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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

DOI Heft:
2. Oktoberheft
DOI Artikel:
Bogeng, Gustav A. E.: Deutsche Einbandkunst der Gegenwart, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0080

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Abb. 7. Einband von Emanuel Steiner-Basel.

Naturfarbenes Ziegenleder, Lederauflage.

EinbandkunstundEinbandliebhaberei sind miteinander
untrennbar verbunden. Denn wenn die Aufträge den Buch-
bindern fehlen, haben sie auch keine Möglichkeiten die
Einbandkunst zu pllegen und müssen sich lohnenderen
Brotarbeiten zuwenden. So sind in der Geschichte der
kunstgewerblichen Buchbinderei, sogar für ihre Höhe-
zeiten, die Namen ihrer Gönner hin und wieder berühmter
geworden als die ihrer Meister, wie zum Beispiel der-
jenige des Buchkunstfreundes Groliers. Nicht zum
wenigsten lag das auch daran, daß diese Einbandlieb-
haber es verstanden, die Prachtbände, die sie für sich
herstellen ließen, sich zu einem persönlichen Besitz werden
zu lassen. Einmal, indem sie die Ausführung des Ein-
bandes von seinem Entwürfe an mitbestimmend und
ratend förderten, sodann, indem sie ihr Besitzerzeichen
dem Deckenschmucke derart verbinden ließen, daß es
mit ihm ein Ganzes wurde. Dadurch aber gewannen
sie in jedem Einbande ein kunstgewerbliches Einzelstück,
das Verwandtschaft mit ihrem Wesen zeigte, einen Per-
sönlichkeitswert bekam, der noch heute nicht verloren
gegangen ist, wie das Entzücken der Sammler über jene
alten Bände zeigt. Die Supra libros Mode hat im acht-
zehnten Jahrhundert mit jenen Einbandverzierungen, die
von vornherein einen Raum aussparten, der die auf die
Einbandzeichnung kaum noch Rücksicht nehmende
Wappenprägung aufnehmen sollte, einen raschen Verfall
gefunden, der durch ihre Verflachung vorherbestimmt
war. Erst in den letzten Jahrzehnten ist den Supra libros,
in Verbindung mit dem wiedererwachten Sinn für Schrift-
schönheit und der durch ihn hervorgerufenen Ausbildung
der buchbinderischen Kunstfertigkeit des Letterns, des
Blind- und Goldschrifthanddruckes auf Bucheinbänden,
wieder eine erhöhte Beachtung auch aus kunstgewerb-
lichen Gesichtspunkten zu Teil geworden. Besitzer-
marken und Buchstabenverschlingungen, die sich dekorativ
ornamental auf Decke und Rücken der Einbandzeichnung

eingliedern ließen, waren wenig kostspielig herzustellen,
da sie nur einen oder einige Stempel erforderten. Auch
das Besitzerzeichen des Wappens ist aus langer heral-
discher Vernachlässigung wieder erweckt und den will-
kommenen Mitteln beigesellt worden, die es einem Buch-
freunde ermöglichen, durch die Ausstattung des Einbandes
aus der gleichmachenden Auflage, sein Buch zu gewinnen.
Wie auch der Wappenband eine Höchstleistung werden
kann, so daß das Wappen weder Beiwerk bleibt noch zur
Hauptsache wird, sondern als dekoratives Element der
Einbandzeichnung in ihrem Gefüge wirkt, zeigt die Ab-
bildung 8, die einen Einband Paul Kersten’s für die
Chronik der Familie Hartenstein wiedergibt. Den Decken-
überzug aus marineblauem Ziegenleder schmücken in
die Deckel eingelassene Chrysopase und schützen sie
gleichzeitig gegen das Abscheuern beim Auflegen des
Bandes, eine Art der Halbedelsteinverwendung, die das
Beispiel der alten Einbandschutzknöpfe glücklich den
neuzeitlichen Buchformen und dem neuzeitlichen Buch-
geschmack dienstbar macht, ohne doch, wie es besonders
der amerikanische, bisweilen auch der englische Kunst-
einband liebt, Edelsteinverschwendung der Einbandkost-
spieligkeit wegen zu treiben. Der Handvergoldung dieses
Einbandes verbindet sich die farbige Lederauflage, die
Stempel des Mittelstückes sind grün und schwarz aus-
gelegt, während das Wappen selbst goldene Lilien auf
schwarzem Grunde, schwarze Steinböcke auf goldenem
Grunde und im Mittelschilde einen silbernen Fels auf
blauem Grunde zeigt. Bereits diese eine Probe der Hand
des Berliner Meisters, des Vorsitzenden des Jacob Krauße-
Bundes, wird den Betrachter auf seine weiteren sehr
zahlreichen Arbeiten, die auch durch viele Abbildungen
bekannter geworden sind, verweisen. Herr Kersten darf
nach seinem Können und seinem Wol'en die führende

Abb. 8. Einband von Paul Kersten-Berlin.
Marineblaues Ziegenleder, Handvergoldung und Lederauflage.
Eingesetzte Chrysopase.

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