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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Februarheft
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Bogeng, Gustav A. E.: Betrachtungen zur Buchkunstbewegung der Gegenwart, [3]: die englischen Pressen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0252

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Befrachtungen zuv Bucbkunßbeu^egung det? Gegenwavt

II. Die englt{cf)en Ptieflen*)

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6. A. 6. Bogeng

Farbige Holzschnittbilder und Holzschnittverzierungen,
Golddruck, Graudruck, Rotdruck verleihen den Ver-
öffentlichungen der Eragny Press ein von der Regelmäßig-
keit abweichendes Aussehen und bringen sie dadurch, da
auch ihre künstlerische obschon nicht immer ihre gewerb-
liche Gestaltung kraftvoll und zielbewußt ist, in einem
Gegensatz zu der Prinzipientreue der Doves Press. Ist
diese die Verkörperung aller Vollkommenheiten durch die
Werkstattübung und -Überlieferung geworden, die Ver-
einheitlichung aller Vorzüge des Pressegedankens in dem
Gelingen des guten Stückes Arbeit, so ist die Eragny
Press in der Reihe der englischen Buchkunst-Werkstätten
der Träger der künstlerischen Laune, des gelegentlich
mehr stimmungsfreudigen als zielbewußt sicheren Ver-
suchens. Die Eragny Press ist auch in der Auswahl
der von ihr gedruckten Werke, diejenige englische Presse,
deren Veröffentlichungen eine innere Verwandschaft mit
der französischen Auffassung des Buchkunstgedankens
haben.

Die Arbeiten der sich der Caslon Type bedienenden,
ursprünglich Dun Emer Press genannten C u a 1 a
Press, mit der Miss Yeats ihre im Kreise von
William Morris gewonnenen Anschauungen seit 1903
für Irland nutzbar zu machen strebte, konnten die Höhe
der technischen Leistungsfähigkeit, die die Voraussetzung
des schönen Buches ist, trotz allen guten Willens nicht
erreichen. Ähnliches gilt für die Anfänge der Ashen-
dene Press, die C. H. St. John Hornby in As-
hendene, Herts, 1897 aus Liebhaberei sich eingerichtet
hatte, aus Vergnügen an der Beschäftigung des Buch-
druckens. Aber bald steigerten sich die Kunst und die
Kunstfertigkeiten des von seiner Schwester unterstützten
Besitzers der Ashendene Press, der erst Caslon und Fell
Lettern gebrauchend, dann seine eigene Schrift einer
Halbgotisch der alten Meisterdrucker Sweynheyms und
Pannartz nachbildete, ln dieser Subiaco Schrift ist die
prachtvolle Dante Folio Ausgabe von 1909 gedruckt
worden, mit der der Ashendene Press eines der schönsten
Bücher des zwanzigsten Jahrhunderts gelungen ist. Unter
den üblichen gewerblichen Bedingungen arbeiten seit
1909 die FlorencePress (Mesers. Chatto & Windus)
und die Riccardi Press (Macmillan & Co. Ltd.
and Philipp Lee Warner).

In den Vereinigten Staaten von Amerika hat, wie
nebenbei gesagt sei, das von England ausgehende Bei-
spiel der Buchkunstpressen nicht allzu stark gewirkt.
Dafür fand man hier eine schnellere Angliederung der
Buchkunstbewegung an das Verlagsgeschäft und einen
Ausgleich ihrer Bestrebungen mit den Forderungen des
allgemeinen Buchdruckereibetriebes. Ein Beispiel dafür

*) Siehe „Der Kunstwanderer“ 1. Februarheft 1920.

bieten die Leistungen der unter Aufsicht von Bruce
Rogers arbeitenden Riverside Press, Boston, die
auch aus den „gewöhnlichen“ Druckschriften sehr viel
herauszuholen versteht, was der Durchschnittsdrucker in
ihnen nicht vermutet haben würde, ein anderes der
Verlag von Thomas Bird Mosher in Portland
Maine, dessen Mosher Books auch das psychologische
Element in der Typographie zur Geltung bringen, das
gerade bei der Druckschrifteinheit der Pressen allzu-
häufig hinter den Fassaden des Satzbildaufbaues ver-
schwindet und durch das Dogma der reinen Buchtektonik
verloren geht. Die von Berkeley Updike geleitete
Merrymount Press, Boston, darf ebenfalls nicht
ungenannt bleiben, die sich einer schönen Schrift von
Herbert P. Herne bedient und auch die Eiston Press
von Clarke Con well, Pelhalm Royal, New Rochelle,
New York ist ehrenvoll zu erwähnen. —

Den Anregungen, die von Morris ausgingen, ver-
danken wir auch die nicht genug gewürdigten Bemühungen
Robert Proctors, eine griechische Druckschrift zu
schaffen, die alle Ansprüche an die Lesbarkeit und Schön-
heit einer solchen zu vereinen versuchte, Bemühungen,
die freilich nur in jenen Kreisen, die die hellenischen
Klassiker noch in ihrer Ursprache verstehen und würdigen,
aufmerksamen Dank finden können, gerade in diesen aber
umsomehr beachtet werden sollten, als die Drucke alt-
griechischer Werke, die gegenwärtig hergestellt werden,
durch keinerlei typographischen Aufwand das Bestreben
zeigen, eine immerhin schwierige Schrift dem Leser zu
erleichtern. (Mit dem Druck orientalischer Schriften steht
es erheblich besser.) Jedenfalls sind hier noch Aufgaben
zu lösen, für die das Beispiel Proctors und das von dessen
Vorgänger Selwyn Image, der nach Handschriften
des 9. und 10. Jahrhunderts für den Macmillan-Verlag
griechische Druckschriften entworfen hat, nützlich werden
sollte. Der englische Gelehrte, der in einer gründlichen
Untersuchung (The Printing of Greek in the Fifteenth Cen-
tury) gezeigt hatte, daß die Herstellung der frühesten Drucke
in griechischer Sprache infolge kalligraphischer Mißver-
ständnisse keine gute Druckschrift veranlaßt hätte und daß
die erste brauchbare griechische Schrift erst 1514geschnitten
und für den Erstdruck des Neuen Testaments in griechi-
scher Sprache, der einen Teil der sogenannten Complu-
tensischen Polyglotte bildet, verwendet worden ist, ging
von diesem Muster aus, dem er seine „Otter-Type“ nach-
bildete, Accente und Majuskeln, die seiner Vorlage fehlten,
hinzufügend. Doch hinderte der Tod die Verfolgung
seiner Ziele, der ihn von Arbeit abrief, als gerade die
Oresteia des Aeschylus von der Chiswick Press mit seiner
Schrift gedruckt wurde (1904) 1908 ist dann, von der
Clarendon Press, mit den gleichen Schriften eine Aus-
gabe der Odyssee hergestellt worden, beides Drucke,

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