Um unsere lieben Leser als erste mit der unerhörten Erfindung bekannt zu macken, stellt die Redaktion „Lachen links” in
der Silvesternacht ein
Riesen ^Flaschenbier ^Teleskop
D. R. P. Stresemann 468321
im Hofe des Redaktionsgebäudes auf. Jeder Leser darf einen Blick ins neue Jahr tun. Diese Nummer dient der Vorbereitung.
Sie enthält die durch das Flaschenbier-Perspektiv ermittelten wichtigsten
Voraussagen und Ausblicke auf 1925.
Nun bitte herantreten und nicht drängeln! Immer einer nach dem andern. Und nicht den vorherigen Genuß von drei Kasten
Bier vergessen. Sonst sehen Sie nichts! Verfallen Sie nicht in Stresemanie! Im übrigen:
Prost Neujahr!
Stresemanns Flaschenbier-
Perspektiv D. R. P.
Von Erich Weinert
Das Stresemann-Flaschenbier-Perspektiv,
Deutsches Reichs-Patent (Lizenz zu ver-
geben!)
Neueste Attraktion, kolossiv,
das Weltanschauungsniveau zu heben! —
Niemand sollte sich entgehen lassen,
den Ankauf ins blaue Auge zu fassen,
um faustisch zu fühlen, was die Welt
im Innersten zusammenhält. —
Wir wissen recht wohl: In dieser Zeit
übernationalisierter Sachlichkeit
und überdifferenzierter Gehirnwindungen
enthüllen sich, ach nur wenigen Geistern
die metaphysischen Bindungen,
die das Chaotische zusammenkleistern. —
Alle Koryphäen der Philosophie
kamen aus intellektuellen Zonen
mit hyperästhetischem Lebenswandel.
Stresemann, mit höheren Intuitionen,
entdeckte als erster die Harmonie
zwischen Kosmos und Flaschenbierhandel.
Die Bierflasche als Ding an sich!
Im Mittelpunkt der Nationen!
Stresemann zieht den Gedankenstrich
von dort nach allen Daseinsregionen. —
Wir hatten ihm bitter unrecht getan.
Wir sahen die Dinge des Daseins schief.
Ein Blick durch das Stresemann-Perspektiv,
Und plötzlich fühlt man der Zeit auf
den Zahn! —
Sind Sie ein Skeptiker, wie gewöhnlich,
bitte, überzeugen Sie sich persönlich!
So! Die beiden Hälse als Okulare
fest und treu ins blaue Auge gedrückt!
Schon eröffnet sich Ihnen eine wunderbare
Perspektive, mit Eichenblättern bestickt! —
Sie sehen hier, wie kaleidoskopisch
das Heterogene ineinanderschmilzt,
und wie sich friedlich und philanthropisch
der schwarzweißrote Faden verfilzt! —
Wenn Sie die schwarzweißroten Ränder
stören,
die eigentlich nicht zum Bilde gehören,
bitte, so kümmern Sie sich einen Dreck drum!
Das ist das unvermeidliche Spektrum! —
Manchmal wird davon das Blickfeld getrübt,
als wenn eine Wolke sich drüberschiebt.
Da müssen Sie nicht gleich friedericusrexeln;
es kann auch ins Schwarzrotgoldne wechseln.
Sehen Sie nicht gleich alles in voller Schärfe,
bitte, wollen Sie sich nicht den Sehnerv
verrenken!
Sie müssen sich ruhig, mit innerer Verve
tief in den Geist der Zeiten versenken! —
Dann erst erscheint Ihnen, wonnig und mild,
ein zährenentlockendes Zukunftsbild. —
Da sehn Sie z. B. die Volksgenossen,
zum definitiv Aeußersten entschlossen,
vom Volksmonarchen bis zum Proleten
mit Flaschenbier zum Beten treten. —
Da wird alkoholisch, was lebt und webt,
in dionysischem Rausche zusammengeklebt.
Hier verwischen sich die sozialen Grenzen
zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Ein Bierherz und eine Säuferleber!
Und nirgends störende Lohndifferenzen! —
Dann sehn Sie das deutsche Parlament
einen kommentmäßigen Salamander reiben
623
und mit dem Stresemann-Patent
sich friedlich die große Zeit vertreiben! —
Herr Stresemann, der Voll und Ganzler
schwebt über den Dingen als eiserner
Kanzler
und spielt Versteckens und Bäumchen
wechselt euch!
und allerhand sinnige infantile
verfassungswidrige Gesellschaftsspiele
mit Gott für Thron, Altar, Kaiser und
Reich! —
Dann sehen Sie Herrn Schwarz-Weiß-
Roethe
als deutschgeborenen Flaschenbier-Goethe,
mit den Zer- und Vertretern deutscher
Kultur
auf der nationalen Bestimmungsmensur! —
Dann sehen Sie, mit feuchtfröhlicher Kehle,
die Nationalvölkischliberaldemokraten
durch ein Meer von Blut und Eisen waten,
ein Flaschenbierherz und eine Seele! —
Dann sehen Sie, mit berauschtem Gebelfe,
wie das Heer der schwarzen Reichs-
wehrwölfe
(solang ein Tropfen Blut noch glüht)
den deutschen Geist auf Bierflaschen zieht!
Sie sehn durch die Stresemann-Okulare
den nationalen Himmel so gut wie offen.
Denn Flaschenbier ist das einzig Wahre.
Heil Stresemann! Es wird weiter gesoffen!
Ein Volk in Not, zusammengeschweißt
durch Stresemanns patentierten Geist!
Wer ein deutsches Bierherz sein eigen
nennt,
der kaufe Stresemanns deutsches Reichs-
patent!
der Silvesternacht ein
Riesen ^Flaschenbier ^Teleskop
D. R. P. Stresemann 468321
im Hofe des Redaktionsgebäudes auf. Jeder Leser darf einen Blick ins neue Jahr tun. Diese Nummer dient der Vorbereitung.
Sie enthält die durch das Flaschenbier-Perspektiv ermittelten wichtigsten
Voraussagen und Ausblicke auf 1925.
Nun bitte herantreten und nicht drängeln! Immer einer nach dem andern. Und nicht den vorherigen Genuß von drei Kasten
Bier vergessen. Sonst sehen Sie nichts! Verfallen Sie nicht in Stresemanie! Im übrigen:
Prost Neujahr!
Stresemanns Flaschenbier-
Perspektiv D. R. P.
Von Erich Weinert
Das Stresemann-Flaschenbier-Perspektiv,
Deutsches Reichs-Patent (Lizenz zu ver-
geben!)
Neueste Attraktion, kolossiv,
das Weltanschauungsniveau zu heben! —
Niemand sollte sich entgehen lassen,
den Ankauf ins blaue Auge zu fassen,
um faustisch zu fühlen, was die Welt
im Innersten zusammenhält. —
Wir wissen recht wohl: In dieser Zeit
übernationalisierter Sachlichkeit
und überdifferenzierter Gehirnwindungen
enthüllen sich, ach nur wenigen Geistern
die metaphysischen Bindungen,
die das Chaotische zusammenkleistern. —
Alle Koryphäen der Philosophie
kamen aus intellektuellen Zonen
mit hyperästhetischem Lebenswandel.
Stresemann, mit höheren Intuitionen,
entdeckte als erster die Harmonie
zwischen Kosmos und Flaschenbierhandel.
Die Bierflasche als Ding an sich!
Im Mittelpunkt der Nationen!
Stresemann zieht den Gedankenstrich
von dort nach allen Daseinsregionen. —
Wir hatten ihm bitter unrecht getan.
Wir sahen die Dinge des Daseins schief.
Ein Blick durch das Stresemann-Perspektiv,
Und plötzlich fühlt man der Zeit auf
den Zahn! —
Sind Sie ein Skeptiker, wie gewöhnlich,
bitte, überzeugen Sie sich persönlich!
So! Die beiden Hälse als Okulare
fest und treu ins blaue Auge gedrückt!
Schon eröffnet sich Ihnen eine wunderbare
Perspektive, mit Eichenblättern bestickt! —
Sie sehen hier, wie kaleidoskopisch
das Heterogene ineinanderschmilzt,
und wie sich friedlich und philanthropisch
der schwarzweißrote Faden verfilzt! —
Wenn Sie die schwarzweißroten Ränder
stören,
die eigentlich nicht zum Bilde gehören,
bitte, so kümmern Sie sich einen Dreck drum!
Das ist das unvermeidliche Spektrum! —
Manchmal wird davon das Blickfeld getrübt,
als wenn eine Wolke sich drüberschiebt.
Da müssen Sie nicht gleich friedericusrexeln;
es kann auch ins Schwarzrotgoldne wechseln.
Sehen Sie nicht gleich alles in voller Schärfe,
bitte, wollen Sie sich nicht den Sehnerv
verrenken!
Sie müssen sich ruhig, mit innerer Verve
tief in den Geist der Zeiten versenken! —
Dann erst erscheint Ihnen, wonnig und mild,
ein zährenentlockendes Zukunftsbild. —
Da sehn Sie z. B. die Volksgenossen,
zum definitiv Aeußersten entschlossen,
vom Volksmonarchen bis zum Proleten
mit Flaschenbier zum Beten treten. —
Da wird alkoholisch, was lebt und webt,
in dionysischem Rausche zusammengeklebt.
Hier verwischen sich die sozialen Grenzen
zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Ein Bierherz und eine Säuferleber!
Und nirgends störende Lohndifferenzen! —
Dann sehn Sie das deutsche Parlament
einen kommentmäßigen Salamander reiben
623
und mit dem Stresemann-Patent
sich friedlich die große Zeit vertreiben! —
Herr Stresemann, der Voll und Ganzler
schwebt über den Dingen als eiserner
Kanzler
und spielt Versteckens und Bäumchen
wechselt euch!
und allerhand sinnige infantile
verfassungswidrige Gesellschaftsspiele
mit Gott für Thron, Altar, Kaiser und
Reich! —
Dann sehen Sie Herrn Schwarz-Weiß-
Roethe
als deutschgeborenen Flaschenbier-Goethe,
mit den Zer- und Vertretern deutscher
Kultur
auf der nationalen Bestimmungsmensur! —
Dann sehen Sie, mit feuchtfröhlicher Kehle,
die Nationalvölkischliberaldemokraten
durch ein Meer von Blut und Eisen waten,
ein Flaschenbierherz und eine Seele! —
Dann sehen Sie, mit berauschtem Gebelfe,
wie das Heer der schwarzen Reichs-
wehrwölfe
(solang ein Tropfen Blut noch glüht)
den deutschen Geist auf Bierflaschen zieht!
Sie sehn durch die Stresemann-Okulare
den nationalen Himmel so gut wie offen.
Denn Flaschenbier ist das einzig Wahre.
Heil Stresemann! Es wird weiter gesoffen!
Ein Volk in Not, zusammengeschweißt
durch Stresemanns patentierten Geist!
Wer ein deutsches Bierherz sein eigen
nennt,
der kaufe Stresemanns deutsches Reichs-
patent!