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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Augustheft
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Aus der Museums- und Sammlerwelt / Künstler und Luxussteuer / Kunstauktionen / Kunstausstellungen / Vom holländischen Kunstmarkt / Kunst in Prag / Schweizerische Kunstchronik / Londoner Kunstschau / Die Frankfurter Kunstmesse / Eine historische Baugruppe / Leipziger Entwurfs- und Modelmesse / Neuerscheinungen des Büchermarktes / Neues vom Kunstantiquariat / Anders Zorn †
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0480

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stände der d’Arey Versteigerung. Die Burne-Jones-Morris-Stiicke
gingen in Privatbesitz über und zwar kosteten sie die stattliche
Summe von £ 4 600. Die Kent-Gallerie erwarb zwölf Queen
Anne Stühle, während ein Solinger Schwert vom Waffenschmied
Clemens Horne aus dem Jahre 1616, einst der Stuart-Familie ge-
hörig, von Campbell für £ 200 angekauft wurde. Es ist das ein-
zige Stück seiner Art, das (die Königliche Sammlung ausgenommen)
bekannt geworden ist.

Die pcankfuctee Kunffmefle*

Es ist kein Zufall, daß Epochen des Niedergangs fast immer
Auftriebeerscheinungen im Gefolge haben, die in Zeiten behag-
lichen Sattseins trotz ungleich günstigerer Entwickelungsmöglich-
keiten nicht in Erscheinung treten.

Mitten im Kriege wurden die Sitzungen abgehalten, öfters
von Fliegerangriffen unterbrochen, die zur Gründung der Frank-
furter Messe führten. Frankfurt knüpfte dabei bewußt seine an
mittelalterliche Meßtradition wieder an; der Erfolg der beiden
ersten Messen hat den vielfach verspotteten Gründern Recht ge-
geben. Auch die dritte Messe in diesem Herbst hat gegenüber
den beiden ersten Messen eine durchaus steigende Tendenz.
Ist die allgemeine Konjunktur auch noch schwach, so hat man in
vielen Branchen das sichere Gefühl, daß das Geschäft bis zum
Herbst unbedingt wieder anziehen wird.

Die Frankfurter Messeleitung hat sich in der Einzeldurch-
bildung der Veranstaltung neben geschäftlichem Optimismus auch
von einem unbedingten Idealismus erfüllt gezeigt, der sich in der
kräftigen Förderung der Qualitätsware äußert. Bei dem Mangel
an Rohmaterial, unter dem nicht nur Deutschlard allein leidet,
erwächst aus jeder Pfuscharbeit nicht nur eine Minderung des
geschäftlichen deutschen Ansehens, sondern auch eine Verschleu-
derung der tatsächlich vorhandenen Grundstoffe. Durch strikte
Zusammenfassung der Aussteller nach Produktionszweigen stellt
die Frankfurter Messe eine Qualitätskonkurrenz dar, in der auf
die Dauer sich schlechte Arbeiten nicht zu halten vermögen.

Die Frankfurter Kunstmesse fügt sich orga-
nisch in dieses System ein. ln ihren Ausstellungen, die die Kunst
und das Kunstgewerbe aller Zeiten in zahlreichen Qualitätsstücken
in dem wundervollen historischen Rahmen der Hallen und Säle
des alten Römers zeigt, wird der Produktion unserer Zeit gleich-
sam einen Spiegel für die eigene Leistung vorgehalten. Neue
Liebhaber und Käufer werden gewonnen, alte zu neuen Erwer-
bungen ermutigt. Wie die beiden ersten Ausstellungen erwiesen,
ist die Kunst vor allem berufen, die ersten Fäden zwischen den
feindlichen Mächten wieder anzuknüpfen. Auch der Kunsthandel
gewinnt hier neue, höchst schätzbare Verbindungen, und vermag
alte zu beleben.

Neben den Kunstausstellungen sollen in Zukunft auch Kunst-
auktionen veranstaltet werden, die sich vor allem an das neue
Publikum der zahlreichen Messebesucher wenden. Eine Jury,
bestehend aus den drei Direktoren der Frankfurter Museen, Prof.
Bernhard Müller, Robert Schmidt, Georg Swarzenski und Dr.
Lübbecke, dem Leiter der Kunstmesse, denen als Taxatoren eine
Reihe erster Frankfurter Kunsthändler ehrenamtlich zur Seite
stehen, werden jedes Stück auf Echtheit und Alter prüfen, sodaß
der Käufer die Gewißheit eines einwandfreien Einkaufs hat. Die
Versteigerung selbst, die für die kommende Messe drei Tage um-
fassen wird, ruht in den Händen der Frankfurter Auktionsfirmen
Rud. Bangel,Hugo Helbing, F. A C. Prestel (Inh. Albert Voigtländer-
Tetzner) und Josef Hamburger (Münzen). Jetzt steht bereits ein
stattliches Kunstgut zur Verfügung, in dem neben Malerei und
Plastik fiüherer Zeiten das Kunstgewerbe und auch die modernste
Malerei in guten Stücken stark vertreten ist.

Der reich illustrierte Katalog wird Anfang September er-
scheinen und an Interessenten verschickt werden. Die Auktions-
ausstellung, — mit der auch die Kunstschau des deutschen Kunst-
handels verbunden sein wird, — wird am 25. September in den
historischen Festräumen des Römers eröffnet.

Wilhelm Schiller.

6ine btffocifcbe Baugruppe.

Das altberühmte Elbstädtchen Meißen beherbergt auf seinem
Burgberg eine hochinteressante Gruppe von historischen Bau-
werken, denen Cornelius Gur litt im 40. Bande der „Beschrei-
benden Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler in
Sachsen“, die das sächsische Ministerium des Innern unter der
Mitwirkung des Sächsischen Altertumsvereins herausgibt, eine ein-
gehendere Besprechung widmet.

Diese Baugruppe, die von höchstem historischen wie künst-
lerischen Interesse ist, setzt sich zusammen aus dem Dom, dem
Bischofsschloß, den Höfen der Domherren, dem Schloß Albrechts-
burg und dem burggräflichen Vorderschloß. Die umfangreiche
Geschichte des Domes nimmt einen großen Teil jenes Werkes
ein, und Gurlitt stellt dabei fest, wie der Dom vor der letzten
Erneuerung und dem Ausbau durch Schäfer und Hartung war und
geworden war. Die Bauzeit des Domes setzt Gurlitt in die
Jahre zwischen 1006 und 1073. Anfang des 13. Jahrhunderts fing
er durch den Blitz Feuer. Nun schließt Gurlitt aus der Ge-
bundenheit des Grundrisses und aus dem Vergleich gleichzeitiger
Bauwerke, daß der Grundriß des neuen frühgotischen Domes und
einige Bauteile nicht, wie bisher angenommen wurde, 1240—1260,
sondern schon nach 1220 entstanden sind. Weiterhin hat Gurlitt
auch festgestellt, daß die Tumba Bennonis — das Grabmal des
Bischofs Benno — im vierten Joche des Langhauses gestanden
hat. Besonders interessant ist auch die Entstehungsgeschichte
des Lettners, die in verschiedenen Epochen gebaut wurde. Be-
merkenswert ist ferner der Nachweis Gurlitts, daß die 7 Figuren
vom Südtor des Domes, die bereits aus dem 13. Jahrhundert
stammen, erst im Jahre 1771 übermalt worden sind, daß mithin
die bisher vielfach für „echt“ gehaltene Bemalung unecht ist.
Überhaupt hat Gurlitt verschiedene Korrekturen bisheriger Be-
hauptungen und Annahmen vornehmen können, und zwar auf
Grund eingehender Forschungen teils an Ort und Stelle, teils
durch Quellenschriften usw. So stellt er z. B. auch als Erbauer
der Fürstenkapelle die Architekten Hans Wolffbach aus Königs-
berg in Franken und Meister Moysses von Altenburg hin, von
den der erstere die Kapelle anlegte, während letzterer das reich-
verzierte Gewölbe geschaffen hat. Die 7 holzgeschnitzten Figuren
in der Kapelle stammen schon aus der Mitte des 15. Jahrhunderts
während sie im Jahre 1662, das bisher vielfach als ihr Ent-
stehungsjahr angesehen wurde, bei der Erneuerung der Kapelle
nur insofern verändert wurden, als die bunte Bemalung mit dem
Kreidegrund entfernt und dafür die Figuren weiß und golden an-
gestrichen wurden Dieser Feststellung ist es auch zu danken,
daß diese Figuren nicht nach den Absichten des Dombauvereins
durch andere ersetzt wurden.

Viel ist schon über die Turmftage gestritten worden. Auch
diese behandelt Gurlitt ausführlich, der entgegen der Behauptung
Schäfers, der Westturm habe 2 Helme gehabt, eine dreitürmige
Anlage annimmt. Als den Meister, der das 3. Geschoß aufsetzte,
bezeichnet er Arnold von Westphalen, dessen Anteil an dem
Bau durch sein Steinmetzzeichen, das Dr. Rauda aufgefunden hat,
bezeugt ist. Letzterer hat übrigens am Schlüsse des Werkes
etwas über die Steinmetzzeichen geschrieben, das für die
Kunstgeschichte Sachsens besonders wertvoll ist. Die Steinmetz-
zeichen verdienen in der Baugeschichte eine ganz besondere
Würdigung, wie auch hier wieder bewiesen ist. Sie stellen ge-
wissermaßen selber eigenartige Kulturdenkmäler dar, die für die
Geschichte der Baukunst von nicht zu unterschätzender Bedeu-
tung sind. Durch ein solches Steinmetzzeichen wurde auch ein
bisher unbekannter Mann entdeckt, der in der Fürstenkapelle mit
gearbeitet hat, Melchior Brunner, der die beiden Westjoche des
Mittelschiffs, die vom Brande beschädigt waren, wiederhergestellt
hat; sein Steinmetzzeichen befindet sich auf einem Schilde an
einer Rippe des sechsten Joches.

Unentschieden ist noch die Frage nach dem Künstler, der
das Dreiflügelbild auf dem Hauptaltare im Chor des Domes her-
gestellt hat. Als Stifter dieses Bildes hält Gurlitt die Wettiner
Fürsten Sigismund, Bischof von Würzburg, und Friedrich II. den
Sanftmütigen. Sicheres weiß aber Gurlitt wieder über die Orgel

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