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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Neue Arbeiten von Hugo Lederer
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0038
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Leichtigkeit der Bewegung auf;
die eine, „Diana", in ihrer fliegen-
den Grazie wie von attischer Luft
umweht, die andere, „Nach dem
Bade", mit interessantem Linien-
spiel. Es sind zwei ausgezeichnete
Beispiele dafür, wie Lederer, der
Bewältiger großer und starrer
Gesten, auch die Sprache der An-
mut meistert und des Ewig-
Jugendlichen, das sich im leicht
erregten Moment offenbart.

Von dorther hat er auch die
goldeneLaunezuseinem Brunnen-
buberl am Fischmarkt in Aachen
mitgebracht, dem pausbäckigen
Burschen, der zwei zappelnde
Fische an seinem nackten Bäuch-
lein hält. O weh, dies arme
Aachener Brunnenbuberl, in das
sein Schöpfer so viel frischen
deutschen Humor steckte! Die
Aachener hatten von diesem guten
Humor leider nur einen schwachen
Begriff, vielmehr mußten sie sich
arg sittlich entrüsten, daß das
Büblein so gänzlich nackt war!
Was konnte das für Unheil unter
den heranwachsenden (oder schon
darüber hinaus gewachsenen)
Aachenerinnen anrichten! Und sie
beschwerten sich schleunigst beim
Kadi, daß man einen kleinen
nackten Kerl so vor alle keuschen
Augen hinpflanzte — und das
Brunnenbuberl wird nun wohl

figürchen des brunnens am fischmarkt zu Aachen^ LED£RER oder Übel mit ein bis drei Feigen-
blättern dekoriert werden. Der

NEUE ARBEITEN VON HUGO Künstler, der noch dazu den köstlichen kleinen
LEDERFR Brunnen der Stadt Aachen geschenkt hatte, wird

^ ' hoffentlich dafür ein erlösendes Lachen finden —

Lederer, der unermüdlich Wirkende, gleich im Verein mit dem Berliner Kollegen Kolbe,
der erst jetzt zum Krupp'schen Jubiläum eine den die Godesberger (900 Männer und Frauen)
Monumentalarbeit geschaffen, gibt mit mehreren soeben beim Gemeinderat verklagt haben, daß
anderen neuen Werken seiner Hand wieder sein neu aufgestellter Brunnen mit dem unbe-
schöne und vielfältige Überraschungen. Von kleideten Oberkörper einer Frauengestalt die
bedeutender Anlage zeigt sich der Entwurf zu ganze Godesberger Sittlichkeit verderbe. (Für
einem Charitasbrunnen für den Platz an der Ber- solche „Kunstfreunde" kommt eine treffende
liner Kaiser Wilhelm-Gedächtniskirche. Der Antwort in Betracht, die einmal eine euro-
Künstler umgeht die übliche Allegorienverbrä- päische Fürstin gab, als ein Kammerherr vor
mung und erreicht seinen Eindruck durch die einer halbnackten Figur sich die Bemerkung
schöne Mutter- und Kind-Gruppe und die rund erlaubte, diese Figur sei doch etwas indezent,
um den Brunnenrand auf Kugeln sitzenden Die Fürstin sagte darauf: „Das Indezente, mein
Putten; ein Spiel freundlicher Gedanken regt sich Herr, liegt in Ihrer Bemerkung.")
und wandelt die Barmherzigkeit, die sich sonst Den Meister der bildhauerischen Form ver-
in Ernst zu kleiden liebt, zu heiterer Milde. rät Lederer dann aufs Neue in zwei Porträtbüsten,
Neben diesem gedanklich feinem Projekt der des Geheimrats Heidemann und derjenigen,
tauchen zwei Kleinbronzen voll wundervoller die Richard Strauß darstellt. L.

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