervor; dazu treten drei archaische
griechische Statuetten, von denen zwei mit Weihinschriften
versehen sind. Ferner sind eine spätere Hermesstatuette
und verschiedene Geräte und Fragmente genannt, von denen
jedes sein besonderes Interesse hat. Unter den Vasen ist
das merkwürdigste Stück ein großer intakter Krater aus
der Zeit um 460 v. Chr. Er ist von zwei Figurenreihen um-
zogen, deren obere aufs geradewohl einem Unterwelts-
gemälde entnommen ist. Vier weiße attische Lekythen sind
als ganz besonders treffliche Exemplare hinzugekommen.


Altargemälde »Die Heilige Cäcilie« von Ludwig Ferdinand Schnorr von
Carolsfeld. (Vgl. »Kunstmarkt« Nr. 14, Seite 111.) Steht zum Verkauf.
Anfragen vermittelt d. Geschäftsstelle d. »Kunstmarkt« unter Chiffre A.Z.

Das Metropolitan Museum hat nun auch drei ganz vollständig
erhaltene erstklassige arretinische Formen in seinem Be-
sitze, die nach dem Berichte Robinsons unter die hervor-
ragendsten, jemalsan denMarktgekommenenTonbildformen
gehören. (Bekanntlich ist die große Sammlung arretinischer
Oefäßformen, die der New Yorker Kunstfreund James Loeb
besitzt, und über die im vorigen Jahre Chase eine so
glänzende Publikation herausgegeben hat, im Foggmuseum
of fine Arts in Harvard.) Eine besonders interessante
Gruppe bilden die Gegenstände in kostbarem Metall: ein
Skyphos, 2 Kylikes, 1 Krug, ein Weinschöpferund ein kleines
Armband, alles zusammen gefunden und alles in Silber.
Ein Ohrring in Gold, eine Sirene, die auf einer Lyra spielt
darstellend, ist ein ganz wunderbares Erzeugnis der Gold-
schmiedearbeit im 5. Jahrhundert v. Chr. Dieser Ohrring
ist so vorzüglich erhalten, daß man glauben könnte, er habe
eben erst das Atelier des Goldschmiedes verlassen. Ro-
binson nennt ihn die Gemme der Juwelensammlung des
Metropolitan Museums. m.
 
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