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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Dezemberheft
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Kunstauktionen / Aus der Museums- und Sammlerwelt / Kunstausstellungen / Aus der Künstlerwelt / Schweizerische Kunstchronik / Amerikanische Kunstsammler in England / Der Kunsthandel im Elsaß / Aus der Kunstwelt Italiens / Aus dem Pariser Kunstleben / Schloß Ambras vor dem Untergang / Georg Queri als Sammler / Autographen-Preise / Ein kostbarer Einband / Der Wettbewerb für die Reichsbriefmarke / Neuerscheinungen des Büchermarktes / Neues vom Kunstantiqariat
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0147

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Kunffauktioneru

Bcelin.

Die Versteigerung des hier besprochenen schlesischen Schloß-
besitzes brachte bei L e p k e große Überraschungen. Schon die
Bilder waren lebhaft begehrt. Nr. 24, Der tote Hase des J.
B. Weenix kam auf 18 000 Mk.; Nr. 28, Waldlandschaft von M.
A. Koekkoek, auf 15 000 Mk.; Nr. 32, Johannes u. Hieronymus, von
Spinello Aretino, auf 72 000 Mk.; „Die heil. Familie“ von Jordaens
erzielte 32 000 Mk., die „große Waldlandschaft“ von F. V. der Meulen
12 000 Mk., Nr. 36, „Die Erweckung des Lazarus“ des Tintoretto
wurde mit 200 000 Mk. versteigert, die betende Madonna des
Sassoferato (Nr. 37) brachte 40 000, die Madonna des Montagna
(Nr. 30) 48 000, des Franz Pourbus d. Ä. (Nr. 41, Brustbild eines
Mannes in Predikantentracht) 130 000 Mk, „Die Auferstandene“
des Marco Basaiti (Nr. 42) 62 000 Mk., für Nr. 43, Blumen-,
Früchtestilleben von Gustave Courbet gab man 145 000, für das
Bildnis des Ariost des Bresciano (Nr. 45) 37 000, für Nr. 46 Trip-
tychon des Cornelis Engelbrechtsen 95 00U Mk., Nr. 51 Tintoretto
(Bildnis eines Patriziers) erzielte 175000Mk., des Meisters„Schmiede
des Vulkan“ 58 000. Eine Bauernschenke von Adriaen Ostade
erreichte 30 000, ein „Bacchus“ von Caravaggio (Nr. 54) 115 000,
ein Canale (Nr. 55 Venedig) 76 000, ein Bronzino (Bildnis, Nr. 57)
57 000 Mk., ein kleines Selbstporträt von Anton Graff (Nr. 64)
10 100 Mk., eine „Dorfkirchweih“ des Teniers 40 000, ein J. A.
Bäcker (Bildnis Nr. 77) 30 000, ein „Konzert“ des Palamedesz
(Nr. 79) 30 000, ein Veronese (Entführung der Europa, Nr. 80)
35 000 Mk. Für Nr. 81, Fr. Aug. Tischbein (Kniestück einer sitzen-
den Dame) wurden 42 000 Mk. gezahlt, für Nr. 87, Francesco
Squarcione (Jungfrau mit Kind) 56C00 Mk.

Eine Kunstmarkt-Sensation bildete sodann die Auktion der
Möbel. Sie haben Preise erreicht, wie man sie bisher in den
großen Berliner Versteigerungen noch niemals erlebte. Berliner
Privatsammler gaben zwar in den letzten zwei Jahrzehnten Hundert-
tausende für französische Möbel des 18. Jahrhunderts aus, aber
660 000 Mk. für ein Sofa und sechs Lehnsessel aus der Zeit
Ludwigs XV., das ist schon allerhand! Wenn man bedenkt, daß
die dazu gehörige Kommode Louis XV. mit Lackmalerei 190 000 Mk.
erzielte und eine zweite Kommode der gleichen Zeit (mit dem
Namen J. F. Oeben gezeichnet, dem Schüler von Boulle) gleich-
falls 190 000 Mk., ein zu dieser Garnitur gehöriger Diplomaten-
schreibtisch 65 000 Mk. und ein Louis XV.-Schrank 41 000 Mk.,
dann kommt für den ganzen Louis XV.-Salon weit mehr als eine
Million zusammen. Doch jene 660 000 Mk. für das Sofa und die
sechs Lehnsessel (Nr. 333—339) sind eine Sensation!

Wir dürfen freilich nicht übersehen, daß es sich hier um
eine erstklassige Garnitur mit Beauvais-Tapisserie handelt, die
mit Schäferszenen nach Fragonard und Tierfabeln nach Lafontaine
geschmückt ist und daß derlei Stücke schon längst ihre inter-
nationalen in die Hunderttausende gehenden Preise haben. Man
erinnere sich an die Auktion Oppenheim in London, in der ein
Louis XV.-Schirm mit Watteau-Szenen 136500 Mk. ergab und
daß damals für eine ähnliche Möbel-Garnitur wie die genannte
Berliner, die übrigens in Berlin bleibt, 184 000 Mk. gezahlt worden
sind. Und in der Auktion Eugene Kraemer in Paris kam ein
Cylinder-Bureau (vom Ausgang der Louis XV.-Epoche), das reichste
Verzierung trug, aber doch schon den Übergang zu den klassi-
zistischen Formen zeigte, auf 127 000 Mk.

Wie hoch in der jüngsten Berliner Auktion bei Lepke auch
die andern Möbel der Sammlung gingen, zeigen folgende Preise;
großer italienischer Chorstuhl des 16. Jahrhunderts 10100 Mk.,
zwei kleine französische Eckschränke (mit schwarzem Lack und
Goldmalerei in chinesischer Manier) 87 000 Mk., ein paar Louis XVI.-
Armsessel 24 500 Mk., eine Aubusson-Garnitur (18. Jahrhundert)
200 000 Mk., ein mitteldeutscher Barockschrank aus reich intar-
siertem Nußholz 28 000 Mk., ein mitteldeutscher Nußholzschrank
(um 1750) 23 000 Mk. Und neben den Möbeln brachten auch die
Wandteppiche große Preise. Ein italienischer Renaissance-
Teppich mit dem Wappen des Herzogs Emanuele Filiberto von
Savoyen (siehe Abbildung im 2. Novemberheft des „Kunstwanderer“)

kostete 181 000 Mk., ein großer Wandteppich Louis XV. mit
Genreszenen nach Huet 225 000 Mk., ein Brüsseler Wandteppich
um (1600) 56 000 Mk.

*

Die Auktion der von uns besprochenen Sammlung Bru-
nander hat bei Paul Cassirer — Hugo H e 1 b i n g die Ge-
samtsumme von 900 000 Mark ergeben.

Köln.

In der Versteigerung des Nachlasses Frau Guido S c h o e 11 e r
bei Math. Lempertz (P. Hanstein & Söhne) wurden bemerkens-
werte Preise erzielt, die beweisen, wie lebhaft das Interesse für
diese Kölner Auktion gewesen ist. Nr. 73, holländische Dielen-
Uhr des 18. Jahrh., kam auf 12 500 Mk., Nr. 83: Große Kölnische
Intarsientruhe (Mitte 17. Jahrh.) auf 10 000 Mk. Für eine fran-
zösische Marmor -Pendule, Anfang des 19. Jahrh. (Nr. 155), gab
man 10 500, für einen französischen Gobelin des 17. Jahrh. (Nr. 202)
26C00 Mk., für eine französische Verdure der gleichen Epoche
(Nr. 203) 20 000 Mk. Ein holländischer Dudelsackpfeifer in Silber,
Mitte 18. Jahrh. (Nr. 250), erzielte 10 000 Mk., ein Straßburger
Tafelaufsatz aus Fayence, Werkstatt Hannong (Nr. 464), 36C0 Mk.,
ein Paar holländische Löwen aus Fayence (Nr. 522) 4300 Mk., ein
Paar farbig bemalte Delftschüsseln um 1700 (Nr. 540) 2800 Mk.,
eine sehr große Hülser Schüssel, datiert 1706 (Nr. 579), 6000 Mk.
Unter den älteren und neueren Bildern brachten: Nr. 717, Joachim
Beuckelaer, Ktichenstück mit Figuren, 5100 Mk.; Nr. 757, F. J
D. Boulanger (Gent 1819—1873), Vlämische Stadtansicht, 8500 Mk.;
Nr. 758, Max Clarenbach, Vorfrühling, 7000 M.; Nr. 760,
Henri Decoene (Flandern 1798—1866), „In der Schenke“, 7000 Mk.;
Nr. 762, Adolf Alexander Dillens (Gent 1821 — 1877), „Der
Brautwagen“, 18 000 Mk. (siehe Reproduktion im „Kunstwanderer“,
2. Oktoberheft); Nr. 779, Waldlandschaft mit Hirschen, von Christian
Krön er, erreichte 23 000 Mk.; Nr. 784, „Mädchen, ein Gemälde
betrachtend, von Gabriel Max, 35 000 Mk.

London.

Die Versteigerung der historischen Porträts und alten Meister
aus Schloß Wentworth drehte sich bei Christ ie’s, wie uns
berichtet wird, hauptsächlich um den „Heiligen Eustachius“ von
Carpaccio. Über hundert Jahre wurde es im Bilderkatalog
des Schlosses als das „Bildnis eines Ritters“ von Dürer auf-
geführt. Für £ 33 600.— erwarb Herr Sulley das wundervolle
Gemälde, nachdem er bereits im Jahre 1911 eine „Pieta“ des
gleichen Meisters gekauft hatte. Andere Gemälde, die den Be-
sitzer wechselten, waren: Reynold’s Lady Ann Campbell,

Countess of Strafford“ £ 1680.— (Sulley); Rubens’ „Cavalier“
£ 1575.— (Pawsey & Payne); Gawen Hamilton des Älteren „Lord
Strafford und Familie“ £ 336.— (Colnaghi & Obach).

*

Die von Sotheby’s für den 28. November angesetzte
Versteigerung seltener Werke aus der Britwell Court Bibliothek
ist bis zum 16. Dezember verschoben worden. Am Tage vor-
her werden alt - englische Liederbücher aus der Zeit Königin
Elisabeths und König Jakobs zum Verkauf gelangen. Darunter
befindet sich das einzige Exemplar der ersten Ausgabe (1662)
des „Cantus, Songs & and Fancies“ von John Forbes, Aberdeen,
gedruckt; von der zweiten Ausgabe v. J. 1666 sind nur noch zwei
Exemplare bekannt. Unter den anderen Liedersammlungen wird
auch eine von Thomas Ravenscroft aufgeführt, dessen „Pammelia,
Musicks Miscellanie“ v. J. 1609 die erste gedruckte Zusammen-
stellung von Liedern in England war.

*

Bei der Sasson-Versteigerung, die bei Christie’s statt-
fand, waren zwei Gobelins besonders begehrt. Der eine Gobelin
(nach Boucher’s „Schaukel“) wurde, wie unser Korrespondent
meldet, zu £ 7 700. - von Talbot angekauft, während der andere
(nach einem Audran-Motiv) von derselben Firma mit £ 4410.—
erworben wurde. Die Pariser Kunsthändler kämpften in dieser
Auktion besonders um französische Möbel des 18. Jahrhunderts.
M. Founös gab für ein Sopha und sechs Stühle (mit Beauvais

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