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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Oktoberheft
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Bogeng, Gustav A. E.: Deutsche Einbandkunst der Gegenwart, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0058

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Abb. 1. Einband von Karl Ebert-München.

Naturfarbenes Schweinsleder. Blinddruck.

beste Bindeweise eines Buches ist auch heute noch nur durch
Handverfahren zu gewinnen und deshalb hat die kunst-
gewerbliche Buchbinderei der Gegenwart, entsprechend
den Buchkunstgrundsätzen, die überzeugend zuerst wieder
William Morris verkündete, und die auch in dem deutschen
Werkbundgedanken ihren Ausdruck finden, die Aus-
nutzung der besten Bindeweisen zur Voraussetzung der
Einbandkunst gemacht. Erst muß ein guter Einband da
sein, damit aus ihm ein schöner Einband werden kann.2)

Als sich die Meister, die gegenwärtig in Deutschland
die kunstgewerbliche Buchbinderei vertreten, im Jakob
Krauße-Bunde verbanden, da wollten sie damit auch nach
außen hin die Gewährleistung der bestmöglichen Binde-
arbeit geben und gleichzeitig mit dem Namen, dem sie
ihrem Bunde verliehen hatten, auf die Überlieferungen
einer Glanzzeit deutscher Einbandkunst hinweisen, die
jahrhundertelang vergessen worden waren. Doch ist der
Jakob Krauße-Bund keineswegs eine Vereinigung, die ihre
Arbeit mit schönen Versprechungen angefangen hat, wie man
es wohl gelegentlich bei ähnlichen Gründungen beobachten
kann. Die ihn führenden Meister standen schon im gereiften
Lebensalter, hatten ein Jahrzehnt hindurch oder noch
länger durch ihre Leistungen den Beweis geliefert, daß
sie auch mit der Tat, nicht nur mit Worten imstande
waren, in der Buchkunstentwicklung der Einbandkunst
ihren Rang zu geben und zu wahren.3) Die Leipziger

2) Für die Einzelheiten sei verwiesen auf G. A. E. Bogeng,
Der Bucheinband, Halle: 1913, wo der Versuch gemacht wird,
die ästhetischen Bedingungen des Bucheinbandes aus seinen
technischen Voraussetzungen zu erklären.

3) Eine Übersicht durch 245 Abbildungen vermittelt: G. A.
Bogeng, Deutsche Einbandkunst im ersten Jahrzehnt des zwan-
zigsten Jahrhunderts, Halle 1913.

Buchweltausstellung zeigte 1914 das Erreichte. Und sie
war auch hier insofern ein Wendepunkt, als der Welt-
krieg mit seinen wirtschaftlichen Schäden der deutschen
kunstgewerblichen Buchbinderei Hemmungen brachte, von
deren Überwindung ihr Verfall oder ihre Weiterent-
wicklung abhängen wird.

Die Foliantenschwere der durch Holzdeckel ge-
schützten alten „Mönchsbände“, auch die trotz ihrer Papp-
decken noch gewichtigen Quartanten des sechzehnten und
siebzehnten Jahrhunders mit ihrem Blinddruckschmuck,
den Plattenpressung und Rollenverzierung verallge-
meinerten, wobei die Beziehungen der häufig bildlichen
Deckelmuster zum Buchinhalte verloren gingen und nicht
selten sogar dem Buchinhalte widersprachen, haben aus dem
ehrwürdigen Schweinslederbande mehr eine historische
Reliquie als ein beispielgebendes Erbe reicher künst-
lerischer Vergangenheit werden lassen. Andere Binde-
und Zierweisen, vor allem auch die Buchformerleichte-
rungen, trugen dann weiterhin dazu bei, daß die Einband-
kunst neuerer Zeit dem Schweinslederbande keine rechte
Teilnahme zeigte, den wenig gekannten Formenschatz
jener alten Bände sich nicht erschließen und ihn nicht
neubeleben .wollte. Erst ganz vereinzelt ist es in den
letzten Jahren versucht worden, den blindgedruckten
Figurenstempel für den Einbandschmuck wiederzuge-
winnen. Vor allem aber haben einige Meister, unter
ihnen beispielgebend Ernst Weiße in Hamburg, indem
sie bewußt auf die hier gegebenen geschichtlichen Über-
lieferungen verzichteten und den Schweinslederband
ähnlich wie den Ziegenlederband auszuführen und seinen

Abb. 2. Einband der kunstgewerblichen Abteilung der
Hofbuchbinderei Hübel & Denk-Leipzig.

Dunkelviolettes geglättetes Ziegenleder, Handvergoldung und Lederauflage.

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