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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Aprilheft
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Donath, Adolph: Die Not der Deutschen Künstlerschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0313

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Jahrgang i_qqo 2. ApriLncft

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Die Deutschen Künstler wehren sich erst jetzt gegen
die 15°/0 Luxussteuer, die ihnen aufgebürdet wurde.
Leider erst jetzt. Und sie kommen leider erst heute mit
festeren Wünschen nach einer starken Organisation. Ob
da noch etwas su retten sein wird? Vielleicht. Ein
paar Abgeordnete haben es wenigstens versprochen.
Man darf also noch hoffen.

Jene große Versammlung, die der Wirtschaftliche
Verband bildender Künstler Berlins in diesen Tagen als
Protest gegen die Luxussteuer abhielt, hätte längst tagen
sollen, lange vor der Beratung des Gesetzentwurfes.
Und schon damals hätten sich die Künstler zusammen-
schließen müssen, schon damals hätten sie mit den
Parlamentariern aller Parteien Fühlung nehmen sollen.
In einer so eminent wichtigen Frage wären eben „alle“
für „alle“ gewesen, ohne Unterschied der „Richtung“.
Daß aber bisher noch nicht alle Kunstverbände in der
wirtschaftlichen Organisation der Künstlerschaft, die ja
nicht seit gestern existiert, aufgegangen sind, daß auf
diesem unpolitischen Boden, der nichts gemein hat mit
der Kunstanschauung des Einzelnen, sich nicht alle
Künstler zusammenfinden, ist einfach unverständlich.
Denn wäre das geschehen, dann wäre der Künstlerschaft
dieses kunstfeindliche Gesetz erspart geblieben und der
Regierung die Blamage, daß sie den schaffenden Künstler
gleichstellen konnte dem Luxuswarenkleinhändler.

Diese Blamage ist nun einmal der Regierung passiert.
Aber schuld daran — wir haben, bei Gott, nichts mit
der „Politik“ zu tun — trägt zum Hauptteil die Künstler-
schaft selbst. Wie sie es hätte machen sollen, haben
wir schon erwähnt. Doch in einer Protestversammlung

Donatb

den „Politiker“ hervorkehren zu wollen, ist unsinnig.
Mit wüsten Schimpfereien kommt man nicht vorwärts.
Die Wissenden hätten aufklärend wirken sollen, nur
Tatsachen aufführen sollen, immer nur unterstreichen
sollen, daß die Meinung falsch ist, die 15% Luxussteuer
auf Kunstwerke ließen sich in dieser Zeit der Schiebungen
auf den „Verbraucher“ abschieben. Max Schlichting be-
tonte mit Recht, daß gerade jene Künstler, die erst im
Werden sind und die noch „kleine“ Preise hätten, am
meisten darunter leiden müßten, denn über eine gewisse
Grenze ginge der nicht besonders kaufkräftige Kunst-
freund in der Regel nicht hinaus. Nebenher aber steht
die Tatsache fest, daß die Mehrzahl der Künstler sich in
N o t befindet. Und zu bedenken ist noch, was die Zu-
kunft bringen kann: ob durch die Anhäufung der

Steuern, die den Kunstfreund belasten, nicht seine Kauf-
kraft gemindert werde und seine Freude an der Kunst
selbst. „Ein gewaltiges Heer von sterbenden Künstlern“,
so sagte der Abgeordnete Frank, „liegt auf der Straße
und weiß nicht, wie es morgen leben soll“ . . .

Daß aber seit kurzer Zeit in den Kreisen der Re-
gierung ein anderer Wind zu wehen scheint, geht aus
einer Mitteilung hervor, die der Abgeordnete Dr. Pfeiffer
in jener Tagung machte, die kurz nach dem Luxussteuer-
Protest des Wirtschaftlichen Verbandes von der Deutschen
Kunstgenossenschaft einberufen war: er gab Kenntnis
davon, daß im Reichswirtschaftrat außer dem Vertreter
des Deutschen Werkbundes noch zwei Vertreter der
bildenden Künstler sitzen werden. Das läßt also darauf
schließen, daß man endlich auch die Künstlerschaft in
Kunstdingen hören wird. Was aber gerade in dieser

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