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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Novemberheft
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Hoefner, Friedrich: Corrado Ricci und sein Nachfolger: zum Wechsel in der italienischen Generaldirektion der Altertümer und Schönen Künste
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0124

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einverleibt, Hauptwerke der antiken Plastik, die Venus
von Kyrene und das Mädchen von Anzio, erwarb er für
das Nationalmuseum in Rom, ohne alle die übrigen er-
worbenen Kunstwerke auch nur nennen zu wollen. Unter
ihm wurden die Museen ganz Italiens neugeordnet, wurden
große Grabungen wie die in dem etruskischen Veji ein-
geleitet, ihm verdankt man die reiche, 50,000 Bände
zählende kunstgeschichtliche Bibliothek, welche der
Generaldirektion angegliedert wurde und auch Ausländern
zur Benützung freisteht. Durch seine Bemühungen sind
zwei wertvolle Kunstzeitschriften ins Leben getreten, die
Rassegna d’Arte in Mailand und das Boliettino d’Arte
in Rom.

Nur eine unangenehme Erinnerung wird im Auslande
mit seinem Namen verbunden bleiben, nämlich die, daß
unter seiner Amtsführung Österreich gezwungen wurde,
einen Teil seiner Kunstschätze an Italien auszuliefern.

Heute zieht sich Ricci aus Wunsch nach der be-
schaulicheren Tätigkeit des Gelehrten von dem wirklich
aktiveren Leben zurück; doch harrt seiner noch eine
wichtige Aufgabe, das italienische Institut für Archäologie
und Kunstgeschichte im Palazzo Venezia einzurichten,
welcher Palast nun endgültig nach mancherlei Diskussionen
einem würdigen Zwecke dienen soll. Die Einrichtung
eines solchen Institutes war seit jeher ein Lieblingsplan
Riccis auch zu einer Zeit, als noch das auf dem kapito-
linischen Hügel tronende reichsdeutsche archäologische

Institut dank seiner einzig dastehenden Bibliothek und
seiner Gastfreundschaft der Sammelpunkt der internatio-
nalen Gelehrtenwelt war, dessen Haus aber während des
Krieges wegen der auf seinem Grund und Boden auszu-
führenden archäologischen Grabungen von Italien expro-
priiert wurde und dessen Bibliothek heute verriegelt in
der Engelsburg liegt. Es ist nun zu hoffen, daß das
neugegründete italienische Institut unter der Leitung Riccis
jenes vorläufig wenigstens ersetzen wird.

Sein Nachfolger in der Leitung der Generaldirektion
der Schönen Künste ist Dr. Arduino Colasanti, ein lang-
jähriger Mitarbeiter am Werke seines Vorgängers, obwohl
er mit dem Alter von 41 Jahren jedenfalls mit zu den
jüngsten Generaldirektoren des Königreiches gehört.
Colasanti ist nicht nur ein bedeutender Gelehrter, sondern
verstand sich besonders als Organisator von Ausstellungen
im Auslande einen Namen zu machen. Unter ihm wird
besonders die Pflege der modernen Kunst, die bisher in
Italien etwas stiefmütterlich behandelt wurde, mehr in den
Vordergrund treten. Er war es auch, der während des
Krieges die Kunstschätze Venedigs in Sicherheit brachte.
Über beiden Instituten, der Generaldirektion der Schönen
Künste und dem Institute für Archäologie und Kunst-
geschichte wird das neuzuschaffende Unterstaatssekretariat
der Schönen Künste stehen, dem eine große Zahl von
Aufgaben zu lösen beschieden sein wird.

Dr. Friedrich Hoefner.

Martin Brandenburg.

„Fallende Blätter“ (1909).

Gedächtnis-Ausstellung im Künstlerhause, Berlin.

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