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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Maiheft
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Kunstauktionen / Kunstausstellungen / Aus der Museums- und Sammlerwelt / Schweizerische Kunstchronik / Londoner Kunstschau / Neuerscheinungen des Büchermarktes / Kleine Kunstnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0347

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KunffausfteüungerL

Bcttlm.

Hans B a 1 u s c h e k ist am 9. Mai fünfzig Jahre alt geworden.
Und er verdient die Ehren, die ihm das Künstlerhaus er-
weist: man hat seiner Kunst drei Säle zur Verfügung gestellt.
Er ist — das ist das Wesen seines Schaffens — nicht von den
Zielen abgekommen, die er sich setzte: er war und bleibt der
Proletarier-Maler der Großstadt Berlin. Und wird es bleiben, in
alle Ewigkeit. Die Geschichte Berlins wird an seinem Namen
nicht vorübergehen können.

Er ist nie in der Skizze steckengeblieben. Seine Bilder sind
so ehrlich im Handwerk wie sein Sinn für das Handwerkliche
überhaupt. Aber gerade diese Ehrlichkeit macht uns seine Kunst
wertvoll, gerade diese erprobte Ehrlichkeit, mit der er seinem Ziel,
der Maler des Proletariers sein zu wollen, jederzeit nachging, sie
ringt uns Bewunderung ab. Wir vergessen dabei, daß er manch-
mal bloß illustrierte (vielleicht illustrieren wollte) und daß uns
in manchem seiner Gemälde bloß die Technik als solche ge-
reizt hat

Er malte und malt noch heute das Elend des Arbeiters, die
Freude des Arbeiters, seine Hoffnungen, seine Wünsche, doch
er malt auch das Leben der Verlotterten, Versumpften, Aus-
gestoßenen. Ein unsagbarer Zug von Traurigkeit liegt über dieser
langen Reihe der Baluschekschen Gestalten.

Auch in der Technik ist er nie steckengeblieben. Der Im-
pressionismus gab seiner Farbengestaltung immer neue Nahrung.
Es mag ja sein, daß seine Proletarier-Themen leicht ermüdend
wirken, trotz den Variationen, mit denen er sie behandelt, aber
man freut sich schließlich doch, daß hier ein Künstler am Werke
ist, dessen starkes Können sich durchgesetzt hat und von dem
man sagen darf, daß er längst schon galeriefähig ist. Seine
Pastelle liebe ich — der feine „Winternachmittag“ und die er-
greifenden blinden Frauen sind für mich die Hauptstücke — und
an die Spitze seiner Gemälde möchte ich den „Frühling“ von
1911 stellen, diesen Traum des gealterten Proletariers, und die
„Zukunft“ von 1920, diese gehaltvolle Verbildlichung des Arbeiter-
empfindens von heute.

Bei Paul Cassirer sieht man Aquarelle und Zeichnungen
von Max Slevogt. Seine Afrika-Blätter, seine Lederstrumpf-
studien usw.: alte beredte Zeugnisse seines farbennervigen

Künstlertemperaments. Neu aber sind für uns die Entwürfe zu
seinem einzigartigen Cyklus „Zauberflöte“. Hier entschleiert sich
gleichsam die technische Meisterschaft Slevogts, hier spürt man
intensiv, daß der Urgrund seiner zeichnerischen Kunst kein ober-
flächlicher Geistreichtum ist, sondern innere Wärme in prickelnder
Überfülle. Köstlich sind diese Einfälle Slevogts in ihrem mühe-
losen Aufsaugen der Mozartschen Genialität und in ihrem Hinaus-
wachsen über die Stimmungen Mozarts. Und köstlich ist es, das
Werden der Blätter zu studieren, zu verfolgen, wie die Einfälle
einsetzen, wie sie sich mehren, wie der Künstler sie musikalisch
ordnet, gruppiert, wie er sein eigener Redakteur ist, wie er Ein-
fälle umwirft, verwirft oder ergänzt. Am interessantesten scheint
mir da das Blatt „Dann eine kleine Papagena“ . . worin er zu-
nächst eine ganz duftige Reihe über die Noten setzt, dann mit
einemmal die Reihe verdichtet, die Noten in die Mitte schiebt,
um ein bildmäßiges Gleichgewicht nach oben und unten zu ge-
winnen und, da ihn das Blatt noch nicht voll befriedigt, drei
Putten rechts hinradiert, die zu der oberen Gruppe kindlich-klug
hinaufblinzeln, ln diesen Einfällen ist eigentlich noch mehr als
in dem fertigen Meistercyklus der 47 radierten Blätter zur Zauber-
flöte, in denen ich etwas Rembrandtsches sah*), auch etwas von
dem nie erlöschenden Welthumor des niederländischen Groß-
meisters. Adolph Donath.

*

Hermann Gehri bringt in der Ausstellung bei Konrad
Zimmermann Bilder und Zeichnungen. Seine Malart ist
von Solidität und koloristischer Wirkung. Sehr linienfein ist er

*) Vergl. „Der Kunstwanderer“, 2. Oktoberheft 1919.

Baudouin, Le fruit de l’amour secret.

Auktion bei Hollstein und Puppel, Berlin.

in seinen Pastellen. Auch von Karl B r e n d e 1 sieht man hier
Pastelle: klangreiche Stücke. Die Hauptwand des zweiten
Raumes der Ausstellung beherrscht Käthe Kollwitz mit ihrer
meisterlich naturalistischen Graphik.

*

Bei Carl Nicolai wurde eine Ausstellung von Gemälden
und Pastellen von Professor Georg S a u t e r eröffnet.

*

Der Kunstverlag E. Bieber eröffnete soeben in seinen
Räumen eine Ausstellung von Gemälden alter Meister. Vertreten
sind die holländischen, italienischen und französischen Schulen.
Unter den Holländern finden sich Bilder von Berchem, Heda,
Honthorst, Molenaar, Waterloo; ferner sind Gemälde ausgestellt,
die Brueghel, Fabritius, Floris u. a. zugeschrieben sind.

Beankfuct a. JH.

Bei Heinrich Trittler, Inh. Paul Schütz, sind im Mai
Emil Nolde und Alfred Mahlau mit Radierungen, Holz-
schnitten, Lithographien und Handzeichnungen vertreten.

Hamburg.

Im Kunstsalon Bock befindet sich eine Nachlaßausstellung
des kürzlich verstorbenen Hamburger Künstlers Carl S c h i 1 d t.
Er war ein stiller fleißiger Künstler, der nach älterer Schule
seine norddeutschen Landschaften sauber und gewissenhaft
arbeitete. Von hoher Qualität ist ein von ihm gearbeiteter —
bisher nicht veröffentlichter — Illustrations-Cyklus zu dem
niederdeutschen Märchen „De Fischer unn sine Fru“. — Der
Kieler Maler Ralfs zeigt außerdem eine Anzahl von Arbeiten,
bei denen man den Zweck der Farbbedeckung von Leinwand
nicht einsieht. Auf sehr guter Stufe steht die eigentliche Ver-
kaufsausstellung, in der Defregger, Grützner (der verunglückte
Bruder Kellermeister), A. von Keller, Spitzweg, Stadler und Stuck
alle mehrfach vertreten sind; auch eine Pastellstudie von Lenbach
ist vorhanden.

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