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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Giesecke, Albert: Handzeichnungen venezianischer Meister des 18. Jahrhunderts im Berliner Kupferstichkabinett
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0328
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HANDZEICHNUNGEN VENEZIANISCHER MEISTER

scheidenen Ansichten von Kanälen, Kirchen und unruhigere Strich, die schaukelnden Schatten
Palästen malen. So stark war das Bedürfnis nach auf dem spiegelnden Wasser zeigen aber auch,
solchen, daß er zu deren Befriedigung einen fabrik- inwieweit er von ihm abweicht. Im Vergleich
mäßigen Betrieb mit vielen Gehilfen einrichtete, mit ihm hat man Canaletto akademisch genannt,
Eine Zeichnung von ihm, wohl der Entwurf und das ist, cum grano salis verstanden, richtig,
zu einem Gemälde, wie man aus der ziemlich Wie ganz anders als Canalettos Ansicht von
weit getriebenen Austuschung der Schattenpartien S. Giacomo ist das folgende Blatt von Guardi,
schließen muß, zeigt seinen aufrichtigen, ehr- eine Partie am Canal grande: wie das zappelt
liehen, hie und da aber doch gern zu einem und flackert! Eine Impression ist festgehalten,
humoristischen Kringel neigenden Linienzug. wie sie nur Venedig geben kann. Wir befinden
Sie stellt Platz und Kirche von S. Giacomo di uns an einer der lebhaftesten Stellen des Canal
Rialto dar, rechts wird der Blick an den Kauf- grande, zwischen dem Ponte di Rialto und
laden entlang über den Ponte di Rialto geführt, dem Gemüsemarkt, links der Palast der Stadt-
links entdeckt man ein Stück vom Palazzo de' kämmerer (Steuereinnehmer, camerlenghi), rechts,
Camerlenghi. Ein bei aller topographischen zur Hälfte sichtbar, die fabbriche vecchie di Rialto,
Exaktheit doch höchst lebendiges Blatt! Maleri- der schmale Durchgang zwischen beiden führt auf

scher allerdings durch seine größere
Lebendigkeit und Vibritation der
Linie und damit zugleich ausdrucks-
voller, wo es sich um die Wieder-
gabe der Gebrechlichkeit und Ver-
kommenheit eines Gebäudes und von
Gerümpel aller Art handelt, ist die
Ansicht eines Höfchens in Padua,
die gewiß manchen anheimelt und
ihn an deutsche Maler, wie Spitz-
weg etwa, erinnert. Mit kräftigen
Lettern in venezianischem Dialekt und
einigen Sprachschnitzern hat der
Meister darauf gesetzt, daß er's ge-
macht. In der Art dieser Zeichnung
sind übrigens die meisten seiner ge-
ätzten Veduten, von denen einige
auch aus Padua datieren, gehalten,
und zu einer von diesen hat unserer
Zeichnung auch der Entwurf ge-
dient. Ein drittes, zudem tempera-
mentvoll gezeichnetes Blatt in reiner
Federzeichnung, zeigt, wie sehr ihm
am Malerisch - Ruinösen, dem Zer-
fließenlassen der Umrisse im Licht
der Landschaft liegt. Es stellt ver-
mutlich den Entwurf eines Titel-
blattes für eine Folge von Veduten
dar, wie er eines, allerdings mit
anderen Motiven, geätzt hat. In die
Fläche zwischen die einen Architrav
tragenden Pfeiler sollte der Text des
Titels zu stehen kommen.

Eine bizarre Natur ist Francesco
Guardi. Von ihm besitzt das
Kabinett eine ganze Reihe schöner
Blätter. Eines, eine Ansicht vom Ein-
gang zum Arsenal in Venedig —
das sich im Ganzen auch heute noch
so präsentiert, nur die spaßige Zug-
brücke ist nicht mehr im Betrieb —

zeigt ihn als Schüler Canalettos, der skizze. zauberer giov. batt. tiepolo

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