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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

DOI Heft:
1. Novemberheft
DOI Artikel:
Bogeng, Gustav A. E.: Betrachtungen zur Buchkunstbewegung der Gegenwart, [1]: Buchkunst und Liebhaberausgabe
DOI Artikel:
Kunstauktionen / Aus der Museums- und Sammlerwelt / Kunstausstellungen / Kostbare Autographen / Aus der Kunstwelt Italiens / Aus dem Pariser Kunstleben / Schweizerische Kunstchronik / Neuerscheinungen des Büchermarktes
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0106

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^üte, die ähnlich auch weiteren Ansprüchen an die
Gebrauchsform des Buches Genüge leisten konnten, an
seine Aufbewahrung und Dauerhaftigkeit, an seine Be-
nutzung und Handhabung. Allerdings war damit das
technische Buchproblem nicht erschöpft. Weder er-
streckten sich die Anstrengungen, schöne Bücher zu
schaffen, auf die Prüfung der Frage, ob die Buchform
nicht Erweiterungen und Umwandlungen zu ihrer besseren
Zweckerfüllung brauche, also auf eine Verfeinerung der
Buchgestaltung überhaupt, wie sie durchaus dem Sinne
der Morris-Theorie entspricht, noch unternahmen sie es,
was ebenfalls in der Konsequenz des von Morris neu
angebahnten Gedankenganges gelegen hätte, die typo-
graphischen Ausdruckmittel zu erschöpfen, indem sie
nicht bloß aus Gründen der äußeren Satzschönheit, son-
dern aus solchen der besten Werkwiedergabe durch eine
Druckschrift alles benutzten, was bereits die Druckerei
an Hilfsmitteln bot, um eine geistige oder künstlerische
Schöpfung so vervollkommen als nur möglich in die
Buchdruckform aufzunehmen. Absichten dieser Art ver-
folgte, freilich auf anderen als den nach den Regeln der
Buchästhetik von Morris abgesteckten Wegen der Pariser
Pelletan in seinen Liebhaberausgaben, in denen das
psychologische Problem des schönen und, wie sich nach
der angedeuteten erweiterten Problemstellung wohl sagen
läßt, des vollkommenen Buches Lösungen suchte.
Auch er ging von der Grundlage des Schriftwerkes, des
Trägers des Werkes, als des Vermittlers geistiger und
künstlerischer Werte durch die Buchform aus wie der
Engländer. Während aber dieser auf ihr seine Buch-
bauten in bester Arbeit und in besten Stoffen ausführte
und dabei den schönsten Gebrauchsgegenstand durch

dessen beste Zweckerfüllung (soweit er sich um sie be-
mühte) zu erreichen strebte, mühte sich Pelletan um die
Musik des Buches. Ein Vergleich, der wie jeder Ver-
gleich nicht vollkommen zutrifft, aber am ehesten kurz
die Absichten des Pariser Verlegers kennzeichnen wird.
Druckfarbe, Druckstoff, Druckschrift sollten ganz und
gar mit der Seele des Werkes, dem sie die Buchform
gaben, zusammenklingen, die Buchgröße, der Buchschmuck,
alles sollte ein einheitliches Kunstwerk werden, das die
Grundstimmung des Werkes erfaßbar machte und aus
ihr erfaßbar würde. So kam zwar auch noch viel artis-
tisches Raffinement in die von der graphischen tech-
nischen Virtuosität vervollkommneten, von der Typogra-
phie aber oft im Stiche gelassenen Ausgaben Pelletans,
zumal sie die Form der französischen Luxusedition
wahrten. Aber sie strebten doch durch ihre Absicht
etwas zu erreichen, was in einem höheren Sinne Buch-
kunst ist als die beste Buchdruckarbeit, die es allerdings
zur ersten notwendigen Voraussetzung hat. Freilich, in-
wieweit es überhaupt eine Buchkunst geben kann, die
nachschöpferisch ein Schriftwerk als die vollkommenste
Gedankenwerkgestaltung entstehen läßt, hängt auch
von dem Urheber des Gedankenwerkes ab. Doch
sollte hier nur von Buchkunstzielen die Rede sein,
nicht aber von den Buchkunstgrenzen, wobei unter
Buchkunst die Herstellung vollkommener Schrift-
vervielfältigungen durch eine Druckwiedergabe in
Buchform verstanden wird, wobei weiterhin dem Bild als
Ausdrucksmittel eines Werkes der gleiche Rang wie
dem Wort zugestanden werden soll, wenn auch seine
Bedeutung sich im allgemeinen auf die des Buch-
schmucks beschränkt.

Lovis Corinth:
Rittner als Florian Geyer.

Aus dem Kat. der Galerie
Ernst Arnold, Dresden.

(Mit Genehmigung von Fritz Gurlitt-Berlin.)

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