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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 2.1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.8804#0035
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JOSEF MARIA FRANK: DER PARAGRAPHENHENGST

Nach seiner Meinung war im Anfang (vor dem Wort!) der §!
Diesem ist er verpflichtet und dieser hat sich in ihm eingenistet
und sein Gehirn möbliert und ihn sich assimiliert und überlistet.
Nun fcnnt er ihn auswendig und im Schlaf.

Er bevölkert die verschiedensten öffentlichen Gebäude und
Aemter

und hält sich für notwendig und ist davon überzeugt und sonst
in betreff

einer Angelegenheit nie zuständig, schon allein aus Prinzip und
und beschwert man sich, wird er noch unverschämter. sSchema F;

(Man darf ihn nur mit Vorsicht genießen und mit Handschuhen
anfassen,

sonst wird man vor einem geschlossenen Schalter stehen gelassen!)
Sein Zustand ergibt sich aus der aus seiner Pensionsberechtigung
und dem Beamtenbeleidigungsparagraphen verliehenen Ermäch-
tigung.

(Würde man ihm seine §§§ stehlen,
würde ihm das Düngemittel seiner Seele fehlen
und würde in seinem Kopf ein Pohlraum entstehen
und müßte er laut § in 0,0 zergehen .. .)

Sinnsprüche

Schauplatz: Zentralleitung eines großen
Unternehmens.

Am Ende eines Korridors gabeln sich
zwei Gänge.

Der eine Gang führt zu den Räumen
des Chefs, der andere zu den Arbeits-
zimmern der Angestellten.

Aeber der Tür zu den Angestellten ist
ein Sinnspruch angebracht:

And über der Tür des Chefs ist auch
ein Sinnspruch angebracht:

Aus der guten
Gesellschaft
„Deine Verwandten
inBuxtehude willst Du
in diesem Reisekostüm
besuchen? . . . Das
ist doch für Buxtehude
viel zu elegant!"

„Du hastrecht, lieber
Mann — ich werde
nachNizza reisen...!"

Freundschaft
Dieser Kinderfreundegruß ist in Deutsch-
österreich unter groß und klein weitverbreitet.
So konnte in Wien folgender Ausgang
eines Kampfes zweier Buben beobachtet
werden: Peulend zog der Anterlegene ab,
indem er schluchzend dem Sieger zurief:
No wart, Schani, du miserabliger Kerl, du,
i sag's mein großn Bruadern, der wird
dirs scho' zag'n, wirst scho' seh'gn, was't für
Piab kriagst, du, wart nur — Freindschoft!

Die Loreley

„Sie sagen, die Juden hätten kein Ver-
dienst um die deutsche Dichtkunst. Wer hat
denn das volkstümlichste deutsche Lied ge-
dichtet, das Lied von der Loreley? Der
Jude Peine!" — „Ach Peine, die Lore Ley!
Die hat sicher auch ursprünglich Lore Levy
geheißen!"

Zeichnung von Fred Knab

„Was? Das reicht für Sie nicht zum Abendessen — damit hat Christus
4000 Mann gespeist. Sie gottlose Person!"

Geistesgegenwart

Bankier Freundlich
kam zu unerwarteter
Stunde ins Bureau
und stöberte den Lehr-
ling bei der Maniküre
allst

„Paben Sie nichts
zu tun?" hauchte der
Chef den Stift an,

„hier,tragenSie diesen
Schein zumKassierer!"

Freundlich kritzelte
eine seiner berühmten
Orders herunter, die
kein Mensch im ganzen
Pause entziffern kann.

Der Stift flitzte damit
in blödsinniger Eile an
die Kasse.

„Was ist das nun
wieder?" fragte der
Kassierer, den Schein
nach allen Pimmels-
richtungen lvendend,
ohne seiner Bedeutung beizukommen. Der
Stift deutete auf die einzig lesbare Ziffer
zehn und erklärte:

„Das wird eine Zulage für mich sein!"

Couloir-Schmus
Eine kleine Anter-
haltung mit dem kom-
munistischenFührerX
Ich mache ihn im Ge-
spräch darauf aufmerk-
sam, daß es mit der
Aeberzeugungstreue
eines gewissen V- bel-
eben erst von einer
rechtsradikalen Partei
zu deil Kommunisten
hinübergewechselt ist,
nicht besonders weit
her zu sein scheine. X
verteidigt den Ange-
griffenen wärmstens:
„Sehen Sie, das ist
einer der wenigen
Menschen, die den
Mut haben, einen
Äberzeugungswechsel
ehrlich einzugestehen.
Tausend andere wür-
den trotz des inneren
Amschwungs ihre alte
Ansicht weiter heu-
cheln." — Bald darauf
kommt das Gespräch
auf Adolf Poffmann,
der von den Kommu-
nisten zu den Sozial-
demokraten zurückge-
kehrtist. Mein fährt
zornig auf: „Schwei-
gen Siemir von diesem
Renegaten!"

Onkel Zwiebelmeier besitzt einen spre-
chenden Star. Eines Tages fragt sein Neffe,
der kleine Willy: „Onkel, lernen alle Stare
sprechen?" „Nee, Junge, die meisten Film-
stare lernen es nie!"

Arbeit ist des Bürgers Zierde!

Segen ist der Mühe Preis!

Leinz Ludwigg.
 
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