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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 1.1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.8803#0404
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Justitia

Der Brotver teuerer

Guter N a t

Justitia hat die Binde vor,
damit sie ja nicht kieke.

Das ist ein schwarzweißrotcr Flor
in unsrer Republike.

Der ist so dünn, man glaubt nicht wie,
macht keine Sehbeschwerden.

And das ist gut. Es kann ihr nie
schwarz vor den Allgen werden.

Erich Meincrt.

*

Gerecht ist ungerecht und umgekehrt:
cs ist nicht alles eins, ob ein Prolete
erschossen ward und ein Prophcte
an's Kreuz geschlagen — oder ob
versehet

die Fensterscheibe eines Fabrikanten
vom Steinwurf eines Allbekannten:
denn oft ist eine Scheibe mehr als
ein Leben wert —
cs hängt nur davon ab, wein es,
wem sie gehört. Joseph Noch.

Graf Kanih

Zeichnung von
A. RLisch

O lieg', solang du irgend liegeil kanilst,
lind steh nur noch im Notfall auf.
Gedeihen wird wie ein Ballon dein
Wanst,

luld jeder nimmt dich gcril in Kauf.

Ich beispielsweise liege stundenlang
auf meinem alten Kailapee.

Ich fröhne friedlich meinem Freiheits-
drang

uild tue feinem Menschen weh.

Ein Liegender ist immer gern gesehn.
Er bietet kaum ein Hindernis.

Das große weltgeschichtliche Geschehn
erscheint ihm als ein Schattenriß.

Ein Liegender wird immer dankbar sein
für jeden Fuß, der ihn nicht tritt.

Am allerschönstcn liegt es sich zu zwcin,
ob sine sine oder mit.

O lieg', solang du irgend liegen kannst,
und kümmcr' dich um keinen Krieg.
Der Äimmel liebt den gottgelvollten
Wanst

und schenkt dem Liegenden den Sieg.

Sans Larbeck.

L. L.-Z e i t u n g s s ch a u

Im Feuilleton der „Deutschen Tages-
zeitung" Nr. 344 vom 24. Juli 1924 abends
behauptet ein sicherer Äanns Äeidsick von
einer Dame mit Bubikopf:

„Sie sah vollkommen aus lvie der Graf
in der Fledermaus:

Mein idealer Lebenszweck

Ist Borstenvieh und Schweinespeck."

Ans wäre die Dame wahrscheinlich vor-
gckommen wie der Bankdircktor aus dem
Wilhelm Teil: „Kurz ist das Paar und
ewig ist die Freude."

Im „Bergedorfer Volksblatt" vom
23. Juli 1924 wird über eine häusliche
Auseinandersetzung bei den Völkischen mit
folgender Eingangszeile berichtet:

„Im judendorffschen „Deutschen Tage-
blatt" des Äerrn Wulle lesen wir . . .
Der Setzer dieser Zeile hat offenbar
an Abraham Weylandt, Seidenhändler
in Stettin, den Argroßvater Ludendorffs,
gedacht.

Der „Vorwärts" vom 8. Juli (Nr. 162)
hat eine ähnliche Verbesserung erfahren.
Er berichtet über einen „Deutschen Tag"
in München folgendes:

Den Abschluß bildete eine Festvorstellung
von Kleists „Laermannsschlacht" im Prinz-
Regenten-Theater, von lvo dann die Teil-
nehiner einen Lackelzug zum Odeonsplatz
antraten. Auch kath olische Korps nahmen
daran teil und die verbotenen Verbände
Oberland und Reichskriegsflagge.

Braver Setzerkobold! Er spricht mit-
unter aus, was andere denken!

Die „Berliner Allgemeine-Zeitung"
vom 12. 7. bringt eine Skizze, in der eine

Die „Deutsche Zeitung" hat eine
Sondernummer „Zehn Jahre Krieg" her-
ausgegeben. deren Titelblatt mit deroben-
stehenden Zeichnung geschmückt ist. Auf
zahlreiche Anfragen nach demSinn dieses
Bildes geben wir unsere Deutung:

Die d e u t s ch e lt E t a p p e n h e l d e n,
um e i n Sektglas gescharrt.

Schauspielerin eine ihr angcbotene neue
Rolle nur ungern übernimmt. Sie verab-
schiedet sich von ihrem Direktor mit folgen-
den Worten:

„Ich gehe schon, und die Folgen eines
Durchfalls kommen nur auf ihr Äaupt,
Direktor!"

Viel Spaß, Perr Direktor. Eka.

Aber die Ermordung des amerikanischen
Konsuls in Teheran meldet die Rote Fahne
vom 22. Juli 1924 (Nr. 75) folgendes Detail:
Obgleich zahlreiche Polizeihunde und
bewaffnete Soldaten zugegen waren,
wurde kein einziger Schuß zur Verteidi-
gung des Opfers abgegeben.

Selbst von einem Polizeihunde ist nicht
mehr zu verlangen, als daß er — Purzel-
baum schießt.

Die „Münchener Neuesten Nach-
richten" hatten das große Glück, nach-
stehendes Gedicht bringen zu dürfen:

„L e b e n s g l ü ck!

Es wird gewünscht ein Fräulein fein,
Von Anstand lieb, an Sitten rein.

Das Ordnung kennt, den Paushalt wägt,
Nicht eitel ist, doch sich zierlich trägt,

Zur Gottesmutter das Perz erhebt.

In rührigemFleiß nachÄöherem strebt.

Das gesund an Perz und Sinn,

Dem sei Gegenliebe als Gewinn.

Fein' Geschäft und Liebe, alles ist da,

Nur fehlt lieb Frauchen, die Mama.
Südd. Universitätsstadt, blond,
gesund, gutmütig, Mitte 30."

Wo mag wohl diese blonde, gesunde,
gutmütige, 30 Jahre alte süddeutsche Ani-
versitätsstadt liegen? In Bayern?! —
da ist ja wahrhaftigen Gott kein Ding un-
möglich. Eka.

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