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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Septemberheft
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Slomann, Vilhelm: Die Millionenstiftung für das Kunstgewerbemuseum in Kopenhagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0037

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Die Miltionenstiftung

fCit? das Kunstgewerbemuseum in Kopenhagen

oon

0. Stomann

Zu unserer Meldung, daß dem Kunstgewerbemuseum
in Kopenhagen eine Millionenstiftung zufiel, schreibt uns
unser Mitarbeiter, Kunsthistoriker Dr. Slomann vom
Kopenhagener Kunstindustriemuseum:

j jas große Ereignis des Sommers, ein Ereignis, dessen
Spuren weit hinaus in die Zukunft reichen werden,
war die Mitteilung, die das dänische Kunstgewerbe-
museum am 10. Juli von dem Leiter des größten Geld-
instituts Dänemarks, dem Direktor der Landmannsbank,
Herrn Emil Glückstadt erhielt. Er schrieb, daß er vom
Staat den Bautenkomplex gekauft habe, der bis vor
wenigen Jahren von dem Königlichen Fredrikshospital
benutzt worden war, und zwar zu dem Zweck, „dadurch
zur Erhaltung der Bauten beizutragen und gleichzeitig die
Möglichkeit zu schaffen für einen würdigen und schönen
Platz für die Sammlungen, die das dänische Kunstge-
werbemuseum besitzt.“ Direktor Glückstadt erbot sich
daher, dem Museum den zentralen Teil der Bauten des
alten Krankenhauses zu schenken.

Durch diese entschlossene Tat, die für das Museum
eine Gabe großen Stils bedeutet, von einem Wert, der,
in Geld umgesetzt, eine Million Kronen übersteigt, hat
Direktor Glückstadt zwei Fragen gelöst, die für Kopen-
hagen von großer Bedeutung sind.

Das Fredrikshospital wurde in den fünfziger Jahren
des 18. Jahrhunderts von den Architekten Eigtved und
Thura zu Krankenhauszwecken erbaut. Eine zielbe-
wußte Einfachheit lag darüber, die im Verein mit der
Unberührtheit, in der die Bauten dastehen, ihnen ein be-
sonderes Gepräge gibt. Das ganze Viertel, in dem sich
das Krankenhaus befindet, stammt aus dem achtzehnten
Jahrhundert und weist eine Reihe von Bauten, besonders
von Adelspalästen auf, die ansehnlicher und reicher sind
als das alte Hospital; aber zwischen diesen behauptet
es sich gut. Und will man den Geist der Zeit kennen
lernen, der in Dänemark die Baukunst prägte, so ist das
Krankenhaus von ebenso großer Wichtigkeit wie manche
von jenen. Viele Stimmen haben sich daher für die Er-

haltung dieser Bauten erhoben. Doch die zentrale Lage
und die große Ausdehnung des Komplexes lockte viele
Liebhaber an, die sie durch einträgliche Geschäftshäuser
zu ersetzen wünschten. Allen diesen Plänen aber machte
Direktor Glückstadts Kauf ein Ende.

Für das Kunstgewerbemuseum bedeutet die Über-
tragung dieser Bauten die Erfüllung des lange gehegten
Wunsches, das Haus zu verlassen, in dem es sich nun
befindet. Dieses wurde im Jahre 1893 erbaut, und seit-
dem wurde allenthalben Klage darüber geführt. Damals
blühte noch — wenigstens unter den älteren Architekten

die Nachahmung der Renaissance. Anspruchsvolle,
leere Renaissancedekorationen schmücken Fassade und
Vorhalle des Hauses. Der wichtigste Ausstellungsraum
des Museums ist besonders charakterlos. Er besteht
aus einem tiefen, schrägen Saal mit vielen Fenstern auf
beiden Seiten. Es fehlt an festen Rahmen. Die sorg-
fältigste Ordnung kann sich hier nicht freimachen von
dem zufälligen, provisorischen Gepräge eines Magazins.
Die Mängel des Hauses wurden umso empfindlicher, je
mehr das Museum wuchs, und seit so manchem Jahr
bedeutet eine Vermehrung der Sammlung in anderer Be-
ziehung eine Verringerung: ältere Dinge mußten entfernt
werden, oder das Neue wurde zwischen das Ältere ge-
preßt und füllte Kästen und Wände weit mehr, als sie
zu beherbergen bestimmt waren. Geduldig meldete der
Jahresbericht des Museums Jahr für Jahr von den Qualen,
die diese Verhältnisse dem Museumsdirektor, Herrn Emil
Hannover bereiteten; man hatte mehrfach Umzugspläne,
die aber 1914 begraben wurden.

Für die neue verheißungsvolle Anordnung gebührt
also Direktor Glückstadt viel Dank; durch sein Eingreifen
bekommt das Kunstgewerbemuseum einen vorzüglich
gelegenen Platz, zwei schöne alte Häuser, die stilvolle
Fassade nach der Straße bilden werden und im Innern
reichlich Raum bieten für die Einrichtung neuer, moderner
Museumsbauten.

Dan. Chodowiecki. Der Hochzeitszug.

Amsler & Ruthardt, Kat. 64.

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