weit über ihren Ohrenhorizont hinansgeht, von der sie bestenfalls
den äußeren Sums begreifen. Eine gesunde Musikpflege würde drei
Viertel nnsrer Konzertprogramine um einige Grade volkstümlicher ge-
stalten, sie würden dann auf dem Papier allerdings nicht so bedeutend
aussehn, dafür aber mehr echten Genuß bereiten. Es ist der herr-
liche Vorzug einer schönen „gebundenen" Melodie, daß sie jeden be-
glückt, den schlichten Musikfreund und den siebenfach gesiebten, ge-
schulten Musikus, und schließlich wird doch nicht für den letzteren
allein musiziert.
Also doch — „zurück zur Melodie"? Nein, lassen wir das
irreführende Schlagwort, das einen falschen allgemeinen Gegensatz
zwischen einst und jetzt vortäuscht. Wir brauchen die Anregungen
nicht zu mißachten, die aus dem Studium verflossener Kunstzeiten
aufsteigen und wissen doch: es ist mit dem bloßen „Zurückgehen" zu
keiner Zeit gegangen. Das Nachahmen an sich bringt niemals Lebens--
werte in die Kunst. Aber wenn das zutrifft, daß unsre Musikwelt
unter der Vorherrschaft des polyphonen Stiles leidet und daß eine
heiße Sehnsucht nach rein melodischem Ausdruck in ihr glüht: nun
dann vorwärts zur Melodie! In diesen Feldrus werden alle
freudig mit einstimmen. Richard Batka
Die Kunst im Garten
eit die moderne Bewegung sich von Geschnörkel und Verrenkung des
„Iugend"- und „Sezessions"-Stiles klarer und reiner zur vornehmen
Sachlichkeit entwickelt, schreitet sie auf allen Gebieten unaufhaltsam
vor. In Architektur und Ausstattungskunst, die Möbeltischlerei einge-
schlossen, sind es nur Inseln, die ihr noch widerstehen. Buchdruck und Buch-
ausstattung tragen die Bewegung sogar, so weit sie's nur können. Die Guß-
und die Textilindustrien kapitulieren vor ihr. Die Museen, Akademien,
Kunstgewerbeschulen werden nach und nach unter die Leitung der „neuen"
Männer gestellt, die größten Gesellschaften der Industrie, wie der Nord-
deutsche Llohd und die Berliner Elektrizitätsgesellschaft, suchen mit ihnen
Fühlung. Nur auf einem Gebiete scheint es anders zu stehn. Auf
keinem zweiten hätte eine große Ausstcllung mit solch vollkommener
Ahnungslosigkeit dessen, was not tut, geleitet werden können, wie sie
die „Internationale Gartenbau-Ausstellung" dieses Fahres zu Dresden
verriet. Nnd wir müssen dcm angesehenen Fachmann Willh Lange in
Wannsee sehr dankbar dafür sein, daß er durch seine Polemik gegen
meine und mcincr Gesinnungsverwandten Kritik dieser Ausstellung die
Gründe für die Nückständigkeit seiner meisten Fachgenossen an ästheti-
schem Verständnis an seinem eigenen Beispiel klargelegt hat — auch wenn
das nicht seine Absicht war.
Was Willh Lange in der „Gartenwelt" und in der „Täglichen
Rundschau" gegen uns sagt, beginnt mit einer Lapmtio malevolentiLe.
Bei meinem Unterschriftszeichen „A" fragt Lange „der Dichter Avena-
rius?", und der lcsende Gärtner lächelt orientiert: „freilich, wenn die
Dichter über Gartenbau-Ausstellungen rcden!" Meinen Meinungs-
genossen geht's aber übler. „Schlechte Maler, die sich nicht durchsetzen
konnten" — das gilt Riemerschmied und Schultze-Naumburg, die eine
Kunstwart XXI, j
den äußeren Sums begreifen. Eine gesunde Musikpflege würde drei
Viertel nnsrer Konzertprogramine um einige Grade volkstümlicher ge-
stalten, sie würden dann auf dem Papier allerdings nicht so bedeutend
aussehn, dafür aber mehr echten Genuß bereiten. Es ist der herr-
liche Vorzug einer schönen „gebundenen" Melodie, daß sie jeden be-
glückt, den schlichten Musikfreund und den siebenfach gesiebten, ge-
schulten Musikus, und schließlich wird doch nicht für den letzteren
allein musiziert.
Also doch — „zurück zur Melodie"? Nein, lassen wir das
irreführende Schlagwort, das einen falschen allgemeinen Gegensatz
zwischen einst und jetzt vortäuscht. Wir brauchen die Anregungen
nicht zu mißachten, die aus dem Studium verflossener Kunstzeiten
aufsteigen und wissen doch: es ist mit dem bloßen „Zurückgehen" zu
keiner Zeit gegangen. Das Nachahmen an sich bringt niemals Lebens--
werte in die Kunst. Aber wenn das zutrifft, daß unsre Musikwelt
unter der Vorherrschaft des polyphonen Stiles leidet und daß eine
heiße Sehnsucht nach rein melodischem Ausdruck in ihr glüht: nun
dann vorwärts zur Melodie! In diesen Feldrus werden alle
freudig mit einstimmen. Richard Batka
Die Kunst im Garten
eit die moderne Bewegung sich von Geschnörkel und Verrenkung des
„Iugend"- und „Sezessions"-Stiles klarer und reiner zur vornehmen
Sachlichkeit entwickelt, schreitet sie auf allen Gebieten unaufhaltsam
vor. In Architektur und Ausstattungskunst, die Möbeltischlerei einge-
schlossen, sind es nur Inseln, die ihr noch widerstehen. Buchdruck und Buch-
ausstattung tragen die Bewegung sogar, so weit sie's nur können. Die Guß-
und die Textilindustrien kapitulieren vor ihr. Die Museen, Akademien,
Kunstgewerbeschulen werden nach und nach unter die Leitung der „neuen"
Männer gestellt, die größten Gesellschaften der Industrie, wie der Nord-
deutsche Llohd und die Berliner Elektrizitätsgesellschaft, suchen mit ihnen
Fühlung. Nur auf einem Gebiete scheint es anders zu stehn. Auf
keinem zweiten hätte eine große Ausstcllung mit solch vollkommener
Ahnungslosigkeit dessen, was not tut, geleitet werden können, wie sie
die „Internationale Gartenbau-Ausstellung" dieses Fahres zu Dresden
verriet. Nnd wir müssen dcm angesehenen Fachmann Willh Lange in
Wannsee sehr dankbar dafür sein, daß er durch seine Polemik gegen
meine und mcincr Gesinnungsverwandten Kritik dieser Ausstellung die
Gründe für die Nückständigkeit seiner meisten Fachgenossen an ästheti-
schem Verständnis an seinem eigenen Beispiel klargelegt hat — auch wenn
das nicht seine Absicht war.
Was Willh Lange in der „Gartenwelt" und in der „Täglichen
Rundschau" gegen uns sagt, beginnt mit einer Lapmtio malevolentiLe.
Bei meinem Unterschriftszeichen „A" fragt Lange „der Dichter Avena-
rius?", und der lcsende Gärtner lächelt orientiert: „freilich, wenn die
Dichter über Gartenbau-Ausstellungen rcden!" Meinen Meinungs-
genossen geht's aber übler. „Schlechte Maler, die sich nicht durchsetzen
konnten" — das gilt Riemerschmied und Schultze-Naumburg, die eine
Kunstwart XXI, j