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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 1.1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.8803#0402
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Zeichnung von Alois Florach

Amtlicher Bericht: „Die Verfassungsfeier nahm einen programmäßigen Verlauf .

BERICHT VOM VERFASSUNG STAG

Durch der Regierung Gnade ward erlaubt,

Die annoch gültige Republik zu feiern,

Natürlich nur mit Maß. And überhaupt
Bezog sich die Erlaubnis nicht auf Bayern,

Das solchen Anfug kurzerhand verbot.

And feinen Festrausch lieber dafür sparte.

Daß vor zehn Jahren nun sich schwarzweißrot
Der deutsche Golt-mit-Anssinn offenbarte.

Doch auch der Reichsregierung Stresemann-
Marx war der Tag kein inneres Erlebnis.

Die Äerrn sehn das Berfaffungsdatum an
Als ein zufälliges Kalendergebnis

Ans'res Zusammenbruchs. Deshalb verlief
Der Tag der Reichsregierung als ein trister;

Auf dem Republikanapee verschlief
Die Feier dösend mancher Reichsminister.

Behörden waren etwas spärlich oft,

Das Volk war um so zahlreicher zur Stelle.

Auf Militärmusik hatt' man gehofft,

Doch: auf dem Berg steht die (Reichswehr) kapelle.

Dafür zog Marschkolonn auf Marschkolonn
Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold auf, stramm und reisig.
Nicht gern nahm oben man Notiz davon,

And die Begrüßung war oft polizeisig.

Ämter dem fchwarzrotgoldnen Bannerwald,

— Er riß ihm förmlich den Gesinnungsschleim wund —
Taucht dräuend auf der Gubener Staatsanwalt
Anklagen schreibend gegen den „Geheimbund".

Ihm sekundiert das Stolper Amtsgericht,

Als Glückwunschschreiben brachte es die freche
Arteilsbegründung, daß dem Wtllen nicht
Des deutschen Volks die Republik entspreche.

Nur eins vermißten viele ziemlich hart:

Daß zum Verfassungsseste nicht gewahr man
Der großen völkischen Äeroen ward:

Graf Arco, Techow, Tillessen und Laarmann.

Vergebens haben viele auch gespäht
Nach der festrednerischen Blechtrompete
Der Großberliner Aniversität, —

Es gab drum keine Rede-Diarroethe.

Auch Roßbachulken sah das Auge nicht.

Dagegen spielte auf der Schützenwiese
Äerr von Wendrin, das völk'sche Geisteslicht:

Adam im Mecklenburger Paradiese.

Doch wie der ganze Festakt schon vorbei
Äört aus den Büschen man ein Stöhnen heiser.

Zn Tränen aufgelöst hauchte dort ein Lakai:

„Wir Deutschlakaien brauchen den Lakaiser."

Mich, von Liudenhecken

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