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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Septemberheft
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Widmer, Johannes: Das künstlerische Genf
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Eine Quittung Raffaels: aus der Dokumentensammlung Darmstaedter der Preußischen Staatsbibliothek
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0018

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anderen rühmte Hodler die Wärme des einstigen Lehrers
und Führers in die Kunst noch nach Dezennien.

Inzwischen nahte das Jahr der schweizerischen Landes-
ausstellung in Genf, 1896. Da zeigte sichs, was für eine
starke und staatliche Generation von Malern in der Stadt
und Gegend wirkten, die alle fast der Leitung Menn’s
genossen hatten, die aber, mutiger und unumschränkter
als ihr Mentor, die höhere Einsicht schaffend ans Licht
stellten: Hodler, Perrier, Rehfous, Estoppey, Rheiner.
Einige hatten, nach Menn, vom Symbolismus, andere vom
Impressionismus jener Tage sich anregen oder sich be-
stärken lassen. Alle liefen gegen den sentimentalen,
akademisch-anspruchsvollen Naturalismus von damals
Sturm, der Ott und Zeit beherrschte. Sie nahmen, wie
jene früheren, Elemente der Heimat in ihr Schaffen auf.
Die Ausstellung besiegelte die Wendung.

Zu den Genannten sind noch der im Verborgenen
wirkende P. Pignolat, ein Mörike der Malerei, Baud-Bovy
und der vielgewandte Otto Vautier, des in Deutschland
beliebten Benjamin Vautier Sohn, hinzuzuzählen. Auch
der Architekt Trachsel, der in den Bahnen Hodler’s und
Rheiner’s zur Malerei überging, schließt sich an diese
Phalanx an. Es war eine schöne Zeit.

Die neueste Kunst brach unter dem Zeichen der
Sinnlichkeit in den heroisch-naturfrommen Bereich der
bisherigen Kunst Genfs ein. Schon Vautier, und jetzt
Barraud treten als Wortführer des neuen Geistes, als
Priester nachtfarbener Schönheit auf. Barraud tut es mit

Mitteln, die ein kluges Gemenge der Ornamentik Japans
und der Malerei eines Degas sind. Andere tun dasselbe
rückgewandten Angesichts: die Wucht eines Hodler, die
seelenvolle Würde und Weite eines Perrier, die Männlich-
keit des immer noch nachwirkenden Menn sind ihnen
zu tagesklar. Zugunsten ihrer wollustvollen Märchen und
Träume suchen sie, die einen mit Liebe, andere mit
Gewalt, die Linie der allgemeinen und der lemanischen
Entwicklung in die Schwüle, das Dunkel, den Prunk
und all die Doppelwahrheiten des Barock umzubiegen.
So der 1918 verstorbene William Müller, Fernand Blon-
din, Georges de Traz sowie der starke und wohl auch
frischeste Mann der talentreichen Gruppe, Blanchet.
Mit der Gegenwart verbindet diese Maler die Bewunde-
rung für Renoir, für C6zanne. Bressler, den eine saftige,
anmutige Lebensfreude ziert, verdichtet die Farbenlyrik
der Impressionisten und gliedert sie so der körnigen
Tradition unserer Stadtkunst ein. Ihm steht Felix Appen-
zeller und, in der Empfindsamkeit für die entzückenden
Töne der Landschaft um Genf, Rene Guinand nahe.
Der Raum gebietet mehrerem Vorstellen neuer Maler
Halt. Groß ist ihre Zahl, und mehrere sind auserwählt.
So ist im Schaffen des heutigen Genf das neunzehnte
Jahrhundert des Weltgeistes und des genius loci wahr-
nehmbar. Das Neben-, das Ineineinander beider Mächte
macht das Studium des Werdens auch nach dem leib-
lichen Hinscheiden des einen, ersten Großen, den sie
gezeitigt, beglückend und fruchtbar.

Joh. Theodor de Bry

Amsler & Ruthardt, Kat. 70.

6tne Quittung Raffaels

Aus den Dokumentensammlung Dacmstaedteu der Preußtßben Staatsbibliothek

Wir geben die nebenstehende Quittung Raffaels, die
sich im Besitze der Dokumentensammlung Darm-
s t a e d t e r der Preußisch enStaatsbibliothek
in Berlin befindet, mit Genehmigung der Generalver-
waltung der Staatsbibliothek wieder. Die Worte Raffaels
lauten: „Ich Raphael Sohn des Giovanni Santi von
Urbino Maler in Rom habe erhalten die obengenannten
35 Golddukaten“.

Diesen Betrag ließ, wie unser Autograph besagt,
Ferdinand Gonzetti, Archidiacon von Sorrent, Präsident
der apostolischen Kammer des Papstes Leo X und

Generalschatzverwalter der päpstlichen Kammer durch
den „wohledlen Herrn“ Angustino Chigi „auf Kammerrech-
nung“ anweisen, und zwar erhielt der „ausgezeichnete
Maler Meister Raphael von Urbino“ diesen Betrag „für
Farben und andere zum Ausmalen der Schlaf-
räume unseres heiligsten Herrn notwendige Dinge.“
Das Dokument ist vom 1. November 1515 datiert.

Für Angustino Chigi selbst, der auch der Bankier
Julius II. gewesen war und der durch Peruzzi die Farne-
sina erbauen ließ, hat Raffael den Triumph der Galatea
gemalt.

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