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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Maiheft
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Hoefner, Friedrich: Die Frühjahrsausstellung der Bildenden Künstler in Rom
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Friedländer, Max J.: Die Ergebnisse der Auktion Davidsohn: der erste Teil der berühmten Kupferstichsammlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0343

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ist die tiefe Menschlichkeit und die Sensibilität, durch
die das Bild rührt, es ist das vibrierende Temperament
des Künstlers, das aus diesem wie auch aus seinen
anderen Bildern hervortritt. Freilich entspricht die Tech-
nik nicht immer seinem Wollen. Etwas von Turgenieff’-
schem Geist ist in seinen Werken. Der Dichter zeichnet
Landschaften und Menschen, doch sie wachsen darüber
hinaus, verlieren sich im Symbolischen. So auch bei
Georgieff Boris. Er ist ein Künstler, dessen Kunst durch-
aus ethisch ist und der die Kraft besitzt, seine Ethik
auch anderen Organismen mitzuteilen. Erstaunlicher-
weise findet sich auch in der Ausstellung eine Bildnis-
studie von seiner Hand, das Porträt eines Offiziers in
Pastell, das hohe Qualitäten nach ganz anderer Seite
hin und vor allem auch in der technischen zeigt.

Ein russischer Gast ferner ist die Malerin Elisabetta
Kaembrandt, die eine Reihe modern und dekorativ
gesehener Bilder von feinem Kolorit und strahlender Licht-
wirkung bietet.

Unter den ausstellenden italienischen Künstlern ist
unter den jungen besonders Benvenuto Disertori
hervorzuheben, ein Trientiner, der sich in Rom ansässig
gemacht hat und trotz seiner Jugend durch seine Feder-
zeichnungen bedeutendes Aufsehen erregt. In seinem
„Prospetto di Monte“ gibt er einen Überblick über das
Häusergewirr des quirinischen Hügels in Rom von seltener
Plastik und reiner Licht- und Schattenwirkung.

Antonio Mancini und Onorato Carlandi,
die beiden Altmeister, haben tüchtige Werke ausgestellt,
doch kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, daß
sie das bessere für die Ausstellung in Venedig auf-

bewahrt haben, wo diesmal speziell dem Mancini ein
eigener Saal reserviert wird, für den er schon an
20 Bildern bereithält.

Auch Joris Pio und Noci Arturo sind mit
charakteristischen Bildern vertreten.

Von sehr diskretem Farbenton und hoher künstle-
rischer Wirkung ist die L’ora dell’ oro von der Emma
Ciardi (Abb. 2) ein Stimmungsbild aus ihrer Heimatstadt
Venedig. Im Abendgold leuchten die altersbraunen
Architekuren der Paläste auf, während bereits unten über
die tiefblauen Lagunen sich die Schatten der Nacht
senken. Wir werden nicht fehlgehen, wenn wir Emma
Ciardi bei ihrer künstlerischen Selbstzucht und ihrem
Farbensinn unter die reifsten Künstlerinnen Italiens zählen.

Unter den Landschaften sind noch besonders A n -
gelo Rossini, Coromaldi Umberto, Lupo
Alessandro und Landi Angelo mit tüchtigen
Werken vertreten, unter den Porträtisten Tomassi Renato,
Meyer Sigismond und Bocchi Amadeo.

Sehr fein sind auch die in Kreide ausgeführten Tier-
studien von Brozzi Renato.

Unter den Skulpturen fällt der sehr charakteristische
und monumental gehaltene Kopf Peppino Garibaldis von
der Hand Riccardi’s Eleuterio auf. C a t a 1 d i
A m 1 e t o und Drei Ercole wetteifern miteinander in
der Eleganz ihrer Werke, ohne jedoch allzutiefen Ein-
druck zu hinterlassen; bedeutender ist der Frauenkopf
Selva’s Attilio, erhaben Mazzini in seiner Plastik „Allein
mit Gott“, eine matronenhafte Frauengestalt, die auf einer
Steinbank sitzend, im Gebete versunken ist.

Die Scgebnifle dev Auktion Daoidfobn.

Det? evfte Teil dev berühmten Kupferfticbfammlung

Geheimrat D r. Max J. F r i e d 1 ä n d e r , der
Direktor der Gemäldegalerie und des Kupferstich-
kabinetts in Berlin, hatte die besondere Freundlichkeit,
auf unsere Bitte das Referat über die Auktion der be-
rühmten Kupferstichsammlung Paul Davidsohn, Berlin-
Grunewald, für den „Kunstwanderer“ zu übernehmen.
Friedländer schreibt uns über diese bei Boerner in Leipzig
veranstaltete Versteigerung:

Der erste Teil der Kupferstichsammlung Paul David-
sohns wurde in Leipzig vom 3. bis zum 7. Mai verstei-
gert— mit glänzendem Erfolge. Die Bedeutung der Samm-
lung ist an dieser Stelle schon gewürdigt worden durch
den Abdruck des Katalogvorworts. Die Preise erschienen
gewaltig, überstiegen die sachkundigen Taxen und die
hochgespannten Erwartungen bedeutend, waren jedoch,
wenn man den Valutastand voll in Rechnung setzt, nur
teilweise überraschend hoch. Wenn die Auktion mehr
als 5 Millionen Mk. ergab, so sind das etwa 25 000 engl.
Pfund, etwa das Doppelte von dem, was vor dem Krieg
erzielt worden wäre. Und die wirkliche Wertsteigerung
erstreckt sich fast nur auf Dürers Kupferstiche, noch mehr
auf seine Holzschnitte, auf die Holzschnitte von Cranach,
Burgkmair und Baidung, nicht aber auf die niederländischen
Radierer, die nicht weniger vortrefflich in der Sammlung

vertreten waren. Die Beteiligung deutscher und öster-
reichischer Händler war stark, das Ausland dagegen war
nur durch einen Vertreter, den Inhaber der ersten
Londoner Firma (Colnaghi, Obach & Co.), vertreten, der
natürlich mit beträchtlicher Überlegenheit eingriff und die
größten Kostbarkeiten an sich brachte. Holland, die
Schweiz und die skandinavischen Länder blieben diesmal
aus. Erfreulicherweise traten mehrere deutsche Privat-
sammler hervor, die mit starken Geldmitteln und gutem
Geschmack in vielen Fällen Sieger blieben. Und die
deutschen Museen, von denen unter den gegenwärtigen
Verhältnissen keine erhebliche Machtentfaltung zu erwarten
ist, bemühten sich mit einigem Erfolge, die Gelegenheit
zu benutzen. Vertreten waren Berlin, Dresden, Hamburg,
Stuttgart und München. Von den drei großen deutschen
Kupferstichkabinetten, Berlin, Dresden und München, ist
das dritte in einer schwierigen Lage, weil es schlimme
Versäumnisse der Vergangenheit nachzuholen hat. Die
energische Bemühung Dr. Weigmanns, die klaffenden
Lücken der Bestände in den „Werken“ Dürers und der
übrigen großen altdeutschen Meister jetzt noch zu füllen,
wurde schon bei früheren Versteigerungen beobachtet.

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