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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Januarheft
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Ein Brief des Porzellanplastikers Melchior: aus der Dokumentensammlung Darmstaedter der Preußischen Staatsbibliothelk
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0213

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6tn Brief des Pot’EeUanplaffiket’s Melcbtot?

Aus dev Dokumcntenfammtung Dacmltacdtcc dev Pccußifcbon Staatsbibliothek.

Wir veröffentlichen heute einen in der Dokumenten-
sammlung Darmstaedter der Preußischen Staatsbibliothek
befindlichen Brief des Johann Peter Melchior, dessen
Name in der Geschichte der deutschen Porzellanplastik
von besonderem Klang ist. Die Manufaktur Höchst,
wo Melchior von 1742 bis 1779 tätig war, verdankt ihm
ihren Hauptruhm. 1779 ging Melchior, der zu den Freunden
Goethes zählte und den „Verfasser der Leiden des
jungen Werther“ 1775 „nach dem Leben gearbeitet“ hat,
nach Frankenthal, 1797 nach Nymphenburg. Der nach-
stehende Brief ist kurz vor Melchiors Eintritt in die
Manufaktur Nymphenburg geschrieben und an einen Nürn-
berger Kunstfreund gerichtet. Der Brief ist ein charak-
teristischer Beitrag zu dem Kapitel: Künstlerelend.

München den 10t£2 October 1797.

Wohlgebohrener Hoch zu verehrender Herr!

Eine gefährliche harte Krankheit welche meine Tochter
traf setzte mich in allem sehr zurück und als bey ihr die
Genäsung eintratt, wurde ich auch selbst aufs Siegbett
geworfen: langsam fanden sich meine Kräfte wieder ein.
Dieses und Traurigkeit des Gemtithes, nebst einigen
Arbeiten, sind die Ursachen, daß ich Euer Wohlgebohren
bis hiehin nicht schrieb.

Ich hoffte, daß Sie sich, nebst Ihrer würdigen Gemahlin,
welcher ich und meine Tochter uns gehorsamst empfehlen,
recht wohl befinden werden.

Ihrem Aufträge zufolge, erkundigte ich mich nach
Männern die ächte Kunstkänntnisse mit der Fähigkeit zu
schreiben, verbänden und Mitarbeiter Ihres Kunstjurnaals
seyn könnten: aber ich konnte noch niemand auffinden.
Herr Halm, der hier zu Hause ist, machte mir Hoffnung dazu
und versprach, Ihnen, selbst disfalls zu schreiben, welches
er bereits gethan haben wird. Was ich selbst zu Ihrem
rühmlichen Unternehmen beytragen kan, daß wird erfolgen;
so bald ich meine Sachen in die nöthige Ordnung gebracht
habe, und meine Materialen zu Kunsttheorie, durchlesen

kann. Diese Woche, soll mein Dienst bey der Fabrike zu
Nymphenburg anfangen.

Ich möchte nun gerne wissen, wie es mit meinen
Ihnen in Comission gegebenen Gemählden stehet, ob
derselben Versteigerung schon gescheen ist, oder wan
sie vor sich gehen wird? Ich muß mir jetzt die zu einer
Haußhaltung unentbehrliche Möbeln und Bedürfniße an-
schaffen, welches viel kosten wird, ohngeachtet ich mich
gewiß nicht köstlich, sondern ganz simpel einrichten
will. Es wäre mir sehr lieb, wenn Sie, mir bald zu
Geld verhelfen könnten; denn meine viele Widerwärtig-
keiten, wo zu noch unsre erst ausgestandene Krankheit
kam, hat meine Caßa fast ganz ausgelehrt, und das Ent-
lehnen und Borgen ist mir sehr zuwieder. Ich hab das
Vertrauen zu Ihnen, daß Sie für mich und meine Kinder thun
werden, waß Sie können, und ich werde Ihre Güte und
Redlichkeit nie vergessen; ich werde so bald ich in eine
günstigere Lage komme und es mir möglich ist, erkenntlich
seyn und Ihnen, mit Vergnügen jederzeit dienen.

Eine Bitte muß ich noch an Sie thun. Der Wagner
Herr Schaubmayer hat mir Strümpfe schicken lassen wofür
ich ihm drey Gulden schuldig bin, welche demselben für
mich zu bezahlen und auf meine Rechnung zu setzen bitte.

Ich empfehle mich Ihrer gütigen Gewogenheit und
verharre

Hochachtungsvoll

Euer Wohlgebohren

Sind Sie so gütig mir bald zu antworten, und mich,
wenn es Ihnen nicht beschwerlich ist, meinen Gönnern
in Nürnberg zu empfehlen.


Goethe.

Nach dem Gyps-Medaillon
von Melchior

1775.

Im Schlößchen zu Tiefurt.

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