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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Juniheft
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Glück, Gustav: Die Ausstellung der Wiener Gobelinsammlung
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Rohde, Alfred: Ein Kanonenaufsatz von Ulrich Klieber
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0381

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dem der Vizedirektor des österreichischen Museums in
Wien Dr. Hermann Trenkwald und seine Kollegen
von den kunsthistorischen Sammlungen Dr Hermann J.
Hermann und Dr. Ludwig Bai dass angehören.
Auch ein mit Abbildungen geschmückter, vorzüglicher,
wissenschaftlich gründlicher Katalog ist rechtzeitig er-
schienen, der — abgesehen von einer vortrefflich über
Technik und Geschichte orientierenden, kurzen Einleitung
Dr. Trenkwalds — von Dr. Baldass verfaßt ist. Dem-
selben Gelehrten verdanken wir auch eine kleine höchst
anregend geschriebene Monographie über die Wiener

Gobelinsammlung, die im Rahmen der bei Ed. Hölzel in
Wien als amtliche Ausgabe der Oesterreichischen Licht-
bildstelle erschienenen „Österreichischen Kunstbücher“
veröffentlicht worden ist und der — im selben Verlage —
eine großangelegte Publikation desselben Verfassers über
die unschätzbare Sammlung bald folgen soll. Auch das
österreichische Unterrichtsamt, das die Ausstellung auf
Vorschlag der Museumskommission veranstaltet hat, ist
zu diesem Unternehmen aufs wärmste zu beglückwünschen.
Wiens Ruhm und Ansehen als Stätte alter Kultur kann
dadurch nicht anders als gewinnen.

Danae. Nach Primaticcio

Brüssel, um 1540

6in Kanonenauffat^ oon Ubieb Kliebet?

uon

A[fücd RobdezHamburg

Es ist der eigenartige Reiz so vieler mathematischer
Instrumente aus vergangenen Jahrhunderten, daß sie
über den nackten Nutzzweck hinaus eine ästhetische Freude
am Gegenstände beim Beschauer und Sammler auslösen,
und diese Freude ist es, die zur Sammeltätigkeit leitet.
Die angenehme Form des Renaissanceornaments gleitet
über jeden Gegenstand und durchdringt das trockenste
Instrument mit dem pulsierenden Leben seiner Zeit.

Der Kliebersche Kanonenaufsatz, in seinem Kästchen
gebettet (Abb. 1), ist ein lustiges Farbenspiel seines ver-
goldeten Messings, gepaart mit den Formen seiner akro-
batischen Delphine und dem Untergrund des Leder-
kästchens, das auf der Innenseite mit rotem Sammet
überzogen ist. Der trockene Lehrmeister der Büchsen-
meisterkunst allerdings, der dringt auf den Wesenskern
des Instruments: „denn es kommen doch alle Instrument
aus einem fundament her/werden auch aus einem funda-
ment getheilet/derowegen ein guter Büchsenmeister an
einem rechten Triangel Ihm begnügen läßt“. Weshalb
er wohl etwas verächtlich auf die schöne Form sah! So
läßt Georg Schreiber in seinem 1656 in Breslau er-
schienenen „Büchsenmeister-Diskurs“ seinen Büchsen-

meister den Zeugmeister unterweisen: „Bester Herr

Zeugmeister / es läßt Ihm wohl mancher träumen / wenn
Er nur schöne vergoldete ansehnliche Instrumenta, etwan
auff seltzame Form gemacht bey sich führet / daß Er für
andere in der Kunst den Vorzug haben soll; vermeinet
auch wenn Er solch Instrument bey seinem Stücke ge-
brauchet / Er könnte nicht fehlen. Aber der effect er-
weiset denn gar viel ein anders. Denn die meisten
gemeinen Büchsenmeister / verstehen nicht was mit einem
solchen Quadranten zu tun sey“.

Der Kanonenaufsatz der Renaissance war kein ab-
solut sicheres Mittel, um einen guten Schuß zu erzielen,
weshalb sich manche Artillerieschriftsteller etwas ab-
lehnend dagegen verhalten, wie auch der erwähnte
Georg Schreiber, aber er war doch immerhin ein Hilfs-
mittel, die nötige Elevation des Geschützes festzustellen,
die man brauchte, um den durch die Schwerkraft der
Erde bedingten Bogenschuß zu korrigieren.

Unser Kanonenaufsatz, den das Museum für Kunst
und Gewerbe in Hamburg vor einer Reihe von Jahren
aus Hamburger Privatbesitz erwerben konnte, stammt
aus einer Stadt, die für die Herstellung von Instrumenten

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