also mit 80 Pf. für die Aimoncenzeile
eine Rezension im Texte. Zrveite Mög-
lichkeit: man macht solch ein vertrau-
liches Schreiben unkollegialer Weise
bekannt — dann macht es Zolling
„So, wie's das Vögelchen im Bauer
thut:
Wenn's nicht vor Liebe singt, so
singt's vor Wut",
und ist diese Gemütsbewegung aus-
giebig, kommt's vor, daß er das-
selbe Buch zwei Mal hintereinander
gratis besingt. So geschieht mir's,
im Heft -^5 der „Gegenwart" auf S. 202
können unsre Leser zum zweiten
Male lesen, wie „absolut talentlos und
nichtsnutzig" meine früher in der
„Gegenwart" so warm gelobte „echte
Poesie" ist, — seit dcr „Kunstwart"
Herrn Theophil Zollings Geschäftsge-
heimnisse verraten hat. Daß mein Ver-
leger mich „weltberühmt" nenne, schrei-
tet dabei als Hauptgreuel auf den
Gänsebeinen des Zitats einher — also
muß es doch wohl wahrsein? Schade,
es ist trotzdem einfach und schlank ge-
logen.
Unsre neuen Leser, die nicht näher
wissen, worum sich's handelt, vcrweisen
wir auf unsern Aufsatz „Die Gegen-
wart" auf S. 257 ff. im 20. Hefte des
vorigen Kunstwart-Jahrgangs. Bis
zum heutigen Tage hat die „Gegen-
wart" mit keinem Worte auf meine
schwcren Beschuldigungen geant-
w 0 rtet. Kein Wort von diesen Be-
schuldigungen hat sie ihrerseits mit-
geteilt — das hätte geheißen, sich
selbst vor den eigenen Lesern an don
Pranger zu stellen. Die ganze Th at-
sache meiner Angriffc hat sie ver-
heimlicht — hälten ihre Leser auch
nur gewußt, daß ich sie angriffe, man
hätte ja vielleicht im Kunstwart nach-
gelesen, und zuglcich wäre das plütz-
liche Schimpfen auf mich als — Lyriker
in allen Prachten seines Wesens er-
kannt worden. Auf mcine Bezeichnung
ihres Treibens als verüchtlich, hat
sie nicht geklagt; es gibt ja bci sol-
chen Dingen einen Wahrheitsbeweis,
wobei mitunter noch mehr zur Sprache
kommt, als schon gesagt worden ist. A.
* Zu dem, was einen erfreuen
kcmn, gehört das S ch illerth eater
in Berlin, denn sein Direktor hat
immer noch nicht die Versprechungen
vergessen, die er bei seiner Eröffnung
gemacht hat: beim Schillertheater
redet noch heutigen Tages auch die
Kunst mit. Aber Direktor Loewen-
feld thut für diese Frau noch mehr.
Aunstwart
— 1
So gibt cr fortan einc kleine ernste
Zeitschrift „Die Volk su n t erh a l-
tung" heraus, dic sehr nützlich wir-
ken kann, und weiter ist er der eigent-
lichc Vater von „volkstümlichen
Kunstausstellungen", die jetzt in
Berlin vcranstaltet werden. Möge
ihm die Obrigkeit dabei gnädiger sein,
als neulich, da sie dem Schillertheater
das geistliche Konzert für den
Buß- und Bettag in letzter Minute
verbot, weil nur Oratorien am
Bußtag aufgeführt werden „dürftsn".
Jm vorigen Jahr „durften" das auch
andre Tonwerkc, die neue Kunster-
leuchtung ist der hohen Polizei erst am
ly. März dieses Jahres aufgegangen,
wolches Datum die Verordnung trägt.
Nun wissen wir ja: jedem preußischen
Obrigkcitsuniformroä wohnt das My-
sterium inne, ein ästhetisches und sitt-
liches Allverständnis nach innen aus-
zustrahlcn. Aber vielleicht wird uns
einmal offenbart, warum fromme
Vokalmusik duldbar aber fromme
Jnstrumentalmusik vcrwcrflich ist.
* Die beidcn N ei s e b e sch re i -
bungen „der Saison", die unzweifel-
haft die „gangbarsten" sein werden,
sind diesmal sehr ungleichcr Art. Das
eine ist H. S. Landors „Auf ver-
botenen Wegen" (Leipzig, Brockhaus).
Man braucht nur seine Bilder zu
durchblättern, um das Gruseln zu
lcrnen: Landor ist's in Tibet bekannt-
lich schlecht ergangen, und die Bilder
zeigen viel davon. Aber sie und die
Worte zeigen auch vieles mehr: eine
Natur von über - hochalpenmäßiger
Großartigkeit, ein Volk, oder richtiger
mehrere Vülker von höchst merkwür-
diger Kultur, und die Erlebnisse cincs
Mannes von eincm Mute, dcr Toll-
kühnhcit mit Zähigkeit verbindet. Was
wir vermissen, ist ein einführcnder
Grundriß von unsrer gegenwärtigen
Kcnntnis dieser abgcspcrrten tibetani-
ichen Welt; man hätte dadurch sozu-
sagen eine Baustclle für all die Ein-
zelgcbilde gehabt, die das Buch an-
schaulich, aber ein wenig in die Luft
vor uns hinstellt. Nur dcn populär-
unterrichtcnden Wcrt jcdoch betrifft
diese Bcmüngelung: anregend und
unterhaltend in hohem Maße bleibt
das Buch jcdcnfalls.
Recht das Gegenteil dazu ist Ma rk
Twains „Reise um die Welt"
(Stuttgart, Robert Lutz), die sich
durchaus nicht auf verbotenen, son-
dern auf den meistbefahrenen Wegen
begibt. Mark Twains Buch ist Feuil-
eine Rezension im Texte. Zrveite Mög-
lichkeit: man macht solch ein vertrau-
liches Schreiben unkollegialer Weise
bekannt — dann macht es Zolling
„So, wie's das Vögelchen im Bauer
thut:
Wenn's nicht vor Liebe singt, so
singt's vor Wut",
und ist diese Gemütsbewegung aus-
giebig, kommt's vor, daß er das-
selbe Buch zwei Mal hintereinander
gratis besingt. So geschieht mir's,
im Heft -^5 der „Gegenwart" auf S. 202
können unsre Leser zum zweiten
Male lesen, wie „absolut talentlos und
nichtsnutzig" meine früher in der
„Gegenwart" so warm gelobte „echte
Poesie" ist, — seit dcr „Kunstwart"
Herrn Theophil Zollings Geschäftsge-
heimnisse verraten hat. Daß mein Ver-
leger mich „weltberühmt" nenne, schrei-
tet dabei als Hauptgreuel auf den
Gänsebeinen des Zitats einher — also
muß es doch wohl wahrsein? Schade,
es ist trotzdem einfach und schlank ge-
logen.
Unsre neuen Leser, die nicht näher
wissen, worum sich's handelt, vcrweisen
wir auf unsern Aufsatz „Die Gegen-
wart" auf S. 257 ff. im 20. Hefte des
vorigen Kunstwart-Jahrgangs. Bis
zum heutigen Tage hat die „Gegen-
wart" mit keinem Worte auf meine
schwcren Beschuldigungen geant-
w 0 rtet. Kein Wort von diesen Be-
schuldigungen hat sie ihrerseits mit-
geteilt — das hätte geheißen, sich
selbst vor den eigenen Lesern an don
Pranger zu stellen. Die ganze Th at-
sache meiner Angriffc hat sie ver-
heimlicht — hälten ihre Leser auch
nur gewußt, daß ich sie angriffe, man
hätte ja vielleicht im Kunstwart nach-
gelesen, und zuglcich wäre das plütz-
liche Schimpfen auf mich als — Lyriker
in allen Prachten seines Wesens er-
kannt worden. Auf mcine Bezeichnung
ihres Treibens als verüchtlich, hat
sie nicht geklagt; es gibt ja bci sol-
chen Dingen einen Wahrheitsbeweis,
wobei mitunter noch mehr zur Sprache
kommt, als schon gesagt worden ist. A.
* Zu dem, was einen erfreuen
kcmn, gehört das S ch illerth eater
in Berlin, denn sein Direktor hat
immer noch nicht die Versprechungen
vergessen, die er bei seiner Eröffnung
gemacht hat: beim Schillertheater
redet noch heutigen Tages auch die
Kunst mit. Aber Direktor Loewen-
feld thut für diese Frau noch mehr.
Aunstwart
— 1
So gibt cr fortan einc kleine ernste
Zeitschrift „Die Volk su n t erh a l-
tung" heraus, dic sehr nützlich wir-
ken kann, und weiter ist er der eigent-
lichc Vater von „volkstümlichen
Kunstausstellungen", die jetzt in
Berlin vcranstaltet werden. Möge
ihm die Obrigkeit dabei gnädiger sein,
als neulich, da sie dem Schillertheater
das geistliche Konzert für den
Buß- und Bettag in letzter Minute
verbot, weil nur Oratorien am
Bußtag aufgeführt werden „dürftsn".
Jm vorigen Jahr „durften" das auch
andre Tonwerkc, die neue Kunster-
leuchtung ist der hohen Polizei erst am
ly. März dieses Jahres aufgegangen,
wolches Datum die Verordnung trägt.
Nun wissen wir ja: jedem preußischen
Obrigkcitsuniformroä wohnt das My-
sterium inne, ein ästhetisches und sitt-
liches Allverständnis nach innen aus-
zustrahlcn. Aber vielleicht wird uns
einmal offenbart, warum fromme
Vokalmusik duldbar aber fromme
Jnstrumentalmusik vcrwcrflich ist.
* Die beidcn N ei s e b e sch re i -
bungen „der Saison", die unzweifel-
haft die „gangbarsten" sein werden,
sind diesmal sehr ungleichcr Art. Das
eine ist H. S. Landors „Auf ver-
botenen Wegen" (Leipzig, Brockhaus).
Man braucht nur seine Bilder zu
durchblättern, um das Gruseln zu
lcrnen: Landor ist's in Tibet bekannt-
lich schlecht ergangen, und die Bilder
zeigen viel davon. Aber sie und die
Worte zeigen auch vieles mehr: eine
Natur von über - hochalpenmäßiger
Großartigkeit, ein Volk, oder richtiger
mehrere Vülker von höchst merkwür-
diger Kultur, und die Erlebnisse cincs
Mannes von eincm Mute, dcr Toll-
kühnhcit mit Zähigkeit verbindet. Was
wir vermissen, ist ein einführcnder
Grundriß von unsrer gegenwärtigen
Kcnntnis dieser abgcspcrrten tibetani-
ichen Welt; man hätte dadurch sozu-
sagen eine Baustclle für all die Ein-
zelgcbilde gehabt, die das Buch an-
schaulich, aber ein wenig in die Luft
vor uns hinstellt. Nur dcn populär-
unterrichtcnden Wcrt jcdoch betrifft
diese Bcmüngelung: anregend und
unterhaltend in hohem Maße bleibt
das Buch jcdcnfalls.
Recht das Gegenteil dazu ist Ma rk
Twains „Reise um die Welt"
(Stuttgart, Robert Lutz), die sich
durchaus nicht auf verbotenen, son-
dern auf den meistbefahrenen Wegen
begibt. Mark Twains Buch ist Feuil-