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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 25,4.1912

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Heft 20 (2. Juliheft 1912)
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Rundsschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9025#0164
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Qualitätsware auszulesen,
solche, „die bei nröglichster Zweck-
mäßigkeit in Material und Aus-
führung einwandfrei und in der
Formgebung von Interesse ist", um
zu zeigen, wie weit der Gedanke
der Qualitätsarbeit in der allge-
meinen bayrischen Gewerbepro-
duktion schon durchgedrungen ist,
und damit bei Herstellern und Ab-
nehmern dahin zu wirken, daß er
weiter und womöglich überall durch-
dringe. Wenn man bei manchen
„Branchen" weitherzig, da und dort
sogar sehr weitherzig war, so mußte
man's eben bei rückständigen Ge-
werben sein. „Wir stehen erst am
Anfang dieser Arbeit", betont mit
Recht der „Führer", der beste seiner
Art, den wir kennen, in dem Ioseph
Popp von Gruppe zu Gruppe
die einzelnen Qualitätsforderungen
mustergültig bespricht. Das Ganze
ist lustig aufgemacht, aber nicht nach
Naumkunstsätzen, nicht mit der Ab-
sicht, in Wohn- und Gebrauchs-
räumen ein Beisammen des Ver-
schiedenartigen wie im Gebrauch
vorzuführen, sondern klar als Vor-
führung von Verkaufsware, Markt
mit „Dultleben und Dultstimmung".
Werkstätten sorgen dafür, daß der
Besucher auch von der Arbeit selbst,
deren Erzeugnisse er hier sehen und
kaufen kann, nützliche Vorstellungen
mit heim nimmt.

Heimatwerte

Gelegentlich des Flensburger Klo-
sters

n Flensburg geht die Rede da-
von, man wolle „das Kloster",
jetzt ein Altersasyl, abreißen, um
eine schöne gerade Straße zu be-
kommen. Aber den einzelnen Fall
an sich wäre nicht viel zu sagen,
als daß man wieder einmal, wie in
unsern Kleinstädten so oft, zugun-
sten einiger Interessierter ahnungs-
los ein Stück Stadtschönheit zer- ^

stört, da man die Altersschönheiten
nun einmal nicht sieht. Treibt
man es so weiter, so wird auch
Flensburg bald so langweilig wer-
den, wie so viele Städte sind, denen
das ersehnte „Modernisieren" ge-
lungen ist. „So ist gelungen jeder
Plan, und keiner sieht das Nest
mehr an", sagt Keller.

Aber gelegentlich dieser
Sache zwei Worte über Heimat-
werte überhaupt. Daß solche Werte
wichtig sind, dürfte ernsthaft
keiner bestreiten, der sich darüber
klar ist, daß Heimatliebe überhaupt
wichtig ist, Liebe zur „Scholle",
Liebe zum „Herd". Das Gefühl
dafür wurzelt auch sehr viel tiefer,
als meist scheint, und gerade im
kleinen Mann, dem Heimatfreude
so viel ersetzen muß und auch er-
setzen kann — wo sie noch mög-
lich ist. Nur der „Kapitalismus"
ist ihr feind, da sie mit andern
Werten in seine glatte Rechnung
kommt als den seinen und ihn
deshalb in seinen Interessen stört.
Und dem reinen Erwerbsgeist ist
es, sozusagen, geglückt, auch dem
kleineren Manne zu imponie»
ren. Man ist auf den Schwindel
hereingesallen, der reine Erwerbs-
geist sei der moderne Geist. So
stimmt man Herrn Kaufmann A
und Herrn Rechtsanwalt B und
Herrn vr. L und gar Herrn Kom-
merzienrat D im Bewußtsein, man
sei ein moderner Mann, kopfnik-
kend zu, wenn die beispielsweis
sagen: das Nordertor muß fallen,
denn wir stehen im Zeitalter des
Verkehrs, oder das Kloster, dieser
alte Kasten, muß weg, damit wir
eine schöne gerade Geschäftsstraße
kriegen und aus einigen Grund-
stücken mehr Rente ziehn. Das
scheint ja alles so klar, daß man
schon etwas gescheit sein muß, um
einzusehn, wie fürchterlich dumm
es ist. Welches Interesse haben

2. Iuliheft M2 sZZ
 
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