kamen nun auf einmal den Trieb, es ihnen
gleichzutun, benähten ihre Ballkleider mit
Stoffveilchen und jugendlichen Kinkerlitzchen,
liefen den ganzen Vormittag mit Lockenwickeln
im dünnen Laar herum und veranlaßten ihre
Ehegatten zu ironischen Bemerkungen. — —
Selbst ältere und alte Damen versuchten
in wenigstens für Lerren fast unbegreiflicher
Verkennung ihres zum Teil schon sehr fort-
geschrittenen Aeußern, durch Lalsrüschen,
falsche Zöpfe, Schnüren einerseits, Watteaus-
polsterungen anderseits, durch Puder und
Schminke sich den Anschein von sogenannten
reifen Schönheiten zu geben. —
Die Lerrenwelt hatte nicht weniger Auf-
regungen, wenn sie auch, wie das jo in ihrer
Art liegt, anderer Natur waren. Es gab
ungeheuer viel zu erledigen und zu besorgen.
Die allgemeinen Ehrenzeichen. Roter Adler
4. Klaffe und Kciegsverdienstkreuze mußten
blankgeputzt und auf die Gehröcke genäht
werden, der erste Vorsitzende mußte unbe-
dingt etwas Nettes Lerrn Baron von Klingel-
pütz zur Begrüßung sagen, dem Doppelquar-
tett „Edelweiß" mußte telephoniert werden,
daß eine stärkere Betonung der pairiotischen
Seite bei den Darbietungen notwendig ge-
worden sei, es mußte unter allen Umständen
vermieden werden, daß der hochgeborene Gast
am Festabend in die peinliche Lage geriet,
diesem LerrnKrause, den man in seiner Eigen-
schaft als Stadtverordneter bei den Einla-
dungen nicht hatte umgehen können, einige ver-
bindliche Wortesagen, vielleicht sogar die Land
drücken zu muffen; man mußte es einrichren,
daß der Lerr Baron beim Tanzturnier sich
selbst den ersten Preis geben mußte, man
mußte dafür die beste Tänzerin aussuchen--
eine Aufgabe, die keiner der Lerren über-
nehmen wollte —, man mußte-man
wußte schon bald gar nicht mehr, was man
alles mußte. —
Die Dienstmädchen waren vom frühen
Morgen bis zum späten Abend unterwegs.
Da war den Schneiderinnen, Putzmacherinnen
und Schustern, den Büglerinnen und Fri-
seuren etwas zu bestellen, da waren Bändchen,
aufgebügelte Kleider, Zylinderhüte, wohl-
riechende Seife und tausend andere Sachen
zu besorgen, und da waren vor allen Dingen
Neuigkeiten einzuholen und pikante und bos-
hafte Geschichten über die Lerrschaft auszu-
tauschen. —
Selbst Karo, Pollux, Möppi, Lulu, Senta
oder wie er oder sie gerade hieß, lief den
aufgeregten Damen oder dem nervösen Laus-
Herrn in den Weg und bekam mit manchen
schmei zhaften und wohlgezielten Tritten seinen
oder ihren Anteil an der allgemein herrschen-
den Aufregung.-—
Siebentes Kapitel
Festvorbereitungen
Eswurde fieberhaft gearbeitet inMismahls
oberen Sälen. — Eigentlich war Mismahl
kein Lokal, in dem die beffere Bürgerschaft
sonst verkehrte und man hätte, schon weil
Mismahl seine Säle selbst — — oder viel-
leicht sogar mit Vorliebe (obwohl man ihm
das nicht beweisen konnte)-für sozial-
demokratische Versammlungen hergab, gern
das Stiftungsfest an einer weniger entweihten
Stelle gefeiert, wenn es andere Säle in Pief-
kcshausen gegeben hätte. —
Lerr Meinecke führte hier Regie und kom-
mandierte als unbestrittener Kenner in Kunst-
und Ausstattungsdingen. Als Inhaber eines
gutgehenden Farbwarengeschäfts lagen seine
Beziehungen zur Kunst — — vorzugsweise
zur Malerei-ja ohne weiteres auf der
Land, und er hatte sie auch hier wieder durch
seine Idee „Blick auf Neapel" in unleugbar
genialer Weise aufs neue dokumentiert. Bei-
nahe vierzehn Taae lang hatte er auf seinem
Dachboden und auf aneinandergenähte Pack-
papierbahnen diesen Blick auf Neapel gemalt,
und man mußte neidlos anerkennen, daß die
Vergrößerung nach einer sogar nicht einmal
besonders guten Ansichtskarte ausgezeichnet
gelungen war.
Fortsetzung folgt.
diesen Feldstecher
'pp Gläser undFfu/ ‘
oder, d/eses Opernglas
mif Theaferbeufe!
oder diese MiprosPopischen Unfern
ysuchunffsg!dser p? Hessing Gehaus*
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Nur infolge unserer Einführungs-Rek.lame-Tagel
. Gültigkeit des Inserates bis 15. 3. 1925.
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Schweizer Patent Nr 950 72. D. R. P. a.
Zu dem Reklamepreis von nur 2.—, Ladenpreis 2.50
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Eine Erfindung, welche in keinem Betriebe, keiner Werkstatt, keinem Haushalte
fehlen darf. Jedermann muß dieselbe unbedingt besitzen, da jeder Laie, ja, jedes
Kind, sofort durchgebrannte oder defekte Töpfe, Firner, Gießkannen, Milchkrüge,
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200—3000 R.-M., je nach Größe des Bezirks. Nur ernsthafte Bewerb, finden Berücksichtg.
97
Rätsel
Versteck-Rätsel
Indien — Bekleidung—Apfelsine — Bandit
Lebel —Schaeren — Gangtiefe — Manual —
Gradierwerk - Allegro — Esten — Griechenland
Interesse— Amtmann—Rheinlachs — Loyen-
staufen.
Jedem dieser Wörter sind 3 aufeinander-
folgende Buchstaben, dem letzten Wort 4
Buchstaben zu entnehmen, die, aneinander-
gereiht, ein Sprichwort ergeben.
Bei Raffkes
Es liebt die 1. 3 die 2, 4
und richtet sich genau nach ihr.
Als sie das Ganze jüngst entdeckt,
rief sie empört: warum nicht Sekt?
Erfahrungsgemäß
1 ist mehr als Tapferkeit,
2, 3 auch ein Ueberwinder.
1, 2, 3 führt oft zu Streit,
nicht nur im Reich der Kinder.
Lösungen der Rätsel
aus voriger Nummer
Silbenrätsel: 1. Wotan. 2. Ouvertüre.
3. Rentbrandt. 4. Opal. 5. Limalaja.
6. Elefant. 7. Kaukasus. 8. Rhapsode.
9. Aschaffenburg. 10. England. 11. Fenchel.
12. Tolstoi. 13. Eigenlob. 14. Shakespeare.
15. Insterburg. 16. Naphthalin. 17. Na-
gasaki. 18 Liturgie. 19 Obernigk. 20. Schar-
lach. 21. Willi. 22. Arkansas 23. Leuthen.
24. Terpentin. 25. Eva. 26. Nepomuk.
27. Diana. — „Wo rohe Kraefte sinn-
los walten, da kann sich kein Gebild'
gestalten!" Frdr. v. Schiller (in: Die Glocke.)
gleichzutun, benähten ihre Ballkleider mit
Stoffveilchen und jugendlichen Kinkerlitzchen,
liefen den ganzen Vormittag mit Lockenwickeln
im dünnen Laar herum und veranlaßten ihre
Ehegatten zu ironischen Bemerkungen. — —
Selbst ältere und alte Damen versuchten
in wenigstens für Lerren fast unbegreiflicher
Verkennung ihres zum Teil schon sehr fort-
geschrittenen Aeußern, durch Lalsrüschen,
falsche Zöpfe, Schnüren einerseits, Watteaus-
polsterungen anderseits, durch Puder und
Schminke sich den Anschein von sogenannten
reifen Schönheiten zu geben. —
Die Lerrenwelt hatte nicht weniger Auf-
regungen, wenn sie auch, wie das jo in ihrer
Art liegt, anderer Natur waren. Es gab
ungeheuer viel zu erledigen und zu besorgen.
Die allgemeinen Ehrenzeichen. Roter Adler
4. Klaffe und Kciegsverdienstkreuze mußten
blankgeputzt und auf die Gehröcke genäht
werden, der erste Vorsitzende mußte unbe-
dingt etwas Nettes Lerrn Baron von Klingel-
pütz zur Begrüßung sagen, dem Doppelquar-
tett „Edelweiß" mußte telephoniert werden,
daß eine stärkere Betonung der pairiotischen
Seite bei den Darbietungen notwendig ge-
worden sei, es mußte unter allen Umständen
vermieden werden, daß der hochgeborene Gast
am Festabend in die peinliche Lage geriet,
diesem LerrnKrause, den man in seiner Eigen-
schaft als Stadtverordneter bei den Einla-
dungen nicht hatte umgehen können, einige ver-
bindliche Wortesagen, vielleicht sogar die Land
drücken zu muffen; man mußte es einrichren,
daß der Lerr Baron beim Tanzturnier sich
selbst den ersten Preis geben mußte, man
mußte dafür die beste Tänzerin aussuchen--
eine Aufgabe, die keiner der Lerren über-
nehmen wollte —, man mußte-man
wußte schon bald gar nicht mehr, was man
alles mußte. —
Die Dienstmädchen waren vom frühen
Morgen bis zum späten Abend unterwegs.
Da war den Schneiderinnen, Putzmacherinnen
und Schustern, den Büglerinnen und Fri-
seuren etwas zu bestellen, da waren Bändchen,
aufgebügelte Kleider, Zylinderhüte, wohl-
riechende Seife und tausend andere Sachen
zu besorgen, und da waren vor allen Dingen
Neuigkeiten einzuholen und pikante und bos-
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tauschen. —
Selbst Karo, Pollux, Möppi, Lulu, Senta
oder wie er oder sie gerade hieß, lief den
aufgeregten Damen oder dem nervösen Laus-
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kein Lokal, in dem die beffere Bürgerschaft
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Mismahl seine Säle selbst — — oder viel-
leicht sogar mit Vorliebe (obwohl man ihm
das nicht beweisen konnte)-für sozial-
demokratische Versammlungen hergab, gern
das Stiftungsfest an einer weniger entweihten
Stelle gefeiert, wenn es andere Säle in Pief-
kcshausen gegeben hätte. —
Lerr Meinecke führte hier Regie und kom-
mandierte als unbestrittener Kenner in Kunst-
und Ausstattungsdingen. Als Inhaber eines
gutgehenden Farbwarengeschäfts lagen seine
Beziehungen zur Kunst — — vorzugsweise
zur Malerei-ja ohne weiteres auf der
Land, und er hatte sie auch hier wieder durch
seine Idee „Blick auf Neapel" in unleugbar
genialer Weise aufs neue dokumentiert. Bei-
nahe vierzehn Taae lang hatte er auf seinem
Dachboden und auf aneinandergenähte Pack-
papierbahnen diesen Blick auf Neapel gemalt,
und man mußte neidlos anerkennen, daß die
Vergrößerung nach einer sogar nicht einmal
besonders guten Ansichtskarte ausgezeichnet
gelungen war.
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Zu dem Reklamepreis von nur 2.—, Ladenpreis 2.50
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97
Rätsel
Versteck-Rätsel
Indien — Bekleidung—Apfelsine — Bandit
Lebel —Schaeren — Gangtiefe — Manual —
Gradierwerk - Allegro — Esten — Griechenland
Interesse— Amtmann—Rheinlachs — Loyen-
staufen.
Jedem dieser Wörter sind 3 aufeinander-
folgende Buchstaben, dem letzten Wort 4
Buchstaben zu entnehmen, die, aneinander-
gereiht, ein Sprichwort ergeben.
Bei Raffkes
Es liebt die 1. 3 die 2, 4
und richtet sich genau nach ihr.
Als sie das Ganze jüngst entdeckt,
rief sie empört: warum nicht Sekt?
Erfahrungsgemäß
1 ist mehr als Tapferkeit,
2, 3 auch ein Ueberwinder.
1, 2, 3 führt oft zu Streit,
nicht nur im Reich der Kinder.
Lösungen der Rätsel
aus voriger Nummer
Silbenrätsel: 1. Wotan. 2. Ouvertüre.
3. Rentbrandt. 4. Opal. 5. Limalaja.
6. Elefant. 7. Kaukasus. 8. Rhapsode.
9. Aschaffenburg. 10. England. 11. Fenchel.
12. Tolstoi. 13. Eigenlob. 14. Shakespeare.
15. Insterburg. 16. Naphthalin. 17. Na-
gasaki. 18 Liturgie. 19 Obernigk. 20. Schar-
lach. 21. Willi. 22. Arkansas 23. Leuthen.
24. Terpentin. 25. Eva. 26. Nepomuk.
27. Diana. — „Wo rohe Kraefte sinn-
los walten, da kann sich kein Gebild'
gestalten!" Frdr. v. Schiller (in: Die Glocke.)