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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Dezemberheft
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Kunstauktionen / Aus der Museums- und Sammlerwelt / Kunstausstellungen / Aus der Künstlerwelt / Schweizerische Kunstchronik / Amerikanische Kunstsammler in England / Der Kunsthandel im Elsaß / Aus der Kunstwelt Italiens / Aus dem Pariser Kunstleben / Schloß Ambras vor dem Untergang / Georg Queri als Sammler / Autographen-Preise / Ein kostbarer Einband / Der Wettbewerb für die Reichsbriefmarke / Neuerscheinungen des Büchermarktes / Neues vom Kunstantiqariat
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0149

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ln dem von Professor Dr. Robert Schmidt geleiteten
K u n s t g e w e r b e - M u s e u m zu Frankfurt am Main
veranstaltete der „Bund für angewandte Kunst“ soeben eine Aus-
stellung vornehmlich von Skizzen und Entwürfen aus allen kunst-
gewerblichen Arbeitsgebieten, die einen Überblick gaben über
die Leistungsfähigkeit seiner Mitglieder.

Kunftausffedu tagen.

Betfliru

„Wir streben stets vorwärts“, sagt Lovis C o r i n t h in seinem
Vorwort zum Katalog der Winterausstellung der Berliner
Sezession. Das ist keine „Selbstüberhebung“. Schon das
kleine intime Kabinet,
das da rechts vom Entree
eingerichtet wurde,genügt
zur Rechtfertigung des
Corinthschen Wortes.

Wie eine Privatsammlung
mutet dieser Raum an.

Und der Eindruck ist
stark. C o r i n t h selbst
zeigt sich hier von seiner
neuesten Seite: in der
großen Berglandschaft mit
dem aufzuckenden Far-
benspiel ist ein Vorwärts-
drängen, das diesem
Kämpfer um die neue
Kunst alle Ehre macht.

Eine Sache für sich ist
dann Lesser Ury. Bloß
drei Stücke sieht man
von ihm: zwei Straßen-
bilder, von einem Duft
und einer Koloristik, wie
sie kaum ein anderer mit
diesem Temperament
malen kann, und ein neues
biblisches Bild „Josef
unter den Ismaelltern“:
ein kleines Wunder seiner
beseelten Kunst.

Ernst O p p 1 e r wird
immer delikater. Daß er
sich in die Art der alten
Meister hineinmalt —
aber er ist nicht bloß
Techniker von Rang
das bekommt ihm famos.

Eugen Spiros Land-
schaftsausschnitt wirkt
wie ein feiner Goblin,

Josef Oppenheimer
bringt Landschaften von
höchstem malerischen
Reiz, Karl Probst, der
Münchner Genosse Co-
rinths, interessante Studien aus den Anfängen der Realismus-
Epoche.

Im Hauptsaal begegnet man wieder Corinth. Und man freut
sich immer wieder, wie rastlos er an sich weiterarbeitet. Doch
auch die Jüngeren sind vorwärtsgekommen. Wir möchten auf
F i n e 11 i s „Springschule“ hinweisen, auf Heckendorfs deko-
rative Bilder, auf W a s k e s visionäre Landschaft und Zellers
„Volksredner“, der die Masse bändigt. In Willy Jaeckels
„Himmlischer und irdischer Liebe“ fesseln uns Farbenwärme
und Bewegungskraft, in Hermann Strucks „Berliner Landschaft“,
die man wohl besser hätte hängen können, zeigt sich sein starkes
Sich-Einfühlen in die tonige Schönheit des Straßenausschnitts.
Von Bruno Krauskopf notieren wir ein paar zarte feine Still-

leben, von Wilhelm Kohlhoff eine Heidelberger Flußpartie, die
trotz den etwas nervös erfaßten Konturen ihre Reize hat. Philipp
Francks „Zwiegespräch“ ist elegant. Daneben sind Max
Fleischer, Paul Paeschke, Georg Walter R ö ß n e r u.
Jakob Steinhardt, über dessen Schaffen wir kürzlich ge-
sprochen haben, charakteristisch vertreten. Ebenso Erich Büttner,
Robert S c h o 11 z , Leo von König. Claus Richter kommt
uns in altdeutscher Art, Erich Klossowski in der Manier
orientalischer Miniaturisten. In der Reihe der Plastik aber steht
wenig bemerkenswertes.

Das Künstlerhaus hat jetzt seine Weihnachtsausstellung.
Sie ist sorgsam zusammengestellt und bietet allen jenen, die ihre
„Ruhe haben“ wollen und ruhige Bilder lieben, manches Erfreuliche.

So einen Bamberger Aus-
schnitt von Schlich-
ting kann man sich mit
gutem Gewissen in den
Salon hängen oder diese
tiefen satten Landschaften
des Willi t e r Hell.
Voll Frische ist ein „Gar-
tenhaus“ von Paul Ho-
nig e r, eine kleine Kost-
barkeit der „Mädchen-
kopf“ Plontkes. Von
Louis L e j e u n e , Fritz
Geyer, Kayser-
E i c h b e r g , Hans Har-
t i g, Carl Kappstein,
Karl Schellbach, H.
Kloß, L. Sandrock
finden wir Bilder, die sich
auch in anderen Aus-
stellungen gut ausnehmen
würden. Man stoße sich
eben nicht an dem Wört-
chen „Weihnachtsaus-
stellung“! Die Maler

wollen und müssen —
verkaufen Das ist ihr

gutes Recht. Und hoffent-
lich vermehrt sich „zu-
sehends“ der Kreis ihrer
„Mäzene“. Schließlich
sehen wir in dieser Aus-
stellung des Künstler-
hauses auch vortreffliche
Plastiken von Morin,
Levin-Funcke,
We n ck u. a.

Übrigens hat auch die
Gruppe der Plastik in
der juryfreienAus-
stellung ehemals
feldgrauer Künst-
le r in der A k a d e m i e
ihre Qualitäten. Die
Vitrine mit den Bronze-
und Silbertieren von Max Esser ist eine kleine Sehenswürdig-
keit. In Esser haben wir neben Gaul, unter dessen Einfluss er
früher stand, zweifellos unseren stärksten Tierbildhauer. Ganz
brillant in der Technik, in der Beherrschung des Materials, liegen
seine Hauptvorzüge auch in dem feinfühligen künstlerischen Er-
fassen der Bewegungseigenheiten seiner kleinen Modelle. Ja,
diese Esserschen „Tiere“ fallen ln der juryfreien Ausstellung
besonders auf. Natürlich gibt es hier ausser ihnen noch eine
hübsche Zahl von Figuren und Figürchen, die es verdienen würden
ihre Liebhaber zu finden, und natürlich ist auch in der Riesen-
reihe an Bildern, die hier von den ehemals feldgrauen Künstlern
ausgestellt werden, manches Schöne. Aber die vielen Säle sind
so gesteckt voll, daß es schwer wird, einzelne Stücke herauszu-

Leibi. Bildnis seiner Mutter.

Paul Graupe, Berlin.

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