Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 2.1920/​21

DOI Heft:
1. Januarheft
DOI Artikel:
Aus der Museums- und Sammlerwelt / Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Die Frankfurter Kunstmesse / Holländische Kunstschau / Schweizerische Kunstchronik / Defregger über die moderne Kunst / Jahrbuch für Kunstsammler
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0199

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Jiolländtfcbe Kunflfcbau*

Neues aus dem Städti(cben Jvtufeum im Haag.

Den Haag macht als Kunst- und Museumsstadt der alten
Metropole des Landes, Amsterdam, in den letzten Jahren viel
Konkurrenz, als Vergnügungsstadt, wo sich gut leben und an-
genehm spazieren gehen läßt, übrigens noch mehr; das letztere
will allerdings nicht viel heißen, denn wo kann man in Amster-
dam flanieren? Aber das gehört nicht hierher. — Den Haag
hatte nun allerdings auf dem Gebiete des Museumswesens, des
städtischen Museumswesens — denn das Mauritshuis, dieses
Kleinod unter den europäischen Sammlungen alter Gemälde, ist
ja eine Staatliche Anstalt — so unendlich viel nachzuholen; sein
Gemeindemuseum war noch bis vor einem Jahrzehnt kaum mehr
als eine Rumpelkammer. Man glaubte sich hier im Museum eines
kleinen unbedeutenden Provinzstädtchens, das die Kunstprodukte
und Erinnerungen an frühere bessere Zeiten wahllos und in un-
liebsamer Vollständigkeit zusammengepfercht hatte, und nicht im
Museum der eigentlichen Hauptstadt des Landes. Aber dieser
unwürdige Zustand gehört jetzt der Vergangenheit an. Dem
jahrelangen, unermüdlichen Wiiken des Haager Archivars und
Museumsdirektors van Gelder hat man diesen enormen Fortschritt
zu verdanken. Aber nicht mit einem Male ist hier Wandel ge-
schaffen; Schritt für Schritt mußte hier vorgegangen werden.
Zuerst unterzog man die Sammlung der so hoch nötigen Sichtung.
Wertloses, und es gab des Plunders genug, wurde ausgeschieden;
dadurch gewann man etwas Raum, und es gelang Infolgedessen,
einen wichtigen Unterteil des Museums, die keramische Samm-
lung, vornehmlich Delfter Fayencen, Haager Porzellan aus dem
18. Jahrhundert und die Erzeugnisse der modernen Haager Por-
zellanfabrik „Rozenburg“ durch neue Anordnung, geschmackvolle
Aufstellung und bessere Entourage zu einem wirlich sehr sehens-
werten und lehrreichen Ensemble zu vereinigen. Aber alle diese
Einzelreformen genügten auf die Dauer nicht; eine radikale Um-
gestaltung erwies sich als unumgänglich. Man mußte sich zu
einer Teilung des Museums in zwei in verschiedenen Gebäuden
untergebrachte Musea entschließen. Das alte Museum am
Vyverberg wurde ausschließlich für alte Kunst reserviert, wobei
besonderer Nachdruck auf das Kunstgewerbe gelegt wurde; der
lokalgeschichtliche Charakter der Sammlung wurde natürlich bei-
behalten. So bildet das sehr geschickt und übersichtlich ein-
gerichtete und zum Genuß einladende Museum eine hübsche
Ergänzung zu dem nahen Mauritshuis, in dem ja das Kunst-

gewerbe völlig fehlt und mit dem es natürlich mit seinen Ge-
mälden nicht in Wettbewerb treten kann und will, obwohl der
Kunstfreund auch hier vor einigen Proben der holländischen
Malerei des XVII. Jahrhunderts mit Vergnügen längere Zeit ver-
weilen wird. Die Sammlung moderner Kunst wurde nach einem
andern Gebäude, dem ehemaligen Panorama Mesdag, überführt;
doch wird dieses neue Heim nur ein vorläufiges sein. Denn man
plant dafür ein ganz neues, allen modernen Anforderungen der
Museumstechnik entsprechendes Gebäude, dessen Entwurf keinem
geringeren als Berlage anvertraut ist. Bis diese Sammlung
methodisch ausgebaut ist und sich mit dem Städtischen Museum
in Amsterdam, wo man die neuere holländische Malerei bis jetzt
am besten studieren konnte, messen kann, werden noch Jahre
vergehen. Der Vorsprung, den Amsterdam nun einmal hat, läßt
sich nicht so schnell und auch nicht ohne große Geldopfer ein-
holen, Dafür hat aber das Städtische Museum im Haag wieder
vor seiner älteren Schwesternanstalt in Amsterdam wie vor dem
Ryksmuseum die modernere, wissenschaftlich besser ausgebildete,
und den Bedürfnissen des kunstliebenden Publikums mehr ent-
gegenkommende Leitung voraus, wodurch man es fertig bringt
mit dem Wenigen, was man vorläufig hat, mehr zu erreichen,
mehr Einfluß auszuüben als in Amsterdam. Was in letzter Stadt
fehlt, das ist Kontakt mit dem Publikum, Leitung des Publikums;
und darauf versteht man sich gerade in der als bürokratisch und
undemokratisch verschrienen Residenz. Die an sich schon sehr
reichen, für den Genuß zu reichen und überfüllten Sammlungen
des großen Komplexes des Ryksmuseums z. B. vermehren sich
durch Ankauf, Leihgaben und Schenkungen natürlich in ungleich
schnellerem Tempo als die Haager Sammlungen; aber das große
Publikum erfährt nicht davon; kaum daß die Zeitungen einen
kurzen Bericht darüber bringen. Die einzige offizielle Mitteilung
über neuerworbene Gemälde findet sich in dem Jahresbericht der
staatlichen Sammlungen, der aber so spät erscheint — der Bericht
über 1919 ist z. B. erst eben im Dezember 1920 herausgekommen —
daß sie im wahrsten Sinne des Wortes verjährt sind und daher
jeder Aktualität entbehren; außerdem sind diese Berichte, die nur
trockene Inventarisierungen der erworbenen Gegenstände sind,
keine unterhaltende Lektüre und überdies kommen sie nur in
wenig Hände, so daß durch sie das Interesse für die Sammlungen
unmöglich vermehrt wird. Nur über die kunstgewerbliche
Sammlung des Ryksmuseums erscheinen zuweilen Berichte in
einem archäologischen Fachblatt; und über die in immer größer
werdenden Pausen veranstalteten Ausstellungen des Kupferstich-
kabinetts wird das Publikum in einer Kunstzeitschrift auf dem

TANKE

&

messe

A

der

10. bis 15. APRIL 1920

Me|j

Frankfurter Kunftme

nmeidungen zur

eve/lteigerung

werden umgehend erbeten.

(Meldefchlup 15. Februar 1920)

Bedingungen und Auskunft durch die Ge(chäftsftelle
Frankfurt am Main / Römer / Wedelgaffe 3.

191
 
Annotationen