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Kunstwart und Kulturwart — 35,1.1921-1922

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Heft 1 (Oktoberheft 1921)
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Avenarius, Ferdinand: Aus dem "Jesus"
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https://doi.org/10.11588/diglit.14434#0051
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Und jctzt? Die tvelt von Steinen!

Und dn nrein A)eltrvert-Schatz, öcn Gott ins Rerz
Mir eingesenkt, l'ist anch nur Stein,

Lin ungeheurer Demant-Stein
Von Innen-Licht,

Und der zerxreßt den Trägcr.

(Aufhorchend:) war das kcin Menschenlaut?

Uein, nur der Angstschrei «ines vogels, dcn

Lin LNaröer fing. (Lauschend:) Und wieder Stille.

(Lr geht umhcr. Das Lolgendc schnell sich steigernd:)
was sündigte der Vogel, dcn dcr Maröer jetzt
Aerreißt? Lserr, und was ich? Gott, öicsen Uelch,

Gott Zebaoth, was schickst du mir den Uelch?

Ich bin auch Lleisch, was höhnt mich aus öer Nacht,
was znckt nach mir, mit Peitschcnhieben,
was sticht nach mir?

(Fast schrciend:) Lin Schattcn, Gott, ein riesiger Schatten. . .
Lin Ureuz! Mein Gott: ein Urcuz! . . .

(Lr weckt dic Drci:) Uönnt ihr öenn öiese Nacht nicht mit mir
wachen?!

Simon:

Ich bin toömüdc. kserr, öoch will ich gern . . .

Iohannes:

Du riefcst, LNeister?

(Bcide sinken schlaftrunkcn zurück.)

Iesus:

Schlaft, Brüder, schlaft — ihr müßt ja schlafen, schlaft!
Verzeiht mir, Brüder!

(Lr nimmt seinen Mantel und legt ihn einem unter den Uoxf. Dann
sitzt er einc kurze j)ause lang wieder mit vergrabenem Gesicht. Nun

sich aufreckcnd:)

Nein Lserr, ich muß dir sxrechen, und d u mußt
Nlich h ö r e n. wofür strafst du mich?
war ich denn nicht dein Uind?
wahr ist es:

Seit ich das weiß, was kommt, sieht mich das wort,

Nlit dcm öas Uind den nennt, dcr es erschuf,

Das auszusxrechen sonst ein Uüsscn war

2luf beinc Lsand,

wie eine augcnlose Larve an.

was strafst du mich?

Gott, jegliches Lrdenken

ward Tat in mir, wie dein Befehl sie rief —

Irrte ich, Gott, wer gab mir's ein als du?

Gott, wärst du doch dcr Aharisäer Gstt? —

Gott, wärst öu klein? Gstt, ob du mich im Finger
Zermahlcn kannst, wie ich dies wclke Blatt —

Du sagtest mir, daß du dic Licbe seist,

Gott, bist du nicht einmal gerecht?

Ich schrei dich an: kserrgott erklär' dich mir,

Der dich zu fasscn sich zerringt . . .

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