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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Sachs, Hans: Bucheinband und Buntpapiere, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0427

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BUCHEINBAND UND BUNTPAPIERE

Kleisterp apiere
kurz besprechen.
Nicht als ob ihre
Anfertigung ein Er-
folg der Neuzeit wäre.
Im Gegenteil. Schon
im 18. Jahrhundert
ist auch diese Kunst
in primitiver Weise
von den alten Buch-
bindern gepflegt wor-
den. Aber noch mehr
wie in den Tunkpa-
pieren liegt wohl in
ihnen, in ihrer Neu-
belebung, ein Wie-
dererwachen indivi-
dueller ästhetischer

Handwerkskunst,
eine Rückkehr zur

künstlerischen
Durchbildung des
wohlfeilen Buchein-
bandes. Ja, noch
mehr; die rasche
Vertrautheit mit dem
Material, die tech-
nisch einfachen
Handwerksmittel er-
möglichen es dem
künstlerisch veran-
lagten Bücherfreun-
de, selbst diese Kunst
in kurzer Zeit zu er-
lernen und seinerBib-
liothek eine durchaus
persönliche Note zu
verleihen. Auch diese
Papiere hat man be-

derl Marmorierkunst den Auftrag für ein oder reits maschinell herzustellen versucht. Daß der feine
mehrere Tausend handgefertigter Tunkpapiere Reiz, der gerade hier in der Anfertigung durch
erteilen. die Hand liegt, gänzlich verloren gehen muß.

Eine besondere Farbenfreudigkeit spiegeln die zeigen die Erzeugnisse dieser Industrie.
Arbeiten der Künstler und Kunsthandwerker wie- Man bedarf zur Herstellung eines Kleister-
der, die sich in Wien in den Wiener Werkstätten papieres nur eines einfachen Buchbinderkleisters,
zu gemeinsamer Arbeit vereinigt haben. Kolo der mit einer sogenannten Erdfarbe zusammen-
Moser, Joseph Hoffmann, Karl Beitel, deren gerieben wird. Bestreicht man den Papierbogen
kunstgewerbliche Tätigkeit ja allgemein bekannt mit diesem Gemisch, legt zwei derartig vorbe-
ist, verwirren uns in ihren Vorsatz- und Einband- reitete Bogen mit der Farbseite aufeinander und
papieren oft durch das kunterbunte, bisweilen bestreicht oder beklopft nun mit einer Bürste
bis zur Exzentrik gesteigerte, das Auge irritierende oder anderen Instrumenten gleichmäßig die Rück-
Spiel von Farben und drolligen Einfällen: Polvpen- seite, so erhält man nach dem vorsichtigen Ab-
artige Gewächse, Tupfen von der Form eigen- ziehen der Bogen von einander eine eigenartige
artig gestalteter Gebilde, verschlungene Fascrbil- Musterung. Man kann natürlich in der farbigen
düngen, leuchtend rote und blaue Kugeln auf ge- noch feuchten Kleistermasse allerhand Zeich-
sprenkeltem Grund, Fische oder Vögel, die sich nungen anbringen, mit einem Kamm. Streich-
aus bunt verschlungenen Ornamenten lösen. hölzern oder crezahnten Brettchen, mit Pinsel

Als letzte Gruppe endlich will ich noch die oder Finger, mit Schwamm und Hasenpfote,

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DAS HAUS DER RECHTSANWÄLTE. ERFRISCHUNGSRAUM VOR DEM FESTSAAL

SCHMIEDEN U. BOETHKE
 
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