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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Januarheft
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Jakstein, Werner: Die Kunst der Spielkarten
DOI Artikel:
Kersten, Paul: Etwas über Bucheinbände
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0211

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Wie die Farbe in der hand
so ist auch mit uns bewand
Drum denke stetz vor dich
Itz kömmt der letzte Stich
Die Karte ist unverwert
Wo man zur Zeit aufhört
wer sizt bis am morgen
verspilt sein Gelt mus borgen (s. oben!)
u. s. f.

Faßt man in dieser poetischen Weise auch die un-
geschickt gewordene Technik auf, dann findet man auch
in ihr die Reize des Ursprünglichen, das ihre Verfertiger
trotz aller Nachahmung immer wieder noch hineingebracht
haben. Tarockkarten, wie sie die „Firma“ Backofen vor
und nach 1800 brachten, zeigen bei der unbeholfensten
Zeichnung doch ein prächtiges musivisches Farbenspiel,
das erkenntlich wird, wenn man alle Figurenkarten in
eine Fläche zusammen legt.

Die Zeit nach der ersten französischen Revolution
brachte aber neben der Verlotterung einer jahrhunderte-
lang geübten Stilistik plötzlich auch hier eine ungehemmte
Befreiung. Es entstanden die oft aktuellen Phantasie-
karten, welche zunächst nur die Figurenkarten des franzö-
sischen Spieles benutzten, dann aber auch auf die Zahlen-
karten Übergriffen, deren Deutlichkeit sie stark beein-
trächtigten. In diesen Arbeiten zeigt sich nun wieder

die schier unerschöpfliche Phantasie und der Formen-
reichtum jener Zeit, die sich ihren Stil selbst schuf. In
Deutschland waren es die Karten des Cottaverlages,
deren erste 6 Serien von der Gräfin Jenison Vallvort ge-
zeichnet wurden. Sie sind wohl das Edelste, das in
dieser Weise geschaffen wurde Gleichzeitig arbeitete
man in England grotesk, wie auch später in Deutschland.
Ein mit den Münchener Bilderbogen veröffentlichtes Spiel
ist wohl die letzte Erscheinungsform dieser Art.

ln diesem kurzen Rahmen konnten naturgemäß nur
einige Streiflichter auf den künstlerischen Gehalt des
großen von den Spielkarten beherrschten Gebietes ge-
worfen werden. Zweck der Zeilen war aber der, auf
alle die Erscheinungen auch bescheidenster Art aufmerk-
sam zu machen, an denen der zünftige Kunstgelehrte
gewöhnlich vorbei zu sehen pflegt. Nur wenn wir auch
diese Erscheinungen aufmerksam beachten, wird es uns
möglich sein, einmal nach so langer Zeit ein künstle-
risches Kartenspiel hervorzubringen. Einen äußerst
glücklichen Entwurf hat der Architekt und Kunstgewerbler
Körting im Felde geschaffen, dessen Drucklegung sehr
zu wünschen wäre. Vorläufig verhalten sich unsere Spiel-
kartenverleger aber noch allen wahrhaft künstlerischen
Neuerungen abhold, sehr zum Schaden unseres Ansehens
und unseres Kunstmarktes.

ettuas übee Bucbetnbände

non

Paul Ketten

L^aum jemals haben kunstgewerbliche Objekte in heu-
^ tiger Zeit so viel Interesse zu entfachen vermocht
als Bucheinbände, besonders wenn sie in dem heute be-
sonders teueren Material wie Leder gebunden sind. Nun
herrscht aber zwischen Bucheinbänden ein gewaltiger
Unterschied. Diesen für ein kunstverständiges Publikum
zu erläutern, soll der Zweck dieses Aufsatzes sein.

Der Hauptunterschied bei den Bucheinbänden der
Jetztzeit besteht in Hinsicht auf die technische Her-
stellung.

Die fertig gebundenen Bücher, die man bei jedem
Buchhändler kaufen kann, sind Masseneinbände,
auch Verlegereinbände genannt, die in den Groß- oder
Fabrikbuchbindereien, oft Tausende in gleicher Art auf
einmal, maschinell und schablonenhaft hergestellt werden.

Ganz anders ist die Herstellung der Handein-
bände, besonders der künstlerischen Ledereinbände;
hier wird jedes Buch individuell nach den Wünschen
und Angaben des Bestellers in dauerhafter Art vom
Buchbindermeister gebunden.

Während bei den Masseneinbänden die Einband-
decken des Buches und dieses selbst, jedes für sich
allein, meist in getrennten Räumen maschinell hergestellt
werden und, wenn beide Teile fertig sind, das Buch in
die Decke geklebt wird, eingehängt lautet der Fachaus-

druck, heftet der Buchbindermeister das Buch sorgfältig
auf Hand (mittelst der Heftlade), setzt die Deckel an das
Buch direkt an und überzieht dann erst Rücken und
Deckel. Während die Verbindung des Buches mit den
Deckeln beim Massenbande eine lose ist, nur eine lose
sein kann, werden bei den Handeinbänden die Deckel
des Buches mit diesem wirklich fest und unabreißbar
verbunden, wodurch der Handeinband den Vorzug größter
Haltbarkeit erhält. So ist es z. B. ohne Kraftanstrengung
und ohne Schwierigkeit möglich, bei dem Masseneinband
das Buch aus der Decke zu reißen, was bei einem auf
„tiefen Falz“ angesetzten Handeinband ganz unmöglich
ist. Der Zusammenhang zwischen Buchblock und Buch-
decke kann bei den Masseneinbänden nur ein loser sein,
weil es durch die technische und billige Herstellungs-
weise nicht anders möglich ist.

Nun werden seit längerer Zeit von einigen Verlegern
auch Handeinbände auf den Markt gebracht, die den
gewöhnlichen Ansprüchen der Haltbarkeit genügen, aber
sie sind ebenfalls dem Aussehen nach schablonen-
haft gearbeitet, und der Besitzer muß sich mit hundert
anderen in diese gleichmäßig aussehenden Einbände
teilen. Anders ist es mit den Büchern, die der Bücher-
freund nach seinen eigenen Angaben und Ideen binden
läßt, sie tragen dadurch die persönliche Note des Be-

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