Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

DOI Heft:
2. Januarheft
DOI Artikel:
Friedländer, Max J.: Markus Kappel und seine Galerie
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0203

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Jahrgang iPqo

Herausgebern i\do!pfl DOHütfl

2. Januarheft-

Jvlarkus Kappet und feine Qateüie

oon

Max 7. ftuedländet?

jVAitten in der schweren Krisis, die das deutsche
Wirtschaftsleben im allgemeinen und den deutschen
Kunstbesitz, soweit er sich in Privathänden befindet, im
besonderen bedroht, wirkt die Nachricht von dem Hin-
scheiden des Herrn Markus Kappel umso schmerzlicher.
War dieser Sammler doch einer von den ganz wenigen,
an die der besorgte Kunstfreund mit Stolz und Vertrauen
dachte, wenn ihn die allgemeine Zersetzung und Auflösung
beunruhigte, die während des Krieges und in der auf
den Krieg folgenden Zeit den privaten Kunstbesitz in
Berlin ergriffen hat.

Markus Kappel stammte aus Köln. Merkwürdig
spät hat er seine Liebe zur Kunst entdeckt. Nach
energischer und erfolgreicher Geschäftstätigkeit hat er
seiner Altersmuße mit der Sammelpassion einen Inhalt
gegeben und seinen Lebensabend dadurch veredelt.
Zwischen seinem 60. und 80. Lebensjahr hat er mit
wachsendem Verständnis Gemälde, Zeichnungen und
Porträtminiaturen erworben. Obwohl völlig unvorbereitet
zu solcher Liebhaberei, fand er mit kluger Entschlossen-
heit den rechten Weg zur Höhe. Liebe zur Sache
und ein gesunder Geschmack mischten sich in seiner
Art mit Vertrauen zu Wilhelm Bodes Autorität, der er
in Verehrung, wenn auch keineswegs in blinder Unter-
würfigkeit, folgte. Er verstand vorsichtig zu wägen, zu
warten und zu verzichten, wußte aber auch entschlossen
zuzugreifen. Sein Verhältnis zu dem Erworbenen war
eine dauernde, treue Anteilnehmung, die allmählich zu
verstehender Verehrung und gefühlsmäßiger Kennerschaft
erwuchs.

Das Ergebnis dieser Sammeltätigkeit, das vielen
Kunstfreunden mitzugenießen vergönnt war, ist sehr be-
trächtlich. Die stattliche Reihe der Meisterwerke, nament-
lich aus dem Gebiet der holländischen Kunst des 17. Jahr-
hunderts, hat kaum ihresgleichen in irgend einem deutschen
Privathaus. Der Blick des Sammlers für das Große und
Wesentliche zeigt sich darin, daß Rembrandt am reichsten
vertreten ist, nämlich mit sieben Gemälden und mehr
als einem Dutzend Zeichnungen. Die Gemälde stammen
sämtlich aus der freien, mittleren oder späteren Zeit des
Meisters, und dabei sind so eindrucksvolle Hauptwerke
wie die edele Komposition: Christus und die Samariterin
am Brunnen und das letzte Selbstbildnis, das wir von
Rembrandt besitzen. Frans Hals ist mit zwei Bildnissen
repräsentiert, Jan Steen mit drei Bildern, die verschieden
von einander, eine reiche Anschauung von diesem be-
weglichen Talent bieten, Terborch mit einer vornehmen
Gesellschaftsgruppe von höchster Feinheit der Durch-
bildung. Von Jacob Ruisdael sind drei ausgezeichnete
Schöpfungen vorhanden. Ungewöhnlich gute Beispiele
von der Kunst Adrians Ostades, Paul Potters, Jan van
de Capelles und Jan van der Heydens runden das Ge-
samtbild der reifen holländischen Malkunst aufs glück-
lichste ab. Aus der Sammlung Albert v. Oppenheims
erwarb Kappel das monumentale Stück mit dem Schnee-
treiben und den großen Hobbema, der vielleicht an erster
Stelle unter den wenigen in Deutschland bewahrten
Werken dieses Meisters steht.

Einige Arbeiten vlämischer Meister, dabei ein höchst
individuelles Frauenporträt von Rubens, wurden den

199
 
Annotationen