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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

DOI Heft:
2. Augustheft
DOI Artikel:
Aus der Museums- und Sammlerwelt / Künstler und Luxussteuer / Kunstauktionen / Kunstausstellungen / Vom holländischen Kunstmarkt / Kunst in Prag / Schweizerische Kunstchronik / Londoner Kunstschau / Die Frankfurter Kunstmesse / Eine historische Baugruppe / Leipziger Entwurfs- und Modelmesse / Neuerscheinungen des Büchermarktes / Neues vom Kunstantiquariat / Anders Zorn †
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0479

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Gestalten, daß sie endgültig in die Vorstellung der Nation ein-
gehen. Sie sind realistisch und — schön Sie sind strotzend
von Kraft und anmutig. Ein hellenischer Geist lebt in ihnen, eine
Heiterkeit, die wir gewöhnt sind antik zu nennen, weil uns die
Antike ihre leuchtendsten Ausdruck übermittelt hat, die aber wohl
ein Gemeingut aller jungen Rassen ist. Die Jugend der Mensch-
heit lächelt hold aus den slowakischen Studien Josef Manes.

Aber sein Genie äußert sich nicht allein in der Erfassung
dieser ihm blutsverwandten Welt und in ihrer ersten Formulierung,
sondern in der unerhörten Köstlichkeit seiner Zeichnung. Er
selbst ist kein Primitiver, wo er das Primitive auffängt, er bleibt
stets sensitivster Kultur- und Nervenmensch. Die Lieblichkeit
eines Ingres trifft bei ihm mit der Peinlichkeit eines Menzel zu-
sammen. Er notiert jedes Band, jeden Kopfschmuck, jeden Zopf,
jede Schuhspange mit gleicher Gewissenhaftigkeit. Er schwelgt
in den Klängen der Volkstrachten und kombiniert sie voll Raffi-
nement. Ihm sind Menschen und Dinge ebenso Teile der Gottes-
welt, wie Bäume und Pflanzen. Hunderte von Blättern beweisen,
wie er zärtlich Baumstämme, Wurzelwerk, den Auswuchs einer
Rinde, den Farbenprunk einer Blume abgemalt hat, manchmal
pedantisch wie ein Botaniker. Die Sachlichkeit erscheint da
wieder als eine Eigenschaft des Genies. Es gestaltet zugleich
aus stets frei sich wandelnder Phantasie, völlig intuitiv, und
aus einem Wirklichkeitssinn, der treu und ehrfürchtig an der
Welt hängt.

Josef Manes schafft einen bäurischen Mythos. Obwohl sein
Werk mit Rokoko und Biedermeier eng verknüpft ist, lebt es in
seinem wesentlichsten Teil von mythischer Kraft. Er ist einer
der bezauberndsten Verkünder der slawischen Rasse.

C a m i I 1 Hoff m a n n.

Kunffcbtzonik.

6inc ScbLDßiserißbe Kun(tausltßlluncj in
Amerika.

Mit Unterstützung der Bundesbehörden wird, wie man uns
aus Zürich berichtet, die Schweizerische Verkehrs-
zentrale im Jahre 1921 in den Vereinigten Staaten eine wan-
dernde Kunstschau veranstalten, die eine retrospektive und eine
den lebenden Künstlern gewidmete Abteilung umfassen wird.
Die unter dem Protektorat des Schweiz. Gesandten in Washington
stehende Schau soll im Januar 1921 in Brocklyn-New York eröffnet
werden und sodann ihre Reise durch die Städte Boston, Buffalo,
Cleveland, Chicago, St. Louis, Cincimati, Pittsburg, Washington

und Philadelphia antreten. — Die Schau wird 200 Werke umfassen,
wovon 50 auf die retrospektive Abteilung fallen. Jeder Schweizer
Künstler hat das Recht, der Jury, die im September in Zürich
Zusammentritt, Arbeiten zu unterbreiten.

Sin cngti(cbes UeteÜ übet? die Qenfet?

,, D üt?et? ‘ ‘=]Yliniatut?en.

Der hervorragende Graphikkenner, Direktor Campbell D o d g-
s o n vom Kupferstichkabinett des Britischen Museums in London,
wendet sich im „Burlington Magazine“ (August-Heft)
mit aller wünschbaren Deutlichkeit gegen die Verfechter des
Standpunktes, daß man es bei diesen Genfer Miniaturen mit
Originalarbeiten Albrecht Dürers zu tun habe. (Im 1. Augustheft
des „Kunstwanderers“ hat der Zürcher Kunsthistoriker Dr. Jakob
Rudolf Welti gegen die Genfer „Dürer“-Verteidiger Stellung
genommen.) Dodgson erklärt, daß es einer Beleidigung
Dürers gleichkomme, wenn man vermute, daß er diese
„hübschen“, flauen und an Wert unendlich unter der „kleinen

Amsler und Ruthardt, Berlin

Passion“ stehenden Arbeiten im Jahre 1511 oder gar 1521 aus-
geführt habe. Bei den Monogrammen A D könne es sich nur um
eine Anerkennung des Kopisten für den wahren Schöpfer seiner
Vorlagen handeln; eine Analyse komme einer Zeitverschwendung
gleich. Dodgson erklärt, daß dieses ganze, ärmliche und leblose
Werk mit seinen ausdruckslosen Köpfen wohl die Arbeit eines
tüchtigen Kunsthandwerkers aus einer Nürnberger Jlluminierwerk-
statt sei, daß ihn (Dodgson) aber kein Aufwand von Worten je-
mals davon überzeugen werde, daß Dürer selbst hier Hand an-
gelegt habe. — Auch Dodgson hat sein Urteil auschließlich auf
Grund der Reproduktion in den Pages d’Art formuliert.

londonec Kun{l{cbau.

Man schreibt uns aus London: Man bedauert hier allge-
mein das Ableben Mr. George S ton er’s, des Vizepräsidenten
des Britischen Antiquitätenhänder-Verbandes. Er war ein großer
Kenner des englischen Porzellans und bei den Versteigerungen
eine wohlbekannte Figur. Manche berühmte Sammlung ist unter
seiner Anleitung entstanden. Man erinnert sich noch, daß er im
Mai des vorigen Jahres die zwei Bow-Figuren Mr. Amor um den
Rekordpreis von 3 600 Guineen wegschnnppte.

In der W e 11 e s 1 e y - Versteigerung bei S o t h e b y ’ s wurde
eine Bleistiftzeichnung des Charles l’Abbe’ de Monväron von
Nanteuil (Signiert und datiert 1665) um £ 115 von Hadington an-
gekauft, während Renton ein Raeburn zugesprochenes Emaille-
bild des jungen Keighley für £ 80 ankaufte. Viel bemerkens-
wertere Preise wurde für den Satz der zwölf von B u r n e
Jones entworfenen und von William Morris zu Merton Abbey
gewebten Tapisserien erzielt, sowie für die übrigen Gegen-

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