Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

DOI Heft:
2. Oktoberheft
DOI Artikel:
Friedländer, Max J.: Die Kupferstich-Auktion Vincent Mayer
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0071

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
/ahrgang 1Q1Q

2. okioDerrieFt

Die Kupfeüsticb-Auktton ütncent ]vtayer

oon

jvlax 7. ftuedländcc

f jie erste große Kupferstich-Auktion nach Beendigung
' des Krieges klärt uns über die Marktlage auf, die
sich aus den völlig gewandelten Verhältnissen ergeben
hat. Wir können jetzt aus der Erfahrung die Fragen
beantworten, wie sich die Entwertung des deutschen
Geldes in der Preisbildung ausdrückt, und wie weit ein
erfolgreicher Wettbewerb deutscher Sammler, Händler
und Museen noch möglich ist. Zum ersten Male, nach
Öffnung der Grenzen, waren Ausländer auf einer deutschen
Kupferstich-Auktion wieder stark vertreten, wenigstens
holländische, schwedische, dänische Händler und von
ausländischen Museen Amsterdam, Kopenhagen und
Stockholm.

Im einzelnen war natürlich nicht genau festzustellen,
wo das Ausland eingriff, weil auch deutsche Agenten,
an die der Zuschlag erfolgte, im Aufträge fremder, be-
sonders englischer Käufer geboten haben können und
vermutlich geboten haben. Das Ergebnis im großen und
ganzen war, daß die Preise, wenigstens für bessere
Dinge, auf das 3- bis 6-fache der Preise von 1914 stiegen,
und daß die lebhafte und energische Teilnahme deutscher
Händler und Sammler in wenigen Fällen gegen das geld-
liche Übergewicht des Auslandes siegreich blieb.

Die Auktion war eine typische große Kupferstich-
Versteigerung, eine deutsche Spezialität, mit mehr als
1600 Nummern, die mit Mühe in 4 Tagen bewältigt
wurde. Sie enthielt Kupferstiche und Holzschnitte jeder
Art und aus allen Zeiten, vom 19. Jahrhundert abgesehen.
Nur das Dürer-Werk aber bot Außerordentliches, an
Qualität und Quantität, die fast lückenlose Folge der
Stiche und Holzschnitte, in guten Drucken. Hier wurden

scheinbar — für den Deutschen ist schließlich eine Mark
immer noch eine Mark — enorme Preise gezahlt. Das
Dürer-Werk brachte im Ganzen fast 1 Million. Man
sieht also, daß Dürer, um in der Börsensprache zu reden,
ein „Valuta-Wert“ ist, daß das Ausland wenigstens
Holland, Skandinavien und England, begierig geblieben
ist, diese Blätter zu erwerben.

Die Gefahr für den deutschen Kunstbesitz ist, so-
lange es sich um gedruckte Kunst handelt, nicht gar so
furchtbar. Schließlich haben wir verhältnismäßig viele
öffentliche Sammlungen im Lande, und Dürers Werk ist
an vielen Stellen gut, an einigen glänzend zu finden.
Namentlich in Berlin sind wir dank Friedrich Lippmanns
Wirksamkeit sehr gut dran. Dasjenige große deutsche
Kupferstichkabinett, das in früherer Zeit nicht mit
dem richtigen Verständnis um Dürers Bildd.uck bemüht
war, nämlich die graphische Sammlung in München, hat
es freilich schwer, das Versäumte nachzuholen. Erfreulich
und ein Lichtblick für den patriotischen Kunstfreund, der
jetzt viel zu klagen hat, ist das Bestreben Dr. Weig-
manns, der erst seit kurzer Zeit die Münchener Samm-
lung verwaltet, das Dürer-Werk zu verbessern und auf
die Höhe zu bringen. Mit Recht glaubte er die Gelegen-
heit dieser Auktion benutzen zu müssen und nahm,
finanziell sehr stark gerüstet, an der Versteigerung Teil.
Dank seiner Bemühung wurde im Besondern die un-
gewöhnlich schöne Folge der Marienleben-Blätter für
München erworben und damit für Deutschland erhalten.

Von den anderen deutschen Kabinetten waren Berlin,
Dresden, Hamburg und Nürnberg vertreten, kauften aber
nur in bescheidenem Umfang. Abgesehen von dem

67
 
Annotationen