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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 2.1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.8804#0095
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In einer kleinen Ortschaft im bayerischen
Algäu macht sich ein tüchtiger Schneider-
geselle bei den Eingeborenen beliebt.

Da wird der Schneider krank und muß
nach Schrobenhausen ins Krankenhaus,

weil der Schneidermagen elend verdorben
uab verpfuscht ist.

Le, sowas?

In der kleinen Ortschaft gibts von hundert
neunundneunzig gesunde Menschen. And
grad der brave Schneider muß krank werden.
Grad der!

Lin und her wird geraten am Montag-
früh, während der kranke Kerl im

Spital hockt. „Koan
Rausch ghabt?" fragt
einer so seitwärts her.

„Da Schneider wa
gesternnetbsuffa!" stellt
einer energisch fest.

„Wos hat a denn
gestan z'Mittag gessn,
da Schneida?" fragt
einer mit der Manier
eines Bauerndetektiv.

„Ban Ramsching
hat dä Schneida Le-
berknödl gessn . ." gibt
jemand Bescheid.

Kaum ist der Sach-
verhalt klar, da fährt
auch schon die Kohl-
schwarzlena drein. Die
weiß nämlich mehr als
die andern, weil sie im
katholischen Pfarrhaus
zuspringt, fegt und puht.

DieKohlschwarzlena
machtgleich dreiKreuze,
schlägt dieLändeüberm
Kopf zusammen und
blärrt los: „Lebaknödl
Hot ä gessn ba dä
Ramschingäs, dä arm
Schneida? Iessasmari-
andjosef! Iazt is die
Teifisgschicht klar, wa-
rum dä guatkatholischä
Schneida krank worn
is. . die Lebaknödl. .
Iessasna! ... die
Ramschingäs sann ja
alle mitanand — luthe-
risch!" Piptn.

Burgfrieden
Ein Pariser Lotel-
wirt wurde neulich nach
der Anzahl und Na-
tionalität seiner Gäste
gefragt. Er antwortete:
„Ich kenne keine Par-
teien mehr, ich kenne
nur noch Deutsche!"

Die Stunde

Sie sammeln sich, sie häufen sich,

O Arbeitsmann, schau auf!

Sie sammeln sich, sie spreizen sich.
Bereiten sich auf Lieb und Stich,

O Arbeitsmann, schau auf!

Sie sind so fett, so schön beinand,

O Arbeitsmann, schau auf!

Was Lerrentum nicht alles kann,

Zu nichts nutz ist der arme Mann,

O. Arbeitsmann, schau aus!

Sie sitzen nun auf Deutschlands Dach,
O Arbeitsmann, schau auf!

Die Freiheitsfahne sinkt herab, fGrab?
Sinkt Schwarzrotgold schon in sein
O Arbeitsmann, schau auf! Max Dorm.

Etikette

DieFrauKreisschul-
rat und die Frau Se-
minardirektor begegnen
einander. Letztere grüßt
nicht. Daraus ergibt sich
folgender Briefwechsel:

Brief des Kreis-
schulrats an den
Seminar direktor
Sehr geehrter Lerr
Direktor! Ihre Gattin
ging heute an meiner
Frau grußlos vorüber.
Ich bitte gütigst be-
wirken zu wollen, daß
sie sich entschuldigt.
Antwort des Semi-
nardirektors an den
Kreisschulrat
Sehr geehrter Lerr
Kreisschulrat! Leider
kann ich Ihren Wunsch
nicht erfüllen, da ich
ebenso unter dem Pan-
toffel stehe wie Sie.

Dem Doktor Dinter ging es schlecht.

Er hatte noch nicht seine blutigen
Sünderromane geschrieben, wußte kaum,
was ein Jude ist und schlug sich nur mit
dem Leben herum.

Einmal mußte er einen Ball besuch n.

Geldklamm und verärgert stand er im Saal
umher, so verlassen, wie jetzt in der Partei.

Da trat ein Freund auf ihn zu, klopfte
ihm, nach langem Suchen, auf den Kopf
und sagte: „Arthur, tanz doch diesen

Jimmy, sei doch nicht so." Arthur wandte
sich verärgert ab, wie heute, und knurrte:

„Bedaure, ich bin Antijimmyt."

Linter ihnen stand
ein Lerr, der sich jetzt
umwandte und zuLerrn
Dinter schritt:

„Antisemit sind Sie?

Gott sei gedankt, daß ich
einen gefunden habe.

Sie müssen mir ein
Buch schreiben."

Nachdem Arthur
aufgeklärt war, was die
Juden sind, setzte er sich
hin und schrieb die be-
kannten Bücher.

Aber er hat nicht nur
sein Brot, sondern auch
seine Meinung ge-
funden. In Deutsch-
land liegt halt alles auf
der Straße.

Selbst Lerr Doktor
Dinter hat dort ge-
funden, was er brauchte.
 
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