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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Dezemberheft
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Die Verordnung über die Ausfuhr von Kunstwerken
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0170

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Die Oeeoednung übet? die Ausfuhr von Kunfftüet’ken

|m Deutschen Reichsanzeiger vom 12. De-
zember, abends, wurde auf Grund des Gesetzes über
eine vereinfachte Form der Gesetzgebung für die Zwecke
der Übergangswirtschaft vom 17. April 1919 (Reichsgesetz-
blatt Seite 394) unter Zustimmung des Reichsrats und
der Kommission der Nationalversammlung folgende vom
11. Dezember 1919 datierte Verordnung über die Ausfuhr
von Kunstwerken publiziert:

§ 1.

Die Ausfuhr eines Kunstwerks bedarf der Ge-
nehmigung, sobald es in das Verzeichnis der Werke
eingetragen ist, deren Verbringung in das Ausland einen
wesentlichen Verlust für den nationalen Kunstbesitz be-
deuten würde.

§ 2.

Das Verzeichnis wird vom Reichsminister des Innern
geführt und die Eintragung den Beteiligten bekanntgegeben.

Die Eintragung muß erfolgen, wenn eine Landes-
zentralbehörde sie verlangt.

§ 3’

Über die Genehmigung zur Ausfuhr entscheidet der
Reichskommissar für Aus- und Einfuhrbewilligung.

Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn ein
vom Reichsminister des Innern zu ernennender Ausschuß
ihr zustimmt. Der Ausschuß besteht aus drei Mitgliedern,
von denen eins auf Vorschlag des Reichsbankdirektoriums,
ein weiteres aus den Kreisen der Kunstsachverständigen
auf Vorschlag der Landeszentralbehörde, in deren Gebiet
sich das Kunstwerk bei Inkrafttreten dieser Verordnung
befindet, ernannt wird.

Der Ausschuß darf seine Zustimmung nur erteilen,
wenn der materielle Gewinn des Reichs den Verlust des
Kunstwerks rechtfertigt.

§ 4.

Die Genehmigung kann an Bedingungen geknüpft
werden. Auf Antrag der Reichsbank ist sie an die Be-
dingung zu knüpfen, daß der Kaufpreis in ausländischer
Valuta berichtigt und der Reichsbank das durch den
Verkauf entstandene ausländische Guthaben zwecks Ver-
wertung zur Verfügung gestellt wird.

§ 5-

Der Reichsminister des Innern ist ermächtigt, zur
Aufstellung des Verzeichnisses und zur sonstigen Durch-
führung dieser Verordnung Bestimmungen über die Be-
sichtigung von Kunstwerken sowie über Besitz- und
Ortsveränderungen eingetragener Werke zu erlassen.

§ 6.

Wer es unternimmt, ein eingetragenes Kunstwerk
ohne Genehmigung auszuführen oder den auf Grund des
§ 4 gestellten Bedingungen entgegenzuhandeln, wird mit
Gefängnis und mit Geldstrafe bis zur dreifachen Höhe
des Wertes des Kunstwerkes, auf das sich die strafbare
Handlung bezieht, oder mit einer dieser Strafen bestraft.
Neben der Strafe kann auf Einziehung des Kunstwerkes
erkannt werden, ohne Unterschied, ob es dem Täter
gehört oder nicht. Ist die Verfolgung oder die Verur-
teilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so
kann auf die Einziehung selbständig erkannt werden.

Zuwiderhandlungen gegen die auf Grund des § 5
erlassenen Bestimmungen werden mit Geldstrafe bis zu
fünfzigtausend Mark oder mit Haft bestraft.

§ 7.

Die Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündung
in Kraft und gilt bis zum Inkrafttreten eines Reichsgesetzes
auf Grund des Artikel 150 Abs. 2 der Reichsverfassung,
längstens bis zum 31. Dezember 1925.

Die Ausfübüungsbeflimmungen
zu Paragraph 5 dieser Verordnung lauten:

§ 1.

Die Eintragung eines Gegenstandes in das Verzeichnis
der national wertvollen Kunstwerke erfolgt auf Vorschlag
oder nach Anhörung der Regierung des Landes, in dem
sich das Kunstwerk befindet. Mit der Eintragung wird
die Ausfuhrbeschränkung wirksam. Sie ist den Beteiligten
unverzüglich mitzuteilen Die Mitteilung soll in der Regel
durch eingeschriebenen Brief erfolgen.

Eine Beschwerde gegen die Eintragung findet
nicht statt.

§ 2.

Die Regierungen der Länder betrauen von Amts
wegen oder auf Ersuchen des Reichsministeriums des
Innern Sachverständige mit der Ermittlung und Prüfung
der für eine Eintragung in Betracht kommenden Kunst-
werke. Dem Reichsministerium des Innern ist von dem
Ergebnis der Ermittlung und der Prüfung Mitteilung zu
machen. Sofern das Reichsministerium des Innern die
Ermittlung und Prüfung veranlaßt hat, trägt es die Kosten.

§ 3.

Jeder Besitzer von Kunstwerken hat sie den mit
einem Ausweis der Landeszentralbehörde versehenen
Sachverständigen auf Verlangen zu zeigen, die Prüfung
zu gestatten und die hierfür erforderlichen Auskünfte zu
erteilen.

§ 4.

Werden eingetragene Kunstwerke veräußert oder an
einen anderen Aufbewahrungsort verbracht oder geraten
sie in Verlust, so hat der bisherige Besitzer unverzüglich
dem Reichsministerium des Innern hiervon, gegebenen-
falls unter Angabe des neuen Besitzers und Aufbewahrungs-
orts, Mitteilung zu machen.

Zur Erstattung der Mitteilung ist neben dem alten
der neue Besitzer verpflichtet.

§ 5.

Wird die Erlaubnis zur Ausfuhr eines eingetragenen
Kunstwerkes nachgesucht, so hat der Besitzer das Kunst-
werk dem Prüfungsausschüsse des Reichsministeriums
des Innern (§ 3 der Verordnung) vorzuführen oder seine
Besichtigung an Ort und Stelle durch den Ausschuß oder
seine Beauftragten zu gestatten.

* *

*

Die Ut?facben den Üenondnung. — Die Aufs
nab me in den Samm len kneifen.

In unseren Sammlerkreisen ist die Verordnung über
die Ausfuhr von Kunstwerken mit gemischten Gefühlen
aufgenommen worden. Man ist allerdings der Ansicht,
daß nach der überstürzten Abwanderung hervorragendster
Kunstqualitäten, die bald nach der Revolution eingesetzt
hatte, Maßregeln notwendig wurden, um die für Deutsch-

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