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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Februarheft
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Cartellieri, Otto: Vergessene Heidelberger Maler der Romantik
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0227

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Deegeffene (ieidelbeegee Jvtatct? dcc Romantik

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Otto Cat’tclUct’t

Romantik - ein vieldeutiger, vielgedeuteter Begriff!

Kaum geht es an, das schillernde Gebilde in eine
Formel zu fassen. Wie verschieden sind doch die Dichter,
die auf der Suche nach der geheimnisvollen „blauen
Blume-' waren, wie verschieden schon der Kreis, der
sich in Jena, dann in Heidelberg, endlich in Berlin
bildet! Und die gleiche Beobachtung, die wir machen,
wenn wir an die Hölderlin, Tieck, Schlegel, Arnim,
Brentano, Görres, Eichendorf denken, stellt sich auch
ein, wenn wir die bildenden Künstler betrachten, die
im Neckartale zu der Zeit wirkten, da sich dort die
„Tafelrunde der Patrioten“ zusammenfand. Auch hier
welche Fülle der Talente, des Wollens, der Wege!

Abb. 2.

Wilhelm Fries, der stets hinter seinen berühmteren
Brüdern Ernst und Bernhard verschwand, überrascht
durch seine zeichnerische Klarheit und sein feines Ab-
wägen der Farbenwerte. Er bringt die Romantik durch seine
koloristischen Fähigkeiten ins Bild, ähnlich wie G. Ph.
Schmitt, mit dem wir uns weiter unten noch genauer
zu befassen haben. Sein „Schwansee“ (Abb. 2) und
besonders „Die Waldkapelle“ mit dem wundervollen
Grün, das uns die jetzige „Nachlese Heidelberger Maler
der Romantik“ noch bescheert hat, sind beredte Zeugen
seines Talentes!

Da sind auch Friedrich Müller, genannt Maler-
Müller, V e r h a s , der Hochbegabte, aber Allzurasche,

Abb. 5

Diese Künstler, Maler und Zeichner konnte man
vortrefflich studieren in der prächtigen „Ausstellung
Heidelberger Maler der Romantik“, die Karl Lohmeyer
im Sommer in dem stattlichen Patrizierhause der
Städtischen Sammlungen veranstaltete und der er jetzt
eine Nachlese folgen läßt. Wohlbekannte und vertraute,
ja berühmte Namen traf man da an, aber auch unbe-
kanntere, verschollene, ja gänzlich neue!

Da sind die fleißigen Veduten der Schweizer Gruppe,
aus der sich Strüdt heraushebt, weil er als erster
das Landschaftsbild als Ganzes
erfaßt und die Weite der
Rheinebene ins Bild einbezieht.

Wir bringen seinen „Blick auf
Schloß und Ebene vom Wolfs-
brunnenweg“ (Abb. 1).

Da ist der alte Universitäts-
zeichenmeister Rottmann und
sein berühmter Sohn Karl, dessen
flammende Farbenpracht sich in
Griechenland und der römischen
Campagne ganz auswirken sollte;

Vater und Sohn K o b e 11, Karl
Fohr, der allzufrüh Dahinge-
schiedene, und sein Bruder
Daniel, der Hyperromantiker;

Graf Graimberg, der „Schutzheilige“ des Heidel-
berger Schloßes, Rahl, Fahrbach, Schirmer,
Goetzenberger, Lukas, Roux — eine bunte Reihe!

Von den beiden Restauratoren der Boisseree’schen
Sammlung, Koester und Schlesinger, erfreut
besonders Letzterer durch seine trefflichen Porträte. An

Strenge der Linie und Reinheit der Farben hat er Gutes
von den altdeutschen Meistern gelernt. Prächtig wirkt
das Bildnis seiner Gattin (Abb. 3).

Auch die Gruppe der Engländer Turner, Wallis,

Donny und Bartl ett tritt
uns entgegen, die jene zer-
fließende Ossianstimmung mit-
brachten, welche so großen Ein-
fluß auf die junge Heidelberger
Malerkolonie ausübte.

Kein Künstlerlexikon nennt
uns den Namen Baumgärtner.
Er war ein weinfroher Bohemien,
dem nur die bittere Not den Stift
in dieHand drückte. Dann schuf er
aber vorzügliche, treffsichere Feder-
zeichnungen und Bleistiftstudien,
so von braven Bürgern beim
Morgenschoppen, von Heidelber-
ger Professoren und Studenten.

Abb. 6

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