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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Aprilheft
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Braun, Edmund Wilhelm: Die Wiener Porzellane der Sammlung Karl Mayer in Wien, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0302

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Das entsprechende Rundmedaillon der Untertasse enthält
einen Lorbeerzweig mit der Umschrift: „Der Verlust der
Wette wird durch mich Gewinn“. Da kaum anzunehmen
ist, daß die Schale nicht bald nach der Herstellung des
unbemalten Gefäßes dekoriert worden ist und da der
Dargestellte noch im jugendlichen Alter erscheint — er
ist 1771 geboren und wurde mit 25 Jahren Generalfeld-
marschall, der letzte des alten heiligen römischen Reiches
deutscher Nation — so handelt es sich nicht etwa um
die Schlacht bei Aspern, sondern nur um die kriege-
rischen Erfolge des Erzherzogs gegen die Franzosen
bei Wetzlar, Amberg, Würzburg, Emmendingen und
Schliengen. „Ganz Deutschland jubelte seinem „Retter“
zu, die Dichter feierten ihn in ihren Liedern, in Kirchen
und Kapellen, in Hütten und Palästen wurde für ihn
gebetet, sein Name flog durch die ganze Welt“."') Da-
mals trugen die Damen der Gesellschaft die über Ver-
anlassung der regierenden Fürstin Elise von Fürsten-
berg hergestellten Erherzog Carl-Kreuzeu) und seidene
Umhängtücher mit einer huldigenden Inschrift für den
Sieger,T) außerdem stellte man Leinendamastgedecke her
mit der Aufschrift „Dem Retter von Franken im Jahre
1796s) usw.

Einen charakteristischen Reflex dieser allgemeinen
Stimmung im Reiche bietet übrigens auch das allegorisch
symbolische Gemälde Fügers (im Besitze des Erzherzogs
Friedrich in Wien), eine Apotheose des Erzherzogs als
Retter Germaniens, auf der der Held von dem Ahnherrn
Rudolph von Habsburg bekränzt wird, während der da-
nebenstehende Barde Deutschlands die Leier schlägt.
(Katalog der Erzherzog Karl-Ausstellung III Nr. 69, abg.
in Lichtdruck in dem dieser Ausstellung gewidmeten
Werke „Erzherzog Karl, der Feldherr und seine Armee“.)

Als ein Geschenk an eine Dame für eine verlorene
Wette dürfen wir wohl die Mayer’sche Schale ansehen.
Die Malerei der Porträts könnte nach der Feinheit der
Ausführung einer der besten Maler der Fabrik, vielleicht
Georg Lamprecht der Ältere 5 * * 8 9) ausgeführt haben. Die
Buntmalerzahl 47 auf dem Boden der Schale bezieht
sich auf den ornamentalen Dekor, ebenso auch diejenige
auf der Untertasse Nr. 31, diese Zahl führte gegen Ende
des 18. Jahrh. der Buntmaler Josef Kästner.

Eine weitere Schale, von derselben Form, (Abb. 11)
ist zwar von Folnesics beschrieben (Katalog Nr. 163)
aber nicht abgebildet worden. Ihre Reproduktion recht-
fertigt sich durch den reichen feinen Früh-Empiredekor,
der sie schmückt. Reiches, vielfach verschlungenes
Rankenwerk aus Palmetten, Blatt- und Fruchtzweigen
und Füllhörnern in Hochgold liegt auf dem weißen
Porzellangrund, dazwischen stehen vier resp. drei acht-
seitige Felder mit eingezogenen Seiten in Rotbraun, die
wiederum Akanthuskartuschen in dem effektvollen Hoch-

5) Katalog der Erzherzog Karl-Ausstellung zur Jahrhundert-
feier der Schlacht bei Aspern, Wien 1909. S. 1.

“) Ebenda Kr. 22—230.

0 Ebenda Nr. 306.

8) Ebenda Nr. 305.

9) vg'- über denselben meinen Aufsatz im Jahrgang 1919 von
„Kunst und Kunsthandwerk“.

gold tragen. Die Mitte der Untertasse ziert eine ähn-
liche Hochgoldrosette. Die Jahresstempel geben die
Jahre 1799 und 1800 an, die Buntmalerzahl 121 deutet
auf den Dessinmaler Thomas Limmer (nicht Zimmer,
wie er irrtümlich in dem Malerverzeichnis bei Folnesics-
Braun heißt), den wir auf Grund dieser Dekoration als
einen der besten seiner Art ansprechen dürfen.

Die dritte, endlich hier im Bilde mitgeteilte Schale
(Abb. 12) ist gleichfalls von Folnesics kurz beschrieben
worden (Katalog Nr. 277), aber wir können in der
Interpretation derselben unbedenklich weitergehen, und
auch einen Malernamen in Vorschlag bringen, der für
dieselbe mit aller Wahrscheinlichkeit in Betracht kommen
dürfte. Auf strohgelben Grund liegen zwei querrecht-
eckige Felder mit bunten Wiener Veduten, auf der Schale
ist es der durch den kaiserlichen Galawagen und durch
Figuren belebte innere Burgplatz, auf der Untertasse
das Schloß Schönbrunn, gleichfalls mit reicher Staffage.
Die Vorbilder für diese beiden Veduten entnahm
der Maler der Folge an Wiener Ansichten von Schütz,
Ziegler und Jenscha, die 1779—1795 erschienen sind.
Das Randmotiv von Schale und Untertasse in Hochgold
zeigt ein typisches Altwiener Muster aus Palmetten, Zier-
scheiben und klassizistischem Akanthus-, Laub- und
Bandelwerk.

Am nächsten kommt dieser Schale das entzückende
Frühstückservice der Sammlung Karl Mayer (Kat. Folnesics
Nr. 147, farbig reproduziert Tafel XXXV), das in derselben
Zeit entstanden ist, wie die abgebildete Einzelschale, denn
es kommt der Jahresstempel 1801 vor. Vergleicht man
diese bunten Wiener Ansichten mit den bezeichneten
Bildern von Karl Scheidl, nämlich einen Teller mit
Ansichten aus Schloß Hedersdorf aus dem Jahre 1800
(Baronin Alice Loudon, Hedersdorf. Wiener Katalog
Nr. 1981) und einer Schale mit der Hofbibliothek und
Schottenkirche von 1802 bei Herrn Karl Mayer (Folnesics
Nr. 230), so ist die Annahme sehr berechtigt, auch in
der hier abgebildeten Schale eine Arbeit Scheidls zu
erblicken. Unterstützt wird diese Theorie durch die
Eintragungen der von Scheidl ausgeführten Porzellan-
malereien in den schon früher angeführten Einschreibe-
büchern der Hauptmaler, ln den Jahren 1800—4 finden
wir neben Ansichten aus Italien und den österreichischen
Ländern hauptsächlich solche aus Wien als Werke Scheidls
angeführt; so kehren immer wieder die „Kaffeetassen
mit bunten Schildern, Prospekten von Wien“ oder mit
„Wiener Prospekten in viereckigten Schildern“ u. a.
Die Preise, die dem Maler dafür bezahlt wurden, wechseln
ab zwischen 4 und 8 fl. für das Stück.

Daß Scheidl, welcher im Jahre 1796 als Maler-
lehrling aufgenommen worden war, wirklich einer der
besten Maler war, erhellt aus einem in den Akten der
Fabrik erliegenden „Verzeichnis derjenigen Buntmaler,
welche bei der am 5. August 1804 vorgenommenen
Prüfung der Malerschule die ausgesetzten Prämien zu
erhalten würdig befunden worden sind.“ Laut desselben
wurde ihm als dem einzigen „aus der Landschaftsmalerei“
ein Preis von 20 fl. zugesprochen.

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