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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 11,1.1897-1898

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Heft 1 (1. Oktoberheft 1897)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7955#0042
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Er ist zuncichst trculos geworden, indcin, wcr vorgcstcrn gcrühmt wurdc,
heute in die Rumpelkarmner geworfen wird. Sümtliche gcpriesene Namcn ver-
brauchen sich mit einer Schnelligkeit, als wäre die Unsterblichkeit cin Konsum-
artikel. Kaum in den Mund des Volkes genommen, schmilzt auch schon der
Herr. Ja, es läßt sich geradezu logisch ausrechnen: Weil heute einer als
Genie verkündet wird, wird er in zehn Jahren abgethan sein, mit verächtlichcm
Achselzucken. Wer ein feines Gehör hat, vermag sogar wührend des Jubels
schon den Ncbenton im Falsett zu vernehmen, dcr spüter die höhnische Do-
minante bilden wird.

Der Ruhm ist serner frech geworden. Man flüstert einander nicht mehr
ehrerbietig einen Namen zu, sondern man brüllt ihn den Leuten um die
Ohren, den Hut auf dem Kopf, die Hände in den Hosen. Jch kenne abcr
nichts Beleidigenderes, als einen Ruhm ohne Ehrerbietung. Erst achtct cincn
Menschen, dann verbeugt cuch, hicraus verbeugt euch noch einmal, hernach
rühmt ihn.

Freilich, wenn man als Gründer auf Verabredung ergebcno Lcute glcich
Jnterimsscheincn an den Börsen ausschreit, wcnn man seinesgleichen auf sieben
Schultern hebt, damit cr groß aussehe, dann hält es allerdings schwer, Ehr-
erbictung für den allzu vcrwandten Klienten aufzubringen. Und siehe: das
Beispiel wirkt. Andcre Gründer unternehmen andere Berühmthciten. Dann
entsteht unlauterer Wettbewerb. Es setzt Papst und Gegenpapst. Und keiner
glaubt an seinen eigenen Papst, geschweige denn an dcn feindlichen.

Da gilt es nun beizeiten vorzubeugen. Sonst könnte es eines Tages
widerfahren, daß der oder jener, dem man den Ruhm anbietet, nntworte:
„Aber nicht wahr, ihr rvascht ihn doch crst gründlich mit Karbolseife, ehc ich
ihn in die Hand nehme, euren Ruhm?"

Aarl 5pitteler.

Anl)Alk: Mo stcben >vir? (Dichtung. — Die Schauspielkunst. — Die Musik.
— Die Malerei.) - Nriiolb iVöcklin. — Kleine Geschichten. — Bahr, Wvl-
zogen, Halbe. — Dic Musirsaison 1897/98. — Was schaffen zur Zeit unscre
Komponisten? — Dirigierende Tondichtcr. — Ein August-Bungcrt-Festspiel-
haus. — HanS Thüma. — Kaiserliche Kunstkritik. — Böcklin-Ausstellungen. —
Anatomische Reminiszenzen. — Höllischer Spuk- — Der Vogelmord zu Putz-
zwecken. — liloin Tngc (Chronik). — Losc ilölültcr: Einkehr. Von Ferd. Ave-
narius. — Die Orgelweihe. Ein Jdpll. Von Karl Söhle. — Vom Ruhme. Von
Karl Spitteler.

Die Mnsiktrcunde untcr unsern Lesorn machen wir darauf auf-
merksam, daß jeder Abonnent des Kunstwarts die von Or. Richard Batka ge-
leitete Neue Musikalische Rundschau auf Wunsch unbercchnct als Beilage
erhält.

verantwortlich: Ferdinand Avenarius in Dresden-Blasewitz.

Verlag von Georg D. w. Lallwcy. — Rgl. Hofbuchdruckerci Rastner ä: Lossen, beide in München.
Sendungen für den Cert an die „Aunstwart-Leitung", Dresden-Blasewitz, Ivachwitzerstraße.

Beiträge über Dlusik an Dr. Richard Batka, jDr ag-Lveinberge.

Bestellungen, Anzeigen nnd Geldsendungen an den verlag: Georg D. w. Lallwey in München.

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