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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

DOI Heft:
1. Aprilheft
DOI Artikel:
Pazaurek, Gustav Edmund: Württembergische Glas- und Edelsteinschneider, [2]: eine Untersuchung
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0294

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Sine Untecfucbung (Fortsetzung*)
uon

öuftao 6. Pasauück

A ber wir besitzen doch auch ein, gewiß in Stuttgart ge-

schnittenesGlas mit festzustellendem Meisternamen.
Es ist dies jener Becher vom Jahre 1732, den das Öster-
reichische Museum fürKunst
und Industrie in Wien 1916
erwarb und der hier zum
ersten Male im Bilde vor-
geführt wird u. z. von drei
Seiten (Abb. 4, a, b, c)14).

Der ungeschliffene Fuß-
becher, der nur am Lippen-
rand eine Reihe von Perl-
Kugelungen aufweist, zeigt
uns eine der damals üb-
lichen allegorisch - emble-
matischen Darstellungen von
Glaube und Liebe bei Tag
und Nacht, Friedenstaube,
neben dem umwundenen
Obelisken, den die Wolken-
hand berührt, mit dem
Wappengreifen und den
Buchstaben B M M jenes
„Großvatters“ (Bernhard),
für den dieses Glas als
Namenstagsgeschenk be-
stimmt war. Auf einem
Steine links unter der Figur
des kirchlichen Glaubens
liest man die Künstlersig-
natur: „M. Hes fe“. — Da-
runter ist, da die uns be-
kannten Mitglieder der
Frankfurter Glasschneider-
familie Hess1’), nämlich
Johann Benedikt sen. und
jun., Sebastian und Peter,
nicht in Frage kommen, nur
der Stuttgarter Hofglas-
schneider Michael Hess
zu verstehen, der in den
Jahren 1732 bis 1739 nach-
weisbar ist. Am 6. Mai
(.Ostermontag) 1732 erscheint
er zum ersten Male als der
Sohn eines inzwischen ver-
storbenen „bürgerlichen Inwohners“ Johann Georg Hess
aus Gotha und reicht der in Stuttgart lebenden Tochter

*) Siehe „Der Kunst vv anderer“ 1./2. Mäizheft 1920.

14) Herrn Regierungsrat F. Ritter danke ich verbindlichst für
die drei Photographien dieses Glases, das in der Zeitschrift „Kunst
und Kunsthandwerk“ 1916 S. 208 erwähnt, aber nicht abgebildet
ist. — Den nicht zugehörigen Deckel, der einst auf einem viel
älteren, böhmischen Glase saß, hat man sich wegzudenken.

des verstorbenen kgl. preußischen Landbereiters Joh. Ludwig
Simson, Regina Margaretha vor dem Altar die Hand zum
Ehebunde. Die ersten Kinder dieser Ehe sind die Zwil-
linge Johann Friedrich und
Christoph Michael, die am
24. März 1733 unter Bei-
stand des Paten Malers
Johann Lorenz Heß getauft
werden; schon einen Tag
später wird das zweite
dieser Kinder auf dem
unteren Spital-Kirchhof be-
graben. Auch der am

з. März 1734 getaufte Sohn
Friedrich Christoph folgt
bereits am 14. Juli 1737,
desgleichen die am 15. April
1736 getaufte Tochter Re-
gina Elisabetha am 6. Juni
1739. Zwei weitere Kinder
sind Maria Louisa, getauft
am 3. Februar 1738, und
Friedrich Michael, am 22. Juli
1739, der aber bereits als
nachgeboren bezeichnet
wird. Inzwischen war näm-
lich bereits der Vater Michael
Heß (auch einmal, wohl irr-
tümlich, Melchior genannt),
der in den beiden letzten
Fällen nicht nur als Hofglas-
schneider, sondern als
„Hoff- Stein- und glaß-
schneider“ bezeichnet wird,
im jugendlichen Alter von
39 Jahren, 11 Monaten und
15 Tagen am 12. April 1739
in Stuttgart gestorben und
fünf Tage später ebenfalls
auf dem unteren Spital-
Kirchhof beerdigt worden,

и. z. wie alle seine Kinder
bei Nacht, woraus auf seine
Zugehörigkeit zur katho-
lischen Kirche geschlossen
werden kann. Da diese auch

in seiner thüringischen Heimat nicht die vorherrschende
war, wird wohl seine Familie, ebenso wie ihre Frankfurter

15) Robert Schmidt: Das Glas (Berlin 1912) S. 243 nach H. S.
Hüsgen: Nachrichten von Frankfurter Künstlern und Kunst-Sachen,
1780. — Auch stilistisch besteht keine Verwandschaft mit dem
einzigen, mir bisher bekannten, voll bezeichneten Frankfurter Hess-
Glas, wie mit den anderen Arbeiten, die ihnen Schmidt mit Recht
zuteilt.

Abb. 4 a.

Glasbecher von Michael Hess, Hofglasschneider in Stuttgart, 1732.

Wien. Oesterreichisches Museum für Kunst und Industrie.

(Deckel nicht zugehörig).

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