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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Juniheft
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Rohde, Alfred: Ein Kanonenaufsatz von Ulrich Klieber
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0382

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ihre besonderen Vorbedingungen hatte: Augsburg.

Hier hat Christoph Schissler eine große Werkstatt ge-
habt, und noch in fast allen Sammlungen trifft man seine
Sonnenuhren und astronomisch-geopraphischen Taschen-
bestecke. Neben der Werkstatt Schissler’s bestand die
von Ulrich Klieber d. J. Vermutlich ein Sohn des gleich-
namigen Schlossers und Instrumentenmachers, der 1487
in Augsburg geboren wurde, und, ohne es zu einem be-
sonderen Wohlstände gebracht zu haben, im Jahre 1568
starb, machte sich Ulrich Klieber d. J. 1554 als Uhr-
macher selbständig und starb in Augsburg im Jahre 1608.
Ein weiteres Mitglied der Familie Klieber Tobias mit
Namen war Kompaß- und Sonnenuhrmacher und wurde
1545 geboren, heiratete 1572 und starb um die Wende
des Jahres 1618/19. Dieser Tobias Klieber wird von
Stetten in seiner Kunst- und Handwerksgeschichte der
Reichsstadt Augsburg erwähnt. In welchem verwandt-
schaftlichen Verhältnis die einzelnen Klieber zu einander

vertikal verstellbar, gleitet. Auf der einen Seite der
Platten (Abb. 2) befindet sich eine Tabelle für Artillerie-
wesen. Unter 1) sind die Qeschützarten angegeben

und zwar die Belagerungsgeschütze (Karthaunen und
Singerin), die Feldgeschütze (Schlangen, Valcanne-Falk,
Valkanet-Falkinet) sowie der Mörser. Unter 2) steht die
Schwere der Geschütze in Zentnerangaben, 3) die

Schwere der Kugeln in Pfund 4) die Schwere des

Pulvers, 5) wieviel Pferde, 6) wieviel Büchsenmeister
zum Geschütz als Bedienung benötigt werden, 7) die
„Schneie“ d. h. wohl die Geschwindigkeit, mit der das
Geschütz schußbereit ist, 8) wieviel Kugeln in Zentneran-
gaben auf 100 Schuß gebraucht werden, 9) desgleichen
wieviel Pulver, 10) und 11) wieviel Pferde man zum

Transport dieser „Munitionsreserve“ nötig hat.

Eine ähnliche Tafel, der „Büchsenmeister Schule
oder Kugel-Taffel darinnen zu erlernen ist was einem
jedweden Büchsenmeister notwendig zu wissen sey“

stehen, ließ sich nicht genau erkunden.*) Unser Kononen-
aufsatz stammt von Ulrich Klieber d. J. und ist der In-
schrift gemäß im Jahre 1579 hergestellt.

Der Kanonenaufsatz besteht aus einer Unterplatle,
dem eigentlichen Aufsatz mit dem Visier und einem
Wurfleiter für den Mörser, d. h. für ein Steilfeuergeschütz.
Die Unterplatte mit je einer in Charnieren beweglichen
Klappe auf beiden Seiten ist dem Mantel des Kanonen-
rohres entsprechend abgerundet, so daß es auf den
hinteren Teil des Rohres aufgesetzt werden konnte.
Der Visieraufsatz ist auf dieser Unterplatte in einer mit
Maßeinteilung versehenen Gleitschiene durch zwei
Schrauben befestigt. Er besteht aus zwei nebeneinander
stehenden Messingplatten mit einem kleinen Zwischen-
raum, in dem die Visierschiene mit den Visierlöchern,

*) Die archivalen Auskünfte verdanke ich der Güte des
Herrn Dr. Wiedemann-Augsburg. Über Klieber vergl. auch den
Pommerschen Kunstschrank herausgegeben von Lessing-Brüning.

stellt auch der erwähnte Georg Schreiber in seinem
„Büchsenmeister-Diskurs“ auf. Die Zahlen stimmen
natürlich nicht mit den unseren überein (bis auf einige
wenige), da die Tafel Schreibers 1656, der Aufsatz aber
schon 1579 entstanden ist. Die Geschütz-, Kugel-
Formen usw. hatten sich damals ziemlich schnell ge-
ändert, besonders wenn man denkt, daß zwischen beiden
Aufstellungen die Erfahrungen des 30jährigen Krieges
liegen, der auf dem Gebiete des Artilleriewesens durch-
greifende Änderungen gebracht hat.

Auf der Rückseite der Platten (Abb. 3) befindet sich
die eigentliche Visiertabelle. Links die Visiere für
Kugeln von 5, 10, 15 und 20 Pfund, rechts von 60, 65,
70 und 75 Pfund, von denen jeweils vertikale Striche
über die ganze Platte gezogen sind. Unter der Gewichts-
angabe sieht man die Einteilung der Visierhöhen in Ab-
schnitten von je hundert Schritt Entfernung: links von
700 — 1200, rechts von 700—1000 Schritt. Der Gebrauch

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