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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

DOI Heft:
1./2. Märzheft
DOI Artikel:
Schuchhardt, Carl: Echte und falsche Merowingische Goldsachen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0279

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Gellte und falfebe jYlet?ouxngtfcf)e Qo(dfaeben

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Seit Jahren wird der Kunsthandel beunruhigt durch sehr
schöne Goldsachen, besonders Rundscheibenfibeln
in frühgermanischem Stile, die durch ihre Pracht und
Erhaltung Verdacht erwecken, aber so getreu in alter
Technik hergestellt sind, daß es meist schwer ist, zu
einem bestimmten Urteil über sie zu gelangen. In der
rheinischen Sammlung Queckenberg, die vor einigen
Jahren die Öffentlichkeit beschäftigt hat,
fand sich eine Anzahl solcher Stücke
eingeschoben in zweifellose Grabfunde
der merowingischen Zeit aus der Um-
gegend von Trier. Die meisten davon
sind in die Sammlung Geyr von
Schweppenburg übergegangen, haben
dort eine starke Vermehrung erfahren
und sind im November vorigen Jahres
in Köln versteigert worden. Der schöne
Auktionskatalog von Lempertz, der sich
ausdrücklich gegen jede Gewähr ver-
wahrt, bietet mit seinen 10 großen Licht-
drucktafeln nun eine gute Gelegenheit,
die Stücke genau zu studieren und doch
in denHauptpunktenins klarezukommen.

Es ist wieder wie so oft bei abenteuernden Böse-
wichtern, der Fälscher kann mit Franz Moor sagen: „Herr-
gott, ich habe mich nie mit Kleinigkeiten abgegeben!“
Das Gewöhnliche, das einfach nette Alltägliche verlockt

sind die auffallendsten Stücke. Der Fund bildet den
Stolz der betr. Abteilung des Münchener Nationalmuseums
und ist längst in weiteren Kreisen bekannt geworden
durch Publikationen dieses Museums selbst, sowie
Lindenschmits (Alt. heidn. Vorzeit) und Forrers (Real-
lexikon).

Dieser Fund hat unserem Fälscher ins Auge gestochen.

Aus der Sammlung Queckenberg sind
in die Sammlung Schweppenburg zwei
Rundbroschen übergegangen, die nach
dem Origininal des Frauengrabes von
Wittislingen gearbeitet sind. Das erste
Stück ist fast eine genaue Kopie des
Wittislinger. Nur die Hauptlinien der
vier schmalen Almandinbänder sind
etwas anders gezogen. In Wittislingen
(Abb. 1) bildet jedes ein großes C,
das mit seinem Rücken nahe der Mitte
der Scheibe liegt und zwei andere
Bänder durchschneidet. Bei Quecken-
berg (Abb. 2) ist jedes Band eine allein-
stehende Schleife, die die anderen Bän-
der nicht berührt. Im Übrigen aber ist
alles getreu nachgeahmt: der Stein in der Mitte, die 8 Steine
am Rande, die kleinen kugligen Nietköpfe, um die sich
Drahtgeflecht legt und alles übrige Drahtwerk, das den
Grund belebt, Zug für Zug. Nur in einer scheinbaren

Abb. 2. Falsch. Angeblich von Kärlich.
G. v. Sch. 304.

Abb. 3. Falsch. Angeblich von Kärlich.

G. v. Sch. 307.

ihn nicht; auf das Besondere, Glänzende, Überraschende
ist sein Sinn gerichtet.

In Wittislingen bei Dillingen im bayrischen Schwaben,
ist vor Jahrzehnten ein prunkvolles Doppelgrab gefunden,
Mann und Frau, mit Schmucksachen, die zu dem Vor-
nehmsten gehören, was frühgermanische Kultur hervor-
gebracht hat. Eine große Spangenfibel aus dem Männer-
und eine Rundbrosche aus dem Frauengrabe, beide von
Gold und reich mit leuchtend farbigen Steinen besetzt,

Kleinigkeit zeigt sich eine charakteristische Abweichung:
beim Wittislinger Original umschließt der doppelte Flecht-
faden den Niet sehr eng und fest, so daß ein runder
Kopf mit Auge zu entstehen scheint; und die Enden des
Fadens klaffen nach außen so weit auseinander, daß sie
einem geöffneten Entenschnabel gleichen, der nach dem
vor ihm liegenden Steine schnappt. Auf dem Original
scheinen demnach die Enden der Almandinbänder in
diese schnappenden Tierköpfe auszugehen, und Linden-

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