Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 1.1919/20
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0212
DOI Heft:
2. Januarheft
DOI Artikel:Kersten, Paul: Etwas über Bucheinbände
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sitzers und werden ihm wertvoller als die schablonen-
haften Einbände.
Die verschiedenen Arten von Handeinbänden!
Je nach Erfordernis, Bedürfnis und Zweck hat der
Einzel- oder Sortimentsbuchbinder verschiedene Arten
von Einbänden. Das ungebundene Buch ist die
Broschur, wie es z B. die Reklam-Heftchen sind.
Die sogenannte Steife Broschur ist eine geheftete
Broschur mit steifen Deckeln.
Die eigentlichen Einbandarten beginnen mit dem
Halbleinenband; bei diesem ist der Rücken und
die Ecken mit Leinen, die Deckel mit Papier überzogen.
Je nach der Breite, die für die Leinwand genommen wird,
unterscheidet man den einfachen oder den besseren
Halbleinen- oder Amateur-Halbleinenband. Ist das Buch
ganz mit Leinen überzogen, so ist es ein Ganzleinen-
band; ist das Buch ganz mit Papier überzogen, heißt
es Pappband.
Die nächsten Einbandarten, die man als die wirklich
dauerhaften bezeichnen kann, sind der Halbfranz-,
der Ganzleder- und der Halb- oder Ganz-
pergamentband. Ich bezeichne sie als die wirklich
dauerhaften, weil der solide Einband erst da anfängt,
wo als Rückenüberzugsmaterial Leder oder Pergament
zur Verwendung kommt. Beim Halbfranzbande
sind Rücken und Ecken mit Leder bezogen, die Deckel
mit Papier, gewöhnlich sogen, marmoriertem Papier.
Wird statt des Leders Pergament genommen, so ist es
ein Halbpergamentband.
Die beste Einbandart ist der Ganzlederband,
der, wie schon der Name deutet, ganz mit Leder, ent-
weder Saffian d. i. kleinnarbiges Ziegenleder, oder Maro-
quin, d. i. das großnarbige Fell der Kapziege, oder Kalb-,
Schweins- und Seehundleder überzogen ist. Der Ganz-
lederband kann einfacher und reicher gestaltet sein, in
seiner höchsten Vollendung, nach einem besonderen
Entwurf in Handvergoldung dekoriert, mit höchsten
Geschmack ausgestattet ist er der künstlerische
Bucheinband.
Diese künstlerischen Ganzlederbände (französisch
Relieur d’Art, englisch Art-Bookbinding genannt) tragen
meist eine reiche Dekoration; in ihnen kommt die höchste
Kunstfertigkeit des Kunstbuchbinders zum Ausdruck. (Siehe
den Aufsatz von Dr. Bogeng im „Kunstwanderer“, 1. und
2. Oktoberheft 1919.) Die oben erwähnte Handvergoldung
ist die besondere Kunsttechnik des Buchbinders, die
sehr schwer zu erlernen ist und jahrelange Übung er-
fordert; sie besteht darin, daß mit gravierten Messing-
Werkzeugen, Fileten, Stempeln, Bogen und mittelst Lineal,
Zirkel und Bleistift eine Einbandzeichnung entworfen
wird, die man dann auf das Einbandleder mittelst oben-
genannter Werkzeuge, die erwärmt werden, überträgt,
worauf dann Blattgold mittelst eines Grundiermittels auf-
getragen wird und dann das Abdrucken des mit Blattgold
belegten Lederdeckels beginnt.
Die Handeinbände aller Art bieten, wie gesagt, dem,
der seine Bücher liebt, noch den Vorzug, daß er seine
Einbände nach seinem eigenen Geschmack hersteilen
lassen kann; er braucht sich nicht, wie bei den Massen-
einbänden, den Geschmack eines anderen aufzwingen zu
lassen, den er noch mit Tausenden anderen teilen muß. Ich
bitte in meinen Ausführungen nicht etwa eine Spitze
gegen die Verleger-Masseneinbände zu erblicken; sie
sind selbsverständlich eine Notwendigkeit und sie dienen
dem Kulturfortschritt in eminenter Weise, indem sie für
billiges Geld gute Bücher in die Massen tragen. Der
Zweck dieser Zeilen besteht darin, den kunstverständigen
Bücherfreunden den Unterschied der Technik des Massen-
und des Handeinbandes zu erläutern und ihm die Güte
der Technik des Handeinbandes zu beweisen, den sie
bei besonders guten, wertvollen oder seltenen Büchern
bevorzugen sollen. Ebensowenig wie ein gutsituierter
Mann seine Kleider im Magazin fertig kauft, ebensowenig
sollte er seine guten Bücher fertig gebunden kaufen,
sondern sie nach seinem Geschmack binden lassen.
Wie schön sagte doch der verstorbene Kunstgelehrte
Prof. Stockbauer: „Bücher, die einen dauernden Wert für
eine Familie besitzen, die man mit Verständnis sich auswählt
und verständnisvoll benutzt, verdienen es auch, daß sie
anständig gebunden werden. Man lasse sich die Kosten
nicht gereuen, ihnen auch ein dauerhaftes und schönes
Lederkleid anzuziehen.“
Lithographie
von Erich Klossowski
Paul Cassirer, Berlin
208
haften Einbände.
Die verschiedenen Arten von Handeinbänden!
Je nach Erfordernis, Bedürfnis und Zweck hat der
Einzel- oder Sortimentsbuchbinder verschiedene Arten
von Einbänden. Das ungebundene Buch ist die
Broschur, wie es z B. die Reklam-Heftchen sind.
Die sogenannte Steife Broschur ist eine geheftete
Broschur mit steifen Deckeln.
Die eigentlichen Einbandarten beginnen mit dem
Halbleinenband; bei diesem ist der Rücken und
die Ecken mit Leinen, die Deckel mit Papier überzogen.
Je nach der Breite, die für die Leinwand genommen wird,
unterscheidet man den einfachen oder den besseren
Halbleinen- oder Amateur-Halbleinenband. Ist das Buch
ganz mit Leinen überzogen, so ist es ein Ganzleinen-
band; ist das Buch ganz mit Papier überzogen, heißt
es Pappband.
Die nächsten Einbandarten, die man als die wirklich
dauerhaften bezeichnen kann, sind der Halbfranz-,
der Ganzleder- und der Halb- oder Ganz-
pergamentband. Ich bezeichne sie als die wirklich
dauerhaften, weil der solide Einband erst da anfängt,
wo als Rückenüberzugsmaterial Leder oder Pergament
zur Verwendung kommt. Beim Halbfranzbande
sind Rücken und Ecken mit Leder bezogen, die Deckel
mit Papier, gewöhnlich sogen, marmoriertem Papier.
Wird statt des Leders Pergament genommen, so ist es
ein Halbpergamentband.
Die beste Einbandart ist der Ganzlederband,
der, wie schon der Name deutet, ganz mit Leder, ent-
weder Saffian d. i. kleinnarbiges Ziegenleder, oder Maro-
quin, d. i. das großnarbige Fell der Kapziege, oder Kalb-,
Schweins- und Seehundleder überzogen ist. Der Ganz-
lederband kann einfacher und reicher gestaltet sein, in
seiner höchsten Vollendung, nach einem besonderen
Entwurf in Handvergoldung dekoriert, mit höchsten
Geschmack ausgestattet ist er der künstlerische
Bucheinband.
Diese künstlerischen Ganzlederbände (französisch
Relieur d’Art, englisch Art-Bookbinding genannt) tragen
meist eine reiche Dekoration; in ihnen kommt die höchste
Kunstfertigkeit des Kunstbuchbinders zum Ausdruck. (Siehe
den Aufsatz von Dr. Bogeng im „Kunstwanderer“, 1. und
2. Oktoberheft 1919.) Die oben erwähnte Handvergoldung
ist die besondere Kunsttechnik des Buchbinders, die
sehr schwer zu erlernen ist und jahrelange Übung er-
fordert; sie besteht darin, daß mit gravierten Messing-
Werkzeugen, Fileten, Stempeln, Bogen und mittelst Lineal,
Zirkel und Bleistift eine Einbandzeichnung entworfen
wird, die man dann auf das Einbandleder mittelst oben-
genannter Werkzeuge, die erwärmt werden, überträgt,
worauf dann Blattgold mittelst eines Grundiermittels auf-
getragen wird und dann das Abdrucken des mit Blattgold
belegten Lederdeckels beginnt.
Die Handeinbände aller Art bieten, wie gesagt, dem,
der seine Bücher liebt, noch den Vorzug, daß er seine
Einbände nach seinem eigenen Geschmack hersteilen
lassen kann; er braucht sich nicht, wie bei den Massen-
einbänden, den Geschmack eines anderen aufzwingen zu
lassen, den er noch mit Tausenden anderen teilen muß. Ich
bitte in meinen Ausführungen nicht etwa eine Spitze
gegen die Verleger-Masseneinbände zu erblicken; sie
sind selbsverständlich eine Notwendigkeit und sie dienen
dem Kulturfortschritt in eminenter Weise, indem sie für
billiges Geld gute Bücher in die Massen tragen. Der
Zweck dieser Zeilen besteht darin, den kunstverständigen
Bücherfreunden den Unterschied der Technik des Massen-
und des Handeinbandes zu erläutern und ihm die Güte
der Technik des Handeinbandes zu beweisen, den sie
bei besonders guten, wertvollen oder seltenen Büchern
bevorzugen sollen. Ebensowenig wie ein gutsituierter
Mann seine Kleider im Magazin fertig kauft, ebensowenig
sollte er seine guten Bücher fertig gebunden kaufen,
sondern sie nach seinem Geschmack binden lassen.
Wie schön sagte doch der verstorbene Kunstgelehrte
Prof. Stockbauer: „Bücher, die einen dauernden Wert für
eine Familie besitzen, die man mit Verständnis sich auswählt
und verständnisvoll benutzt, verdienen es auch, daß sie
anständig gebunden werden. Man lasse sich die Kosten
nicht gereuen, ihnen auch ein dauerhaftes und schönes
Lederkleid anzuziehen.“
Lithographie
von Erich Klossowski
Paul Cassirer, Berlin
208