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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1./2. Juliheft
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Darmstaedter, Ludwig; Schuster, Julius: Die Dokumenten-Sammlung Darmstaedter der Preußischen Staatsbibliothek: Ihre Bedeutung für die Geschichte der Kunst und Wissenschaft
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Bogeng, Gustav A. E.: Betrachtungen zur Buchkunstbewegung der Gegenwart, [4]: die französische Liebhaberusgabe
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0425

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Schichten dem Geologen die Entwicklung der Erde, so
zeigen sie die geistige Struktur auf primärer Lagerstätte.
Oft spiegeln sie die Gedanken wieder, die dem Genie
bei der ersten Konzeption vorschwebten, und liefern so,
wie für die Geschichte, so auch für die Psychologie
empirisches Material. Besonders für Erkenntnis und
Verständnis des künstlerischen Schaffens ergibt sich
hieraus oft unschätzbarer Gewinn.

Zum Sammeln handschriftlicher und entsprechender
Dokumente gehört, wie schon Goethe 1820 an den Buch-
händler Weigel schrieb, „ein frischer jugendlicher Trieb
und gute Gelegenheit“. Um eine solche Sammlung zu
erweitern, bedarf es nicht allein der stetigen Energie des
Sammlers. Eine derartige Sammlung zur Entwicklungs-
geschichte des menschlichen Geistes kann nur durch

das Zusammenwirken vieler Kräfte erreicht werden. Wie
die Dokumenten-Sammlung diese Unterstützung bei den
Staatsbehörden, deren tiefes Verständnis für diese Ziele
wir hier dankbar hervorheben müssen, gefunden hat;
wie ihr durch die Liberalität vor allem des Kultus-
ministeriums, ferner des Ministeriums der öffentlichen
Arbeiten, der Universitäten, zahlreicher Institute und pri-
vater Personen vielfach tatkräftige Förderung zu teil
wurde: so wird in Zukunft, wie wir hoffen, ein
jeder, der für die Sammlung geeignete Dokumente
besitzt, sich eine Pflicht daraus machen, die Zeugnisse
des menschlichen Geistes der Sammlung zu überweisen
und dazu beizutragen, daß an dem zusammengebrachten
geistigen Material neuer Geist sich wieder entzünden
kann.

Hals-Sonnenuhr mit Mond-
kalender. Außenseite. Von
Christoph Schiffler, Augsburg
1565, gearbeitet für Ursula
Weichs, geb. Nothaft von
Wernberg.

Aus dem Buche: „Uhren“ von
E. von Bassermann-Jordan
Richard Carl Schmidt & Co.
Berlin.

Betrachtungen zuv Bucbkunlfbeioegung der Gegenwart

III. Die franko (ifcbe Uebbabeüausgabe

oon

CL A. 6* Bogeng

Auch die Buchkunstbestrebungen des neunzehnten
Jahrhunderts, soweit sie schon als solche sich
geltend machen wollten, sind wie das Kunstgewerbe
historisierend gewesen, ein aesthetischer Eklektizismus,
der unabhängig von seinen notwendigen technischen
Voraussetzungen blieb. Gerade aus solchen Mißver-
ständnissen sind die Maschinennachahmungen der Hand-
arbeit entstanden und der Empfindungsmangel für Stoff-
verfälschungen, die lange auch im Buchgewerbe ihre
hemmende Wirkungen ausüben mußten, bis dann die
englische Buchkunstbewegung, die natürlich nicht ohne
jede Verbindung mit der Vergangenheit möglich wurde,
die Erkenntnis einer organischen Werkgestaltung brachte
und mit ihr den Sinn für die Bedingungen der Technik
der Buchgestaltung soweit neubelebte, daß nun an Stelle
von Nachahmung und Nachbildung die künstlerische
Neuschöpfung den ihr gebührenden Platz gewinnen konnte.

ln Frankreich war weit mehr als in anderen Ländern die
Tradition einer freien Entfaltung frischer buchgewerb-
licher Kräfte hinderlich, obschon sie auch kein zu ver-
achtendes Gegengewicht gegen den Sinn für Veränder-
lichkeit war, den man vielleicht nicht unzutreffend als
kennzeichnend für das Wesen der französischen Kunst
bezeichnet hat. Aber die Autorität nicht allein der
klassischen französischen Kunst sondern der klassischen
Epochen überhaupt bestimmte alles. Man wollte nichts
besser machen, die Muster nicht übertreffen, weil man
sie ja für unübertrefflich hielt, was sie in ihrer Sonder-
art auch sein mochten. Und deshalb nahm man die
geheiligten großen Vorbilder so wie sie waren und so-
weit das ging, immer mit, ängstlich bemüht, ihre Ge-
schmacksregeln nicht zu verletzen. Das ist der franzö-
sischen Einbandkunst und der französischen Buchgraphik
sehr zu gute gekommen, weil hier technische Höchst-

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