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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 2.1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.8804#0106
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den iärzkAipfern

Könige schwuren im Drangsal der Zeit,
Könige brachen den heiligen Eid.
„Freiheit undRecht ? Demagogengewäsch,
Staatsgefährliches Phrasengedresch!

In die Kasematten zur Stunde
Alle die großdeutschen Lumpenhunde.
Schleppt sie in Fesseln vors Kriegsgericht! ‘
Brüder, Schwestern, vergebt es nicht!

Mütter, Bräute harrten in Bangen,
Deutschlands Jugend, sie saß gefangen,
Weil sie auf heißem Herzen trug
Das heilige schwarzrotgoldene Tuch.
Deutschlands Jugend kämpfte und stritt,
Deutschlands Jugend darbte und litt.
Dunkel drückte dumpf und dicht.
Brüder, Schwestern, vergebt es nicht!

Achtundvierzig, geweihtes Jahr,

Das die Wiege der Freiheit war.

O ihr Tage voll Lust und Schmerz,
Großer, ewiger, herrlicher März.

Damals ward das Banner entrollt,
Schwarzrotgold, schwarzrotgold.

Fürsten beugten ihr schuldiges Haupt
Vor dem Zeichen, das lorbeerumlaubt.
Fürsten schwuren und brachen aufs neue
Vielfachen Eid wider Glauben und Treue.
„Feuer!“ rief der General.

Kämpfer sanken in Todesqual.

Republik das eine Gebet,

Republik in Träumen erfleht,

Republik die Fäuste geballt,

Republik gegen Fürstengewalt,

Republik des Herzens Drang,

Republik der Seelen Klang,

Republik der heilige Eid
Gestern, heute, alle Zeit.

Viel andre noch wurden gestraft und
gebannt

Für ein einiges, freies Vaterland;
Starben den Tod im Straßengefecht
Für gutes Recht, für wahres Recht,
Helden des Volkes, bieder und schlicht.
Brüder, Schwestern, vergebt sie nicht!

Doch das Banner schwarzrotgold,

Heute ward es auf ewig entrollt.

Auf schwarze Nacht und rotes Blut
Folgte der Freiheit goldene Glut.

Ernten durften wir, was sie gesät,
Kronen sind wie die Spreu verweht.
Heimat, Volk und Vaterland,

Deine Jugend hebt die Hand,

Hebt sie zum Eide empor und spricht.
Kämpfer von einst, wir vergessen euch

nicht! Henning Duderstadt.

Nedaktionssi tzung
im „Täglichen Äurra"

Die Presse ist natürlich ein Kulturfaktor.
Aber immerhin nur ein Teil. Z. B. der
gegenwärtig besagte. Der Redaktionsstab des
Blattes für den kaufkräftigen Mittelstand ist in
voller Tätigkeit. DieAtmosphäre ist mitIdeen
geschwängert und atmet sich ein wie Grießbrei.
Der erste, zweite und dritte Redakteur melken
restlos die vaterländischen Belange.

Erster R.: Vaterländische Pflicht erheischt
einen neuen Skandal. Andernfalls bedrohen
uns unsere gütigen Geber mit Kürzung der
Revenuen. Wir brauchen eine Redaktions-
tat: Das hat die Welt noch nicht gesehn.

Zweiter R : Aberda
habe ich eine ganz per-
verseIdee: Wir erzählen
einfach mal' neSache.wie
sie wirklich gewesen ist

Erster R.: Pfui, pfui!

Nicht unanständig wer-
den!

Dritter R.: Na, ich
danke sehr, der Konzern
würde uns schön das
Rückgrat massieren!

Zweiter R.: Liber bitte,
bitte! Soll er tun, wenn
erkann. Wo nichts ist —

(Telephon klingelt).

Erster R.: Lalloh?

Politisches Gespräch? —

Das Mitglied der fran-
zösischenBotschaftT. hat
sich die große Zehe ver-
staucht? Sehr wichtig!

Welche denn? Natürlich
immer die linke. Schön,
notiere! Schluß! —

Zweiter N.tWiewärs
denn mit einer großzü-
gigen Rundfrage: „Wie
denken unsere Leser über
den Königs. Unteroffi-
zier a. D. Ludicke als
Reichspräsidenten?"

Erster R. (sehr erregt):

Aber sonst geht's Ihnen

gut, wie? Soll die nationale Politik in die
Bickbeeren gehn, wenn wir unsereLescr zum
Denken anrcgen? Äerr, Sie werden zusehends
alt. Lassen Sie sich Affendrüsen einsetzen!

Zweiter R.: Aber was tu ich schon mit
Ihren Drüsen!

Dritter R. (ernst und bewegt): Aber bitte
rühren Sie doch nicht an diese Binsenweis-
heiten. Zanken Sie sich nicht! Unter uns
Kulturträgern — der deutsche Idealismus —
(Telephon klingelt).

ErsterR.: Äallo, bitte? Ein hoher Reichs-
beamter — — hat in der Friedrichstraße
einem Schupo eine Zigarre gegeben? Sehr
durchsichtig. Danke! Schluß! — Das Bild
rundet sich!! —

Dritter R.: Könnten wir nicht eine Artikel-
serie erscheinen lassen unter dem Titel „Wie
revidiere ich den Versailler Vertrag?" mit
Anleitungen für den Laus- und Geschäfts-
gebrauch ? Der Kleine Bismarck in der
Westentasche für jedermann. —

Erster R.: Bei Friggas Büstenhalter! Das
ist eine glänzende Idee!

Zweiter R.: Geht nicht! Aber liebe Lerren,
das geht doch nicht! Damit verschwenden
wir ja aus ein Dutzend Jahrgänge hinaus das
Kulissenmaterial für unsere Innenpolitik!

Dritter R. (hält die Land ans Ohr): Ich
versteh' immer Innenpolitik!

Erster R.: Alsdann sind Sie der einzige
bei uns, der sie versteht! (Alle drei lachen
herzlich. Dritter prote-
stiert energisch. Kognak.
Telephon.)

Erster R.: Lalloh!
Wie? In der Friedrich-
straße ist ein Nackttanz-
lokal aufgehoben wor-
den? Ja. Skandal diese
Kneipen! . . . Ja, Re-
publik lieber Mann ...
Danke. Schluß! (hängt
an). — Mein Gott und
gestern hat die Kitty
noch da getanzt! — (Te-
lephon läutet abermals)
Wie? Bei Margraf
hat gestern ein Lerr ein
Perlenkollier gekauft?
Der sah aus wie Ebert?
Aha! Laben Sie herz-
lichen Dank! Ja, nun
inuß es wieder aufwärts
gehen mit Deutschland!
Schluß! — Sie sehen,
der Limmel verläßt uns
nicht. —

Dritter R.: Es ist
schauderhaft, wenn man
so blödsinnigeLeser hat.

Zweiter R.: Bringen
wir mal etwas für die
deutsche Gemütstiefe —
Sonntagnachmittag bei
Kronprinzens —

Wenn sie heute lebten...

Der Sängerkrieg auf der Wartburg wird als Boxkampf ausgetragen.

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