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Kunstwart und Kulturwart — 36,1.1922-1923

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Heft 6 (Märzheft 1923)
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Trentini, Albert von: Süße Erde!
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Altenberg, Peter: Aus einem Brief an Arthur Schnitzler
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https://doi.org/10.11588/diglit.14437#0282

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Wächst nun bekehrt in deiner Nähe Grenzen,

Um First und Schwelle frisch mit Laub zu kränzen.

O, Mensch zu sein, auch Gast am Tisch der Wonne!

Beglückt zu wissen: Sein ist höchster Sinn!

Wie lehrtest du mich erst, erstandne Sonne,

Daß ich auch Stern im großen Wandel bin!

Als du erschienst, war alles neu vollbracht,

Schön lag das Menschenwerk in Gottes Werken,

Und weil des eignen Glaubens heiße Macht
Dich zwang, auch mich zur Tat hinan zu stärken,

Erkannt' ich selig, daß ich selber lebte,

Rnd, was die Welt will, ahnend mit ihr strebte!

Und ist der Lod von meiner Statt verbannt,

Die Zeiten ziehn gemäß am Firmament.

Froh baut sich alles, wo sich nichts mehr trennt.

Aus beiden Schalen wird gerecht gespendet.

Kein Fremdling stöhnt, der Trieb ist gottgesandt,

Des Willens Allkraft hohem Ziel gewendet.

Leicht stirbt der Sorge stummer Dornengruß,

Weil fest im Wahren steht der wahre Fuß.

Es leitet jeder Pfad ins ganze Eine,

Und jeden Irrtum wandelst du ins Reine.

Und: Mut auf Mut! Die Gletscher scheinen tzügel.

Vor keiner Tiefe scheut sich tzand und Mund.

Des Blitzes Zündlust hemmt kein grauer Zügel.

Orkan und Rast vermählt derselbe Bund.

Und wenn das tzerz mit dieser Waglust streitet —

Verheißt nicht Stund auf Stunde hellres Glück? —

Und bang auf einmal ihrer Iagd entflieht,

Erschrockne Sehnsucht neu die Arme breitet
Nach einem Reich, wo nur noch Friede blüht,

Dann stürz' ich, Flug, der sich zu hoch vermessen,

An deine Brust mich heimverklärt zurück:

Geheimnis dir, und Duft um dein Vergessen,

Von allem Sohn, doch nur von dir besessen!

Aus einem Brief an Arthur Schnitzler

Von Peter Altenberg
HVrie schreibe ich denn?!

^^Ganz frei, ganz ohne Bedenken. Nie weiß ich mein Thema vorher,
nie denke ich nach. Ich nehme Papier und schreibe. Sogar den Titel schreibe
ich so hin und hoffe, es wird sich schon etwas machen, was mit dem Titel
in Zusammenhang steht.

Man muß sich auf sich verlassen, sich nicht Gewalt antun, sich entsetzlich
frei ausleben lassen, hinfliegen —.

Was dabei herauskommt, ist sicher das, was wirklich und tief in mir
war. Kommt nichts heraus, so war eben nichts wirklich und tief darin
und das macht dann auch nichts.

Ich betrachte Schreiben als eine natürliche organische Entlastung eines
vollen, eines übervollen Menschen. Daher alle Fehler, Blässen.

Ich hasse die Retouche. Schmeiß es hin und gut —! Oder schlecht!

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