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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Juniheft
DOI Artikel:
Jakstein, Werner: Kunstgewerbe in Skandinavien und Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0399

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Kunügetoet’be in Skandinavien und Deut(cbland

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LDetmet; lakftetn

Ueberblickt man die Verhältnisse des Kunstgewerbes
in Skandinavien und Deutschland mit Berücksichti-
gung eines gegenseitigen wünschenswerten Waren-
austausches, so müssen diese von verschiedenen Gesichts-
punkten aus betrachtet werden, wenn eine Änderung der
jetzigen Stagnation erreicht werden soll.

Der erste ist natürlich der ökonomische. Es ist selbst-
verständlich, daß dieser je nach dem Stande der Valuta
einer dauernden Änderung unterworfen ist. Wenn es
augenblicklich vorteilhaft erscheint, deutsche Waren nach
dem Auslande zu vertreiben und unmöglich, ausländische
Waren bei uns einzuführen, so kann sich dieses Bild,
wie wir es gerade in diesen Tagen erleben, leicht wieder
verschieben. Jedenfalls ist es geraten, auf unsere Er-
zeugnisse keinen zu hohen Auslandsaufschlag aufzulegen,
auf den man sich bei der eigenen Kalkulation allzusehr
festlegt und der bei einer Besserung unserer Valuta sehr
hinderlich werden kann und eine mit allerhand Hoffnungen
und Unkosten angefangenen Arbeit im letzten Augenblick
unmöglich oder unrentabel, d. h. zu einem Verlustgeschäft
gestalten kann. Hier ist unbedingt eine ebenso vorsichtige
wie großzügig basierte Geschäftsführung notwendig.

Als zweiter Gesichtspunkt, der uns hier in der Haupt-
sache beschäftigen soll, käme der künstlerische in Be-
tracht und dieser wieder in den einzelnen Ländern ge-
sondert für sich.

Dänemark ist längst als ebenbürtiger Rivale bekannt,
der uns auf einzelnen Teilgebieten sogar schon vor dem
Kriege geschlagen oder doch einen Wettbewerb im eigenen
Lande fast unmöglich gemacht hat. Seine Porzellan- und
Silberarbeiten, seine Plakat- und Schriftkunst u. a. machen
unsere Hilfe, wenn man sich so ausdrücken darf, zu-
nächst unnötig. Dem kaufmännischen Grundsatz, daß

dort, wo eine gute Ware Absatz findet, der beste Boden
für gleich gute Konkurrenzerzeugnisse vorhanden wäre,
steht die Tatsache gegenüber, daß der Geschmack des
dänischen Publikums auf den Kulturausdruck der eigenen
Waren eingestellt ist und daß es keine anderen als die
eigenen kaufen würde. Es kann in Kopenhagen nicht so
ohne weiteres mit der Beweglichkeit des Berliner Publikums
gerechnet werden, das jede Neuheit begierig und freudig
aufgreift, gleich ob sie aus China, Amerika, Honolulu
oder Deutschland stammt. Am liebsten aus Honolulu.

Dem „Mal etwas anderes“ steht in Dänemark ein
sich langsam entwickelnder Konservativismus gegenüber.
Betrachten wir doch die lange Entwicklungsreihe der
neuen Heimatkunst, wie wir sie in den Silberarbeiten so
gut kennen und schätzen gelernt haben. Sie beginnt mit
Bindesböll d. J , dessen gewaltiger Kopf am Industrie-
museum steht, und geht dann über Mogens Ballin, Georg
Jensen zu Anton Rosen, der diesen nunmehr fest' ver-
ankerten Stil in die Baukunst übertragen hat. In den Ar-
bei'en Georg jensens ist dieser Stil bei uns wohl am
bekanntesten. Es gab vor dem Krieg in deutschen Groß-
städten mehrere Niederlagen seines Geschäftes. Arbeitete
er früher in einer kleinen Werkstätte in einem Hinterhause
der Bredgade, so hat er jetzt ein großes, sonderbarer-
weise sehr häßlich gebautes Fabrikgebäude außerhalb der
Stadt zu eigen. Er bringt ausschließlich Handarbeit in
den Handel und stellt die bekannten Broschen, Ringe,
Nadeln und ähnliche kleinen Gegenstände nicht mehr
her, da jetzt ein deutsches und zwei dänische Geschäfte
diese Dinge rein fabrikmäßig anfertigen. Es ist also
Vorsicht beim Ankauf von Georg Jensen-Schmuck jetzt
geboten und zu empfehlen, die früher erworbenen Gegen-
stände sorgfältig zu bewahren, denn sie steigen im Werte.

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