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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1./2. Juliheft
DOI Artikel:
Singer, Hans Wolfgang: Ein neues Kunst-Mekka in Deutschland
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Meder, Carl: Erinnerungen an Max Klinger
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0420

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sorgfältige Behandlung besitzt, und der sie auch nur hin
und wieder beschaut oder einem Freunde persönlich zeigt.
Soll sie für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden,
so muß sie zunächst museumstechnisch, unter Beachtung
der weitgehendsten Schonungsmaßregeln, neu aufgestellt
werden. Das ist die heiligste Pflicht der betreffenden
Behörde, und ich hoffe, daß sie, wenn sie aus irgend

einem Grund hierzu nicht in der Lage sein sollte, dem
herrlichen Dornröschen weiterhin seinen Schlaf fromm
behütet, bis die Möglichkeit einer sachgemäßen Verwaltung
gegeben ist. Denn nach uns kommen auch noch Ge-
schlechter und wir dürfen mit dem höchsten Gut nicht
selbstsüchtig so umgehen, daß jenen nur die schriftliche
Überlieferung von all der Schönheit verbleibt.

Sumnecungen an Jvlax Klinget’

oon

Cavl fyiedev

„Der Kunstwanderer“ wandte sich an Carl Meder, den
Mitinhaber des Berliner Kunsthauses Amsler und Rut-
hardt und Verleger Max Klingers mit der Bitte, einiges
aus seinen Erinnerungen an den am 4. Juli im Alter von
63 Jahren verstorbenen Großmeister der modernen
deutschen Graphik niederzuschreiben. Meder stellt uns
nun den nachstehenden Artikel zur Verfügung.

Max Klinger war ein aufrichtiger Freund unseres
Hauses: wir werden ihm diese Freundschaft niemals
vergessen. Schon meinem Vater Albert Meder hatte er
sich anvertraut. Das war im Beginn der neunziger Jahre.
1894 erschien dann als erste unserer Klinger-Veröffent-
lichungen: Die Brahmsphantasie. Mein Onkel Louis
Meder, der nach dem Ableben meines Vaters alleiniger
Inhaber des Hauses wurde, festigte die Beziehungen zu
dem Künstler, die mein Vater angebahnt hatte, so stark,
daß sie sich immer freundschaftlicher gestalteten. Die
Briefe, die uns Klinger schrieb, häuften sich und er
schrieb uns von überall her, von allen seinen Reisen und
auch immer über sein Schaffen. Sein Briefwechsel
mit uns ist inzwischen ein stattlicher Band geworden:
es ist ein kostbarer Schatz, den wir sorgsam hüten. Der
Gedankenaustausch zwischen Künstler und Verleger wurde
aber noch reger, als sich Louis Meder in Groß-Jena an-
kaufte und der Nachbar des Meisters wurde.

Max Klinger hat sich in vielen geschäftlichen Fragen
die ihn betrafen, von uns beraten lassen. Wenn er es

wünschte, kamen wir nach Leipzig und er wünschte es
oft, sodaß unsere Besuche bei ihm sich mehrten, auch
nachdem Louis Meder 1910 sich nach Groß-Jena zurück-
gezogen hatte.

ln Leipzig also haben wir, ich und mein Kompagnon
Otto Meder, manche gute Flasche mit Klinger getrunken,
in seinem Heim selbst, oder bei Schäfer, der, sagen wir,
sein Stammlokal war. Klinger war ja im Grunde ge-
nommen sonst sehr zurückhaltend in seinem Wesen und
wir hörten oft ein Bedauern darüber, daß er nicht mit-
teilsam sei. Wir freilich haben das niemals bemerkt.
So oft wir beisammen saßen, sprachen wir von seiner
Kunst und selbstverständlich unterhielten wir uns auch
im allgemeinen über die Kunstbewegung an sich.
Klinger verurteilte die neuen Kunstrichtungen, ganz be-
sonders die Ultra-Modernen, unter denen er selbst
Kokoschka nicht anerkennen wollte. Aber gegen den
Menschen im Künstler ist er immer milde gewesen. Und
es war wirklich ein Zufall, wenn er aufbrauste. Ich erinnere
mich, daß wir einmal über Otto Greiner sprachen. Ich
hatte Greiner in Rom etwas abgekauft. Greiner schien
zufrieden. Als er aber kurz nachher in einer gewissen
Freude über das „Geschäft“ von seinem geliebten Weine
trank und dabei über die Schnur haute, war ich als
Kunstverleger und Kunsthändler der Zielpunkt seiner etwas

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