Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 1.1919/20
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0228
DOI Heft:
1. Februarheft
DOI Artikel:Cartellieri, Otto: Vergessene Heidelberger Maler der Romantik
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Auch die Künstler aus
dem Stift Neuburg-Kreise
treffen wir an: die Nazarener
Overbeck, Veit, Führich
und Steinle, welch Letzterer
die stärkste Originalität unter
ihnen ist.
Wie wundervoll hebt
sich aus ihnen heraus Georg
Philipp Schmitt (1803-1873)!
Romantisch im besten Sinne
des Wortes sind seine Bilder
durch die überwältigende
Leuchtkraft und Feinheit
seiner Farbe und die Innig-
keit der Auffassung. Schon
dadurch sind seine biblischen
Vorwürfe uns nahegerückt,
daß er sie aus heimischer
Landschaft herauswachsen
läßt. Ich denke da im be-
sonderen an die „Anbetung
der heiligen drei Könige“,
eine tonlich ganz anspruchs-
lose, sparsam mit Gold und
Blau gehöhte Sepiazeichnung,
die so ganz Schlichtheit, so
ganz versunkene Andacht ist,
wie wir sie bei den Primi-
tiven treffen. Aus dieser Quelle, die damals reich und
voller Anregungen floß, schöpften die Romantiker mit
Vorliebe und mit Glück. Im Jahre 1810 kamen ja die
Brüder Melchior und Sulpiz Boisseree mit ihrer Samm-
lung altdeutscher Meister nach Heidelberg, und selbst
Goethe steht ergriffen und begeistert vor der Schönheit
dieser neuerschlossenen Welt. In antikisierender Art
malt Schmitt das Bildnis seines Vaters (Abb. 7). Im
Porträt erreicht Schmitt eine seltene Höhe durch seine
prachtvolle Charakterisierungsgabe. Das Allerhöchste
aber schenkt er uns in seinen Landschaften, die er leider
in späteren Jahren ganz vernachläßigt, wohl infolge der
gäbe seines Heimatortes
„Wolfstein in der Pfalz“
(Abb. 4) einschlug! Mit wahr-
haft Rilke’scher Feinfühligkeit
erfaßt er hier die „Seele“ der
Landschaft, die die kommende
Abendruhe wie ein Geschenk
entgegennimmt. Wie sich
das Lila der schwebenden
Dämmerschatten mit dem
schmelzenden Wiesengrün
vermählt! Böcklin’s strenger
Ernst ist in den hoch-
stämmigen Pappeln, die
hütend vor der kleinen Ort-
schaft stehen. Mit klassischer
Anmut schreitet das Bauern-
mädchen dahin.
Aus der Reihe seiner
Meisterwerke möchte ich noch
das „Elisabethenthor“ her-
vorheben. Hier ist es nicht
die abgeklärte Feierlichkeit
des „Wolfstein“, die uns ge-
fangen nimmt, sondern strö-
mendes, lichterfülltes Leben!
Wie ein Meer wogt die
saftige grüne Blätterwildnis
des üppigen Schloßparks um
den schönen, kräftigen Barockbogen. Man könnte am
ehesten an Trübner denken, wollte man auch hier wieder
Parallelen ziehen.
Eine große Zahl feiner kleiner Aquarelle, deren
Stimmungsgehalt hier garnicht zu erschöpfen ist, sowie
Stilleben: köstlich aus schwarzem Grunde hervorleuchtende
Blütenzweige, beschließen einen Überblick, den die
Städtischen Sammlungen uns über das Schaffen dieses
selten reichen und ganz unbegreiflicherweise vergessenen
Heidelberger Meisters gegeben hat.
Sein Sohn Guido, der heute noch mit jugendlicher
Kraft Schaffende, reiht sich dem Vater würdig an, mit
Abb. 7
Abb. 1
Cornelius-Schule, die ihn auf die Bahn der Nazarener
wies. Was hätte er uns noch bringen können, wenn er
den Weg weitergegangen wäre, den er in der Wieder-
Abb 4
Landschaften und Porträten. Auch Georg Philipps
Bruder Franz erfreut durch prächtige Stilleben.
Ganz eigenartig und abgelöst steht Georg Wilhelm
224
dem Stift Neuburg-Kreise
treffen wir an: die Nazarener
Overbeck, Veit, Führich
und Steinle, welch Letzterer
die stärkste Originalität unter
ihnen ist.
Wie wundervoll hebt
sich aus ihnen heraus Georg
Philipp Schmitt (1803-1873)!
Romantisch im besten Sinne
des Wortes sind seine Bilder
durch die überwältigende
Leuchtkraft und Feinheit
seiner Farbe und die Innig-
keit der Auffassung. Schon
dadurch sind seine biblischen
Vorwürfe uns nahegerückt,
daß er sie aus heimischer
Landschaft herauswachsen
läßt. Ich denke da im be-
sonderen an die „Anbetung
der heiligen drei Könige“,
eine tonlich ganz anspruchs-
lose, sparsam mit Gold und
Blau gehöhte Sepiazeichnung,
die so ganz Schlichtheit, so
ganz versunkene Andacht ist,
wie wir sie bei den Primi-
tiven treffen. Aus dieser Quelle, die damals reich und
voller Anregungen floß, schöpften die Romantiker mit
Vorliebe und mit Glück. Im Jahre 1810 kamen ja die
Brüder Melchior und Sulpiz Boisseree mit ihrer Samm-
lung altdeutscher Meister nach Heidelberg, und selbst
Goethe steht ergriffen und begeistert vor der Schönheit
dieser neuerschlossenen Welt. In antikisierender Art
malt Schmitt das Bildnis seines Vaters (Abb. 7). Im
Porträt erreicht Schmitt eine seltene Höhe durch seine
prachtvolle Charakterisierungsgabe. Das Allerhöchste
aber schenkt er uns in seinen Landschaften, die er leider
in späteren Jahren ganz vernachläßigt, wohl infolge der
gäbe seines Heimatortes
„Wolfstein in der Pfalz“
(Abb. 4) einschlug! Mit wahr-
haft Rilke’scher Feinfühligkeit
erfaßt er hier die „Seele“ der
Landschaft, die die kommende
Abendruhe wie ein Geschenk
entgegennimmt. Wie sich
das Lila der schwebenden
Dämmerschatten mit dem
schmelzenden Wiesengrün
vermählt! Böcklin’s strenger
Ernst ist in den hoch-
stämmigen Pappeln, die
hütend vor der kleinen Ort-
schaft stehen. Mit klassischer
Anmut schreitet das Bauern-
mädchen dahin.
Aus der Reihe seiner
Meisterwerke möchte ich noch
das „Elisabethenthor“ her-
vorheben. Hier ist es nicht
die abgeklärte Feierlichkeit
des „Wolfstein“, die uns ge-
fangen nimmt, sondern strö-
mendes, lichterfülltes Leben!
Wie ein Meer wogt die
saftige grüne Blätterwildnis
des üppigen Schloßparks um
den schönen, kräftigen Barockbogen. Man könnte am
ehesten an Trübner denken, wollte man auch hier wieder
Parallelen ziehen.
Eine große Zahl feiner kleiner Aquarelle, deren
Stimmungsgehalt hier garnicht zu erschöpfen ist, sowie
Stilleben: köstlich aus schwarzem Grunde hervorleuchtende
Blütenzweige, beschließen einen Überblick, den die
Städtischen Sammlungen uns über das Schaffen dieses
selten reichen und ganz unbegreiflicherweise vergessenen
Heidelberger Meisters gegeben hat.
Sein Sohn Guido, der heute noch mit jugendlicher
Kraft Schaffende, reiht sich dem Vater würdig an, mit
Abb. 7
Abb. 1
Cornelius-Schule, die ihn auf die Bahn der Nazarener
wies. Was hätte er uns noch bringen können, wenn er
den Weg weitergegangen wäre, den er in der Wieder-
Abb 4
Landschaften und Porträten. Auch Georg Philipps
Bruder Franz erfreut durch prächtige Stilleben.
Ganz eigenartig und abgelöst steht Georg Wilhelm
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